Mord zur Bescherung
mein Instinkt sagt mir, dass er vielleicht ein böser Geist ist.«
Das Foto war verschwommen, das Bild wenig aussagekräftig. Möglicherweise war es der Jake Truebody, der bei ihnen abgestiegen war, vielleicht aber auch nicht. Es war schwer zu sagen. Sie erinnerte sich daran, dass sie seinen Reisepass überprüft hatte. Es hatte alles gestimmt.
Sie las weiter und fand Einzelheiten zu seinem mutmaßlichen Tod, vielmehr seinem Verschwinden. Seine Schwester hatte die Details ins Internet gestellt. Lindsey notierte sich ihren Namen und die E-Mail-Adresse, an die man alle Informationen über seinen Aufenthaltsort schicken sollte. Mrs. Darleene van der Velt, die Schwester, bat alle, die ihn vielleicht in letzter Zeit gesehen hatten und etwas über seinenAufenthaltsort wussten, dringend, sich mit ihr in Verbindung zu setzen. Man hatte seine Leiche nie entdeckt, aber sein Auto und seine Kleidung am Meeresufer gefunden.
»Die Familie möchte diese Angelegenheit für sich abschließen können«, stand in dem traurigen Text.
Lindsey hatte einen ganz trockenen Mund bekommen, und es kribbelte sie vor Aufregung überall. Sie holte tief Luft und tippte eine E-Mail.
»Darf ich Ihnen ein Foto eines Mannes schicken, der behauptet, Professor Jake Truebody zu sein? Ich muss wissen, wer er ist. Ich muss betonen, dass es sehr dringend ist. Bitte antworten Sie so schnell wie möglich.«
Sie klickte auf Senden. Der Bildschirm blinkte blau. Nachricht übermittelt.
»Das hier ist mein Fall«, sagte sie trotzig. »Ich bin diejenige, die in den Kaninchenbau gefallen ist und das alles herausgefunden hat. Deswegen muss ich es auch erst einmal allein versuchen.« Sie hielt inne, reckte die Arme in die Höhe und legte sich dann die Hände auf den Kopf.
»Kann ich das schaffen?« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Ihre Augen waren auf den Bildschirm geheftet. Eine Nachricht erschien in ihrem Posteingang. »Nachricht gelesen.«
Das Herz klopfte ihr wie wild in der Brust. Jetzt hing alles von Darleene van der Velt ab. Wie lange würde es dauern, bis sie antwortete?
Diese Frage wurde ihr rasch beantwortet. Eine E-Mail war angekommen.
»Bitte machen Sie das. Ich freue mich darauf.«
Jetzt musste Lindsey nur noch ein anständiges Foto von dem Mann machen und dorthin schicken. Entweder musste sie seinen Pass in die Finger kriegen und das Bild einscannen, oder sie musste ihn selbst fotografieren. Letzteres würdewohl am wenigsten sein Misstrauen erregen. Konnte sie es schaffen? Konnte sie ganz allein herausfinden, wer der Mann wirklich war?
Sie redete sich ein, dass ihr das bestimmt gelingen würde. »Alles wird gut.«
Dann holte sie tief Luft, setzte sich, die Hände immer noch auf dem Kopf verschränkt, im Stuhl zurück, schloss die Augen und begann zu planen. Das würde ein Riesenspaß werden, überlegte sie. Erst das Foto, und gleichzeitig musste sie sich an den Mann ranmachen, ihm Fragen stellen, die eher nach Interesse als nach Nachforschungen klangen.
»Das kann ich«, sagte sie laut vor sich hin. »Ich kann das sehr gut. Honey Driver ist in diesem Haus nicht die einzige erfolgreiche Detektivin. Ich will rauskriegen, wer du wirklich bist, Professor Jake Truebody. Und ich kriege das raus. Darauf kannst du wetten!«
Lindsey war in Gedanken noch mit dieser selbstgestellten Aufgabe beschäftigt, als sie die Laken, Bettbezüge, Tischtücher und Kissenbezüge zählte, ehe sie sie in die grünen Segeltuchtaschen stopfte, die später vom Wäscheservice abgeholt würden. Normalerweise konzentrierte sie sich stets ganz auf jede Arbeit, doch heute war das anders. Ihr Hirn machte Überstunden, und sie hatte ein aufgeregtes Kribbeln im Magen.
Professor Jake Truebody war nicht Professor Jake Truebody. Das wollte sie lieber erst einmal für sich behalten.
Nach dem Wäschezählen ging sie ins Büro ihrer Mutter und legte ihr die ausgefüllten Formulare, die für das Abholen der Schmutzwäsche benötigt wurden, auf den Schreibtisch.
»Alles fertig.«
»Vielen Dank.«
»Ich bin dann mal weg.«
Ihre Mutter schaute hoch. »Ich weiß. Der Professor hat gesagt, er würde dich wie verabredet treffen.«
»Stimmt.«
»Der scheint ja ganz begeistert von dir zu sein.«
Lindsey konnte die Vorsicht in der Stimme ihrer Mutter hören. Sie warf ihr Haar aus dem Gesicht, blieb völlig neutral und tat so, als müsste sie auf der Wäscheliste noch etwas ändern.
»Hm.«
Sie wartete auf die Eine-Million-Dollar-Frage, die ihrer Mutter sicher auf der
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