Mord zur besten Sendezeit
schlammbeige passte, wenn sie auch vielleicht einmal grün gewesen war. Wie der Mann, der sie trug, war sie in Ehren gealtert.
Der Angler drehte sich um, als Dohertys Schatten auf ihn fiel. Sein Gesicht war zerknittert, ein bisschen wie ein alter Lederfußball, aus dem jemand die Luft herausgequetscht hatte.
»Sie sind wohl der Polizist, der mich anrufen wollte?« Seine Stimme klang, als müsste er sich verteidigen, und der treffendste Ausdruck für seine Miene war wohl säuerlich.
Doherty blieb cool. »Das stimmt. Ich wollte gern mit Ihnen sprechen. Ihre Tochter hat mir Ihre Handynummer gegeben. Ich habe versucht, Sie telefonisch zu erreichen, es hat aber nicht geklappt.«
»Da haben Sie verdammt recht, das ging nicht. Das Ding ist da drin«, sagte er und deutete auf den Fluss. »Da drin bei den gottverdammten Fischen. Und die gehen nicht ran, wenn’s klingelt. Scheiß Mobiltelefone. Ich habe ihr gesagt, dass ich keins will. Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht angerufen werden will. Das wissen Sie wohl, oder? Oder?«
Doherty ließ sich auf einem kantigen Felsbrocken nieder, der aussah, als hätte er irgendwann einmal aufrecht gestanden. »Ich habe mir sagen lassen, dass Sie, nachdem die Immobilienfirma pleitegegangen ist, Adam Rolfe und seine Frau bedroht haben – ganz besonders seine Frau.«
Der Mann drehte sich um und blitzte Doherty an. Er war Mitte fünfzig, und sein faltiges Gesicht hatte sich nun mit einer ungesunden Röte überzogen. Honey nahm an, dass sein Haar unter dem schlammgrünen Hut wohl schon ziemlich schütter war.
»Mr. Albright, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie einiges Geld verloren haben, als die Firma Adam Rolfe and Associates bankrottgegangen ist?«
Ein leises Knurren war von dem Mann zu vernehmen, ehe er deutliche Worte hören ließ.
»Das Unternehmen stand auf soliden Füßen. Kein Zweifel. Es hätte eigentlich nicht pleitegehen können. Ist es aber. Geld, das einmal da war, war plötzlich verschwunden, Gott weiß, wohin. Meines hab ich jedenfalls nicht zurückgekriegt, das ist mal verdammt sicher. Für mich war gerade noch genug für eine anständige Angelrute übrig. So schnell werde ich nicht mehr in eine Firma investieren. Ich habe mich für das einfache Dasein entschieden, Herr Polizist. Genug Geld zum Leben und keine Sorgen. Das ist das Richtige für mich.«
»Wollen Sie nicht herausfinden, wohin das Geld verschwunden ist?«
Evan Albright prustete los. »Da brauche ich nicht lange zu suchen. Die Firma hatte immer haufenweise Geld auf der Bank, bis sie kam – die Fernsehtussi. Er ist voll auf sie reingefallen – und dann hat sie ihn ausgenommen wie eine Weihnachtsgans, den blöden Hund. Erst hat sie sein Privatvermögen durchgebracht, dann das Firmengeld. Das ist meine Theorie, und niemand kann mich vom Gegenteil überzeugen. Niemand!«
Evan Albrights Augen waren stahlhart und wütend. Doherty sollte es ja nicht wagen, was anderes zu behaupten, bloß nicht versuchen, ihn umzustimmen. Die Absicht hatte Doherty jedoch keinesfalls.
»Ich habe mir sagen lassen, dass es noch einige andere Investoren gab. Ich kann mir denken, dass die ebenfalls ziemlich sauer waren, wenn sie auch vielleicht nicht mit Körperverletzung gedroht haben wie Sie«, erwiderte Doherty stattdessen. Er schien zwar die ruhige Wasseroberfläche zu betrachten, aber Honey wusste, dass er nicht nach Fischen Ausschau hielt. Er hörte zu, und er war voll konzentriert.
»Für die anderen kann ich nicht sprechen. Ich bin nur ein ganz gewöhnlicher Mann, der ein bisschen was auf die hohe Kante gelegt hatte. Ich habe weder ein großes Unternehmen noch irgendwelche Beziehungen, auf die ich zurückgreifen kann. Manche von den anderen hatten das. Ich bin einfach ausgerastet. Was ist schon dabei?«
»Arabella Rolfe wurde tot aufgefunden, ermordet, und ihr Ehemann wird vermisst. Wann haben Sie die beiden zuletzt gesehen, Mr. Albright?«
»Ewig her«, blaffte er. Seine Aufmerksamkeit war auf den Schwimmer gerichtet, der gerade unter Wasser verschwunden war. »Und ich bin heilfroh, dass ich sie los bin.«
»Wann genau?«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
Er riss die Angelrute hoch, hob den Fisch aus dem Wasser und zog den Schwimmer vorsichtig in Richtung Ufer.
Doherty packte die Angelrute. Er hielt sie fest und hinderte Albright daran, seinen Fang einzuholen.
»Wann?« Dohertys Stimme klang jetzt sehr grimmig, und wenn Albright auch nur einen Moment daran gedacht hatte, sich zur Wehr zu setzen, belehrte
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