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Mord zur besten Sendezeit

Mord zur besten Sendezeit

Titel: Mord zur besten Sendezeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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blau-graue Dame wurde sichtlich munterer, als ein mittelalterlicher Mann in einem Flanellhemd vorbeimarschierte. Er trug Jeans, die leicht über der Hüfte spannten. Seine Haut war dick und etwas geknittert, hatte aber keine Falten. Er wirkte, als hätte er jede Menge Winter in Vermont gesehen und hätte nix dagegen einzuwenden gehabt, ah-nee. Des weiteren hatte er sicher noch jede Menge Äxte geschwungen, erkennbar an seinen überproportionierten Schultermuskeln. Sein Flanellhemd hatte an den Ellbogen Löcher, und das weiße langärmelige Unterhemd darunter war zu einem schmuddeligen Grau ausgewaschen. Ich sagte: »Hey, Warren.«
    Er war es tatsächlich, der Typ vom Telefon. Er sagte: »Ah-ja?«
    »Sie haben ja gar keine Ahnung, wie sehr Sie auf der Höhe der Mode sind.«
    Er fragte: »Wer sind Sie nochmal?«
    »Wanda Mallory, Privatdetektivin aus New York. Ich habe gestern abend angerufen und nach einer ehemaligen Angestellten dieser Firma gefragt. Sie haben einfach aufgelegt, was mich zutiefst verletzt hat. Ich bin hierhergekommen, um Ihre Bitte um Verzeihung anzunehmen.« Ich machte eine Pause. »Im übrigen habe ich eine Schußwaffe mit.«
    »Das habe ich auch«, sagte er und holte sich ein Gewehr aus dem Ständer hinter dem Tresen der Empfangsdame. Er klatschte den Lauf seiner Rotwildjagdbüchse in die andere Hand. Das Gewehr wog mehr als Mama und hatte ein größeres Kaliber als sie — ungefähr um das Hundertfache. Also versuchte ich es mit anderer Munition. »Ich habe einen Silberball, der an einem langen Stück Lederband festgemacht ist und der mir ein Loch in die Tasche brennt«, sagte ich.
    Er hielt mitten in einem Schlag inne. Er sagte: »Mrs. Ellery, ist diese Frau unhöflich zu Ihnen gewesen? Hat sie Sie in irgendeiner Form unfreundlich behandelt?« Er sagte das in einem Ton, als würde er mich dann dafür erschießen.
    Die alte Dame sagte: »Nein, Warren, du alter Bauerntrampel.«
    Er ließ den Gewehrkolben in seine offene Handfläche klatschen. Er sagte: »Wer auch immer Mrs. Ellery unfreundlich behandelt, ist gebeten, zu verschwinden. Die Tür ist dort drüben.« Er zeigte sie mir mit seinem Gewehr. Nach der Richtung zu urteilen, in die er zeigte, mußte sie sich direkt hinter meinem Kopf befinden.
    Ich sagte: »Ist in Ordnung. Sie brauchen sich auch nicht zu entschuldigen. Ich weiß, daß es Ihnen leid tut.«
    »Genug!« brüllte er. »Du bist eine lügende New Yorker Großstadtschlampe!« Er kam zu mir herüber, packte mich am Ellbogen und führte mich hinaus.
    Auf halbem Wege zu meinem Cordoba riß ich den Arm von ihm frei und sagte: »Langsam, langsam, Herr Bergbewohner. Ich brauche keine Unterstützung, und heute ist auch nicht mein erster Tag auf diesen Beinen.«
    Wir kamen bei meinem Auto an. Er sagte: »Gib mir den Silber-Anhänger.«
    »Verpiß dich«, sagte ich. »Ich laß mir doch von dir nicht sagen, was ich machen soll.« Ich klang genau wie Lola, wenn sie sich frustriert fühlte.
    »Er gehört einem Freund von mir.«
    »Ich bekomme Informationen, du bekommst den Anhänger.«
    Er öffnete mir die Autotür und ging herum zur anderen Seite, wo er sich auf den Beifahrersitz fallen ließ. Er sagte: »Aus dem Parkplatz raus und links auf die New Boston Road.« Ich fragte nicht lange, wohin wir fuhren. Ich hoffte, es würde dort etwas zu essen geben.
    Ich fragte: »Rauchst du?« Er schüttelte den Kopf. »Trinker?« fragte ich. Er sagte nein. »Und ein großer Redner bist du auch nicht gerade.« Diesmal stimmte er mir zu. »Ich vermute, du weißt nicht besonders viel über exotische Arachniden, die in den Regenwäldern Brasiliens beheimatet sind.« Er machte sich diesmal noch nicht einmal die Mühe, den Kopf zu schütteln oder zuzustimmen.
    Die New Boston Road war eine unbefestigte Straße, die von schwarzen Bäumen mit herabhängenden Asten überdeckt war. Wir fuhren langsam die Straße entlang, über Unebenheiten und durch Schlaglöcher, eine halbe Ewigkeit und eine ganze Meile lang. »Links, dann scharf rechts.« Ich tat wie befohlen. Nach fünf Minuten sagte er: »Halt da oben auf dem Hügel an.«
    Ich hielt an. Er stieg aus. Ich folgte ihm. Dann sah ich, daß oben auf dem Hügel eigentlich eine Klippe war. Der Abgrund fiel zehn Meter steil hinab. Die grüne Kette der Berge schnitt durch den Horizont wie eine Schlange. Die Sonne leuchtete hell durch den an sich bedeckten Himmel. Das flache Land des Tales war in Vierecke aufgeteilt, kariert und gestreift mit Mais oder Getreide gemustert,

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