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Mord zur besten Sendezeit

Mord zur besten Sendezeit

Titel: Mord zur besten Sendezeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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als ich die Schwelle überschritt. Eine ihrer Krallen zog sich über meine Hand. Es blutete nicht. Ich trug sie auf meine Couch und setzte mich. Sie fing an, meinen Bauch mit ihren Pfoten zu melken. Es kitzelte und fühlte sich halbwegs erotisch an.
    Ich kannte die Vorwahl von Vermont noch aus den Zeiten, in denen ich ein College-Kid in New Hampshire war. Das Mindestalter, um Alkohol kaufen zu dürfen, war in Vermont niedriger als in New Hampshire, also bin ich bis zu meinem einundzwanzigsten Lebensjahr mit dem Fahrrad über den Connecticut River geradelt, um meinen Tequila im anderen Bundesstaat zu kaufen. Ich versuchte, mich an die Telefonnummer des Getränkemarktes zu erinnern oder gar an die Nummer meines Zimmers im Studentenwohnheim im College, schaffte es aber nicht. Ich rief die Information an und ließ mir die Nummer des einzigen Fernsehsenders in Vermont geben — der WNER in Thetford. Von meiner Lektüre des People Magazine wußte ich, daß dies der Sender war, in dem Sabrina gearbeitet hatte. Der Ort war in der Nähe von Dartmouth. Ich kannte die Gegend gut. Die Nummer wurde angesagt, und ich wählte. Kurzer Uhrencheck: zwanzig nach zehn Uhr abends.
    Das Telefon klingelte elfmal, ehe jemand abhob. Die Stimme sagte »Hallo« in einem verschlafenen Upper-Valley-Tonfall.
    Ich sagte: »Verbinden Sie mich mit wem auch immer, der den Laden betreibt.« Ich machte mir eine geistige Notiz, meine Telefonkosten auch auf die Rechnung zu setzen.
    »Ich verbinde«, sagte sie. Ich wartete.
    »Ja?« bellte die Stimme eines verbitterten Nachrichtenjournalisten.
    »Hier spricht Wanda Mallory von den NBC Nightly News in New York. Tom Brokaw hat mich gebeten, Sie anzurufen. Nur um sicher zu sein, würde ich gerne wissen, ob ich mit dem richtigen Menschen verbunden worden bin.«
    »Warren spricht hi-a.« Er meinte >hier< und kam — mit diesem Akzent — eindeutig aus Vermont. Seine Stimme war gerade weich genug geworden, daß ich weitermachen konnte.
    »Nun, Mr. Warren, Sie sind genau der Mann, mit dem ich sprechen wollte.«
    »Warren heiße ich mit Vornamen, junge Frau.«
    »Selbstverständlich.«
    »Worum geht’s?«
    »Wir möchten hier bei NBC eine Position mit Ihnen besetzen. Soweit ich weiß, dreht es sich um die Stelle des Produktionsleiters.«
    »Kein Interesse«, sagte er und legte auf.
    Ich wählte noch einmal. Diesmal hob Warren gleich selbst ab. Ich sagte: »Okay, ich komme nicht von den NBC News. Ich bin Detective bei der New Yorker Polizei.«
    »Ich würde den Job sowieso nicht wollen, selbst wenn Sie von der NBC wären. Nichts würde mich dazu bewegen können, in dieses verrottete stinkende Loch zu ziehen, daß ihr eine Stadt nennt. Ein Tag dort ist so, als hätte man ihn in jenem Teil der Eingeweide verbracht, der rohes Fleisch verdaut.«
    »Vielen Dank, daß ich an Ihrer Ansicht teilhaben durfte«, sagte ich und fühlte mich erneut an meinen Vorsatz erinnert, weniger Schweinefleisch zu essen. »Ich brauche Informationen über Sabrina Delorean.«
    Erlegte auf. Ich wählte erneut. Er antwortete mir: »Ich rede nicht über Sabrina Delorean. Also hören Sie auf, hier anzurufen.« Er legte noch einmal auf. Ich wählte nicht noch einmal. Er klang so, als wisse er etwas. Vielleicht war er der Typ, der Sabrina die Silberkugel geschenkt hatte. Ich schaute auf die Uhr: gewaltig spät. Ich checkte meinen Puls: heftig. Ich überlegte eine Weile lang meinen nächsten Schritt und genehmigte mir noch einen after-dinner Tequila digestif.
    Ich lehnte meinen Kopf auf die Rücklehne der Couch. Otis sprang auf meinen Schoß und kroch auf meinem Brustkorb hoch. Sie stupste meinen Hals mit ihrem herzförmigen Gesicht. Ich küßte ihre kleinen schwarzen Lippen, und sie leckte meine. Wir rieben unsere Nasen aneinander und unsere Kinne. Ihre Haare kitzelten mein Gesicht. Ich schob sie von mir herunter und ging in mein Bett. Ich versuchte, so zu tun, als würde ich meine Gute-Nacht-Zigarette nichtvermissen. Leider fehlte es mir an der nötigen Phantasie.
    Mein Wecker klingelte um sieben. Ich blinzelte und rieb mir den Nebel unter meinen Augenlidern fort. Meine Beine fühlten sich wie gelähmt an. Ich schaute nach unten. Otis lag darauf und schlief. Ich stieß sie herunter und stand auf.
    Ich kannte eine Firma, bei der ich für quasi lau ein Schrottauto mieten konnte. Ich zog mich für einen kristallklaren Herbsttag in Neuengland an, indem ich eine dunkelblaue Strickjacke von J. Crew wählte und schwarze 501s. Um mich gut in das

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