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Mord zur besten Sendezeit

Mord zur besten Sendezeit

Titel: Mord zur besten Sendezeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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setzen. Er kommt noch alle fünf Jahre zurück, zu Klassentreffen und um Ski zu laufen. Meine Mutter, eher ein Schneehäschen, verbringt dann ihre Tage damit, im Chalet Krimis zu lesen. Dabei trinkt sie heißen Kakao und trägt schwere Pelzstiefel. Ich war seit meiner Abschlußfeier vor sieben Jahren kein einziges Mal wieder in Dartmouth gewesen. Nicht, daß ich den Ort aus irgendeinem Grund meiden wollte; ich hatte nur nie einen Grund, dorthin zurückzukehren. Während ich auf der Interstate 95 durch Connecticut nach Norden schrubbte, rechnete ich die Dauer meiner Reise aus. Es dauert von New York aus vier Stunden, um zur Grenze Vermont/New Hampshire zu gelangen. Macht acht Stunden hin und zurück. Damit blieben mir anderthalb Stunden, um an Informationen ranzukommen, und die wurden weniger, wenn ich in einen Stau geriete oder eine Pause machen wollte. Das Auto roch in Ordnung. Ich bewunderte das luxuriöse und reichverzierte Leder seiner Sitze.
    Obwohl ich mich immer am Steuer befinde, ist das nur selten auch wörtlich zu verstehen. Daher fuhr ich zunächst eher langsam. Ich hatte Visionen von mir und Max auf dem Lande, wie wir in roten Jerseypyjamas und tigerkrallenförmigen Pantoffeln zwischen den Kiefern umhersausten. Ich sang die Stücke aus dem Radio mit. Ich dachte über diesen Fall nach und stellte mir Sabrina als eine echte Hexe mit wirklichen Zauberfähigkeiten vor. Ich hatte mir schon so manches Mal gewünscht, ich könnte alle Männer, die mich nicht liebten, mit einem Fluch belegen. Für die hatte ich noch besondere Pläne. Aber würde ich sie unbedingt vor eine einfahrende U-Bahn stoßen? Wohl eher nicht.
    Einige Stunden später verengte sich die Autobahn auf zwei Spuren, und die Hügel wurden langsam hügeliger.
    Die meisten Bäume waren hier oben schon weitestgehend entblättert, nackt wurden sie vom Wind hin- und hergeworfen. Ich hatte eine andere blitzartige Vision: Max und ich, wie wir händchenhaltend über einen gefrorenen Teich eislaufen. Schnee liegt auf den Baumwipfeln, und in seinem kastanienbraunen Haar hängt weißer Frost. Wir kauen Kaugummi. Ich plumpste wieder auf die Erde — meine rasende Gier nach einer Zigarette hatte mich dorthin zurückgeholt. Ich fahre selten, habe aber dabei immer schon wahnsinnig gerne geraucht. Ich fuhr weiter, eigentlich zu schnell. Dafür war ich aber angeschnallt.
    Kurz nach der Grenze zu Vermont, in Brattleboro, fuhr ich auf der Interstate 91 an dem vorbei, was meine Mutter immer die Fabrik für gedeckte Brücken nannte. Eigentlich war es nur eine Menge alter Farmhäuser, die eins ans andere gereiht dort standen. Meine Mutter liebte diese covered bridges. Sie hielt sie für ausgesprochen typisch für Neuengland. Dann kam ich an der Ausfahrt vorbei, die zur University of Vermont führt, wo Sabrina studiert hatte, ehe sie beschloß, lieber berühmt zu werden. Ich war einmal dort gewesen, um an einer Friedensdemo teilzunehmen, mit Lichterkette. Ich fuhr damals zurück nach Dartmouth und fand, daß ich wirklich etwas bewirkt hatte. Zuhause rutschte ich auf der Kotze aus, die irgendein Besoffener als Souvenir auf den Stufen meines Wohnheims hinterlassen hatte. Ich war so wütend, ich hätte ihn umbringen können. Seitdem bin ich zur Überzeugung gekommen, daß Friedensdemos nichts bringen.
    Ich lag gut in der Zeit. Nach knapp mehr als vier Stunden auf der Straße kam ich an dem Bauernhaus vorbei, das gleich vor der Ausfahrt nach Norwich, Vermont steht. Das Haus kam mir irgendwie bekannt vor. Ich mußte es ja auch während meiner Zeit in Dartmouth tausendfach gesehen haben. Dennoch war da ein hartnäckiges Klingeln der Erinnerung in meinem Kopf. Ich schüttelte es ab und fuhr nach Norwich hinein, dessen Bevölkerung sich auf ungefähr zweihundert Lebewesen beläuft — inklusive der Kühe. Ich hielt bei Dan and Witts, dem dortigen Supermarkt. Ich ließ mir den Weg zum Fernsehsender erklären und schaffte es, mittags da anzukommen.
    Ich marschierte hinein und wurde gebeten zu warten. Die alte Dame mit dem gefärbten grau-blauen Haar erzählte mir, was für ein schöner Tag es doch sei. Die Landschaft bezöge sich so sehr schön mit Frost, wenn auch etwas spät in diesem Jahr. Ich kramte meinen schönsten Upper-Valley-Akzent hervor und antwortete ah-ja. Die Gute war allerdings kein dummes Häschen. Sie starrte mich an, als hätte ich versucht, mich über sie lustig zu machen. Womit wohl mein Versuch, mich sprachlich anzupassen, schmählich gescheitert war.
    Die

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