Mord zur besten Sendezeit
denn vor, Mutter?«
»Eine Fußbadewanne. Die Sorte, die vibriert und den Kreislauf anregt.«
»Eine Fußbadewanne, was für eine großartige Idee.«
Honey nickte ihrer Tochter zu. Die schlug den Kopf nicht mehr an die Wand und kicherte. Sie signalisierte mit dem Daumen »okay« und setzte sich an den Computer.
»Die Hochzeit ist um elf. Daran kannst du dich doch noch erinnern, oder?«
»Natürlich.« Es war ihr entfallen, aber sie befolgte den altbewährten Rat: Im Zweifelsfall einfach lügen! Oder wild raten.
»Diesen Samstag um elf in der Countess of Huntingdon’s Chapel.« Gut geraten, aber nicht ganz richtig.
»Nein. Diesen Donnerstag. Und zieh dich bitte angemessen an.«
»Was wäre denn nicht angemessen?«
»Weiß. Die Braut trägt Weiß, also darf niemand sonst Weiß tragen.«
»Genau wie Miss Faversham«, murmelte Honey.
»Ich kenne keine Miss Faversham. Ist sie im Conservative Club? War ich auf ihrer Hochzeit?«
Honey beantwortete beide Fragen mit nein. Offensichtlich war der Dickens-Roman »Große Erwartungen« für Gloria Cross ein Buch mit sieben Siegeln.
Sobald der Anruf zu Ende war, lehnte Honey ihren Kopf mit geschlossenen Augen an die Wand. »Gruftis in Weiß. Sie wird aussehen, als trüge sie ihr Totenhemd.«
»Eigentlich ganz praktisch, falls die Braut am Altar tot umfällt«, meinte Lindsey. Als sie den Gesichtsausdruck ihrer Mutter wahrnahm, entschuldigte sie sich sofort.
»Tut mir leid, das hätte ich nicht sagen sollen.«
Honey antwortete nicht. Das Bild der Leiche war ihr wieder vor Augen getreten. Ihre Gedanken wanderten zu der sehr toten Arabella Neville und den Hochglanzbildern in Hello!. Sie hatte als Braut auch ein weißes Kleid getragen, allerdings hattesie kein einziges Fältchen im Gesicht gehabt. Hatte man sie aus Rache getötet, weil sie eine Familie auseinandergebracht hatte? Oder war das Motiv ein völlig anderes?
Lindsey hätte zu gern gewusst, was ihrer Mutter durch den Kopf ging. »Du siehst ziemlich grimmig aus«, meinte sie.
»Das hat mir gerade noch gefehlt, dass ich auf eine Hochzeit muss, besonders auf eine Hochzeit, wo ich weder Braut noch Bräutigam kenne und einer von beiden höchstwahrscheinlich das Zeitliche segnet, ehe sie überhaupt zur Hochzeitsreise aufbrechen.«
»Nun, eine lange und glückliche Ehe kannst du ihnen sicherlich nicht wünschen – das heißt, du kannst es natürlich tun, aber passen würde es nicht.«
Honey seufzte, und die Schultern taten ihr weh, so schwer lastete das alles auf ihr. »Ich habe soeben an Arabella Rolfe, geborene Neville, gedacht. Die hat auch in Weiß geheiratet. Ich wette, sie hat einen Haufen Luxusgeschenke zur Hochzeit bekommen.«
»Aber nicht das ultimative Geschenk. Ich wette, sie hat keine Fußbadewanne bekommen – beziehungsweise zwei Fußbadewannen – rosa für sie und hellblau für ihn.«
Als später am Abend die Speisegäste endlich mit dem Essen fertig waren und Mary Jane dem letzten Ratsuchenden aus der Hand gelesen hatte und zu Bett gegangen war, rief Honey bei Doherty an. Sie erkundigte sich nach dem vorläufigen Ergebnis der Autopsie.
»Arabella Rolfe wurde mit einem rosa Stoffstreifen erdrosselt, ehe man sie in den Kamin gesteckt hat«, antwortete Doherty. »Die meisten Schürfwunden und Blutergüsse kommen daher, dass sie hinter die alte Steinmauer gequetscht wurde. Die Male am Hals passen perfekt zum Tod durch Strangulieren. Sie hatte sich außerdem schwer in Schale geworfen und trug sexy Dessous. Ich dachte, das erwähne ich mal so nebenbei.«
»Sie war also nicht unbedingt für diesen Anlass angezogen.«
»Kannst du das etwas näher erläutern?«, bat Doherty sie.
»Nun, sie war wunderschön angezogen. Ich wünschte, ich könnte mir ihren Stil leisten. Es scheint mir nur seltsam, dass sie sich so aufgedonnert hat, wenn sie wusste, dass sie in dieses verdreckte alte Außengebäude von Cobden Manor gehen würde. Ich glaube, sie hat sich mit jemandem getroffen. Mit einem ganz besonderen Jemand.«
Doherty stimmte ihr zu. »Frauen ziehen sich gern für einen Anlass an. Wollen durch ihre Kleidung Eindruck schinden. Wir haben nachverfolgt, wo sie sich vor dem Mord aufhielt. Sie war bei einer Probe für ein Fernsehprogramm, bekam dort einen Wutanfall und ist aus dem Studio gestürzt. Niemand ist ganz sicher, warum. Allerdings hat sie jemanden beschuldigt, ihre Handtasche gestohlen zu haben.«
»Habt ihr eine Tasche bei ihr gefunden?«
»Eine kleine mit Geld und Kreditkarten.«
»Kein
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