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Mord zur Bescherung

Mord zur Bescherung

Titel: Mord zur Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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herauszufinden, was sie dachte. Doherty gestattete sie das gern, aber diesem Mann auf gar keinen Fall.
    »Es macht Ihnen doch nichts aus, dass ich mit Ihrer Tochter durch die Stadt ziehe, oder?«
    Richtig geraten! Konnte man ihr das wirklich von der Nasenspitze ablesen?
    »Natürlich nicht. Sie ist alt genug, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.«
    Sie gratulierte sich, dass ihre Stimme so unglaublich aufrichtig geklungen hatte. Aber innen drin kochte sie vor Wut.
    »Wir müssen uns mal zusammensetzen und über den guten alten Carl reden«, sagte er noch in seinem trägen Tonfall.
    »Ja, das müssen wir unbedingt machen.«
    Das konnte der doch nicht ernst meinen? Hatte er nicht begriffen, dass Carl und sie sich nicht gerade als beste Freunde getrennt hatten?
    Honey beobachtete ihn wieder unauffällig. Selbst wenn Jake Truebody ein Priester und dem Zölibat verpflichtet gewesen wäre, sie hätte ihm nicht getraut. Keiner, der Carl gekannt hatte, war vertrauenswürdig.
    Eine Frage, die sie sich schon gestellt hatte, als sie seinen Brief gelesen hatte, ging ihr nun im Kopf herum. Was hast du hier vor, Professor Truebody? Warum tauchst du ausgerechnet jetzt hier auf, behauptest, meinen Mann gekannt zu haben, und versuchst, mit meiner Tochter anzubändeln?
    Sie beobachtete ihn verstohlen, wie er da stand, eins achtzig groß, und sich einen dicken Wollschal um den Hals wickelte. Nachdem er sich den Hut fester auf den Kopf gedrückt hatte, setzte er noch eine dunkle Brille auf. Die Frage lag ihr auf der Zunge, warum er das tat. Der Himmel war bleigrau, kein noch so kleines bisschen Blau, kein weißes Wölkchen waren zu sehen.
    »Adios«, sagte er und hob eine behandschuhte Hand.
    »Einen schönen Tag noch.« Den wünschte sie ihm natürlicheigentlich nicht. Höchstens, wenn er ihn weit von ihrem Hotel und ihrer Tochter verbrachte.
    »Der Mann da ist sehr orange«, sagte Anna. Ihr Bauch war lange vor ihr um die Ecke gebogen, als sie aus dem Aufenthaltsraum für Gäste kam. Sie schwang in einer Hand einen Staubwedel und rieb sich mit der anderen den Rücken.
    Honey stimmte ihr zu. »Er sieht wirklich aus wie eine gelbe Ampel.«
    »Ich glaube nicht, dass es ihm hier gefällt.«
    »Mir gefällt es auch nicht, dass er hier ist, und außerdem ist es mir schnurzpiepegal, ob es ihm hier gefällt oder nicht. Er kann jederzeit abreisen.«
    Normalerweise nahm es Honey beinahe persönlich, wenn jemand sagte, dass es ihm im Green River Hotel nicht gefiel. Manche Gäste mochten das traditionelle Dekor sehr, die gemütlichen Sofas in der Bar, die Betten mit Baldachin, die Himmelbetten und die eleganten Stuckverzierungen knapp unter der Zimmerdecke, die Kronleuchter, die Zierleisten, die Holzklappläden aus dem 18. Jahrhundert und die Brokatvorhänge an den Fenstern.
    Beschwerden wurden gewöhnlich mit ruhiger Freundlichkeit entgegengenommen. Honey versuchte dann, die aufgebrachten Gäste mit einer Flasche Wein auf Kosten des Hauses oder mit Eintrittskarten für eine Vorstellung im Theatre Royal zu besänftigen. Die konnte man manchmal zu sehr günstigen Preisen kaufen, sogar hin und wieder ganz umsonst bekommen, wenn gerade einmal einer der Stars oder jemand vom Bühnenteam im Hotel wohnte und Freikarten austeilte.
    Ab und zu gab es auch Leute, die sich nur beschwerten, um weniger – oder am liebsten gar nichts – bezahlen zu müssen. Die gehörten einfach dazu, waren eines der Risiken in dieser Branche.
    Anna schüttelte den Kopf. »Nein, Mrs. Driver. Das meine ich nicht. Er mag die Polizei nicht, habe ich mir gedacht. Aber dann habe ich mir gedacht, es ist nicht die Polizei, die er nicht mag. Sie sind es.«
    »Ich?«
    »Ja, Sie, Mrs. Driver. Sie kommen rein. Er geht raus. Er ist nach dem Frühstück auf sein Zimmer gegangen, als er gesehen hat, dass die Polizei reinkam, aber Sie sind gleichzeitig reingekommen. Jetzt hat er das Hotel verlassen. Er geht, wenn Sie kommen.«
    »Bist du dir da sicher?«
    »Es war sonst niemand da, der ihn erschrecken konnte. Nur die Leute, die dageblieben sind, und die Polizei, aber er versucht, Ihnen aus dem Weg zu gehen, glaube ich.«
    Die Leute, die dageblieben sind – damit meinte sie die Angestellten von Mallory and Scrimshaw. Truebody konnte von denen eigentlich nichts wissen. Anna mochte recht haben, der Professor wich ihr aus. Nun, sie hatte ja kein Geheimnis daraus gemacht, dass sie es nicht als ungeheuren Verlust empfunden hatte, dass Carl im Atlantik ertrunken war. Ganz sicher hatte sie den

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