Mord zur Geisterstunde
während des Geisterspaziergangs ununterbrochen geniest hatte. Nun hatte sie die schlanken Arme vor der Brust verschränkt, und ihre Augen sprühten Blitze.
Als Grund dafür, dass sie noch einmal zurückgekommen waren, gab es nur fadenscheinige Erklärungen, und Honey fiel keine davon ein. Zudem war sie ein wenig pikiert. Wie konnte sich ein hässliches Entlein wie Pamela über Nacht in einen solchen Schwan verwandeln? Während des Geisterspaziergangs war sie ihr ziemlich unscheinbar vorgekommen. Allerdings mochte das Wetter sein Übriges dazu beigetragen haben. Der Regen war an allem schuld. Niemand sah im Regen gut aus. Na, das war jedenfalls ihre Entschuldigung, und dabei wollte sie es auch belassen.
Eigentlich waren sie ja wegen der Verbindung zurückgekommen, die zwischen
The Nobel Present
und dem Mord an der Frau bestand, die ihr Leben als Wanda Carpenter begonnen hatte. Und das war eine ganz andere Angelegenheit.
Pamela Windsor war die entrüstete Selbstgerechtigkeit in Person. Ihre Mundwinkel waren nach unten gezogen, und ihr Kiefer war verkrampft. »Was denn jetzt schon wieder?«
Honey stürzte sich kopfüber ins Thema. »Wussten Sie, wo Wanda Carpenter – später Lady Templeton-Jones – ihren Titel gekauft hat?«
Pamelas Mund schnappte zu. Sie zuckte mit verschränkten Armen die Achseln. »Woher zum Teufel soll ich das wissen?«
|212| Verschwunden war das graue Mäuschen!
Honey zog aus dem Sack, den sie Handtasche nannte, ihr kleines Notizbuch hervor. »Wir haben Erkundungen angestellt. Wir wissen, dass Sie etwas mit Internetauftritten zu tun haben, auf denen Grafschaften, Herzogtümer und dergleichen verkauft werden. Können Sie das bestätigen?«
»Nein, kann ich nicht.«
»Nie gehört?«
»Nie gehört.«
»Die Polizei hat Expertenteams. Die behalten alle interessanten und vielleicht illegalen Websites im Auge.«
Honey bemerkte ein kleines nervöses Zucken.
»Es ist nicht illegal!«
Honey verkniff sich ein Grinsen. »Also wissen Sie doch etwas darüber?«
Pamela machte eine ausweichende Kopfbewegung. Dann überraschte sie Honey, indem sie Verstärkung herbeiholte.
»Hamilton?«
Er musste hinter der Tür gelauscht haben. Und schon kam er aus der Deckung. Die Hälfte seines massigen Körpers war noch hinter seiner schlanken Geliebten verborgen. Er hatte ihr einen Arm um die Taille gelegt, ließ die Hand mit gespreizten Fingern auf ihrer Hüfte ruhen. Bergriese und Waldfee, breit und massig gegen schmal und feingliedrig.
»Das ist meine Website«, sagte er. Er schaute sie geradeheraus an, seine Augen wichen nicht von ihrem Gesicht. »Es ist alles völlig legal.«
»Sie haben also Lady Templeton-Jones ihren Titel verkauft.«
»Nein, nicht ich persönlich.«
Gerade wollte Honey einwenden, dass natürlich der Computer den Titel verkauft hatte, das Unternehmen aber ihm gehörte und es daher aufs Gleiche herauskam. Da mischte sich Lindsey ein.
»Sie meinen, Sie haben ein weltweites Team. Die Leute beteiligen sich auf Franchise-Basis an Ihrer Website, stellen die Nachforschungen an, basteln die Datenbank zusammen und bekommen einen Prozentsatz von den Einnahmen. Habe ich recht?«
|213| Hamilton George war verdutzt, dass jemand sein Geschäftsmodell so gut begriffen hatte. Er nickte.
»Klugscheißerin!«, murmelte Honey ihrer Tochter leise zu.
Lindsey schaute überaus zufrieden drein.
»Darf ich jetzt fortfahren?«, fragte sie.
Honey nickte. »Immer zu.«
Lindsey wandte sich wieder an Mr. Hamilton George. »Wer von Ihrem Team hat denn nun die Honneurs gemacht, sozusagen?«
Hamilton kaute nachdenklich auf der Oberlippe herum und lief Gefahr, dabei seinen Schnurrbart anzuknabbern. »Simon. Simon Taylor.« Plötzlich schien er aufzuwachen. »He, ich bin nicht verpflichtet, Ihnen das zu erzählen. Sie sind schließlich nicht von der Polizei.«
Honey machte sich eine kurze Notiz in ihrem Büchlein. »Ich arbeite mit der Polizei zusammen. Ich habe mir das aufgeschrieben.«
Das hatte sie nicht. Statt dessen prangte auf der Seite ein Strichmännchen.
»Kennen Sie den Vetter von Lady Templeton-Jones – Ashwell Bridgewater?«
»Nein«, antwortete Hamilton.
»Verflixt und zugenäht, jetzt reicht es aber. Wir bringen das jetzt hinter uns.« Pamela Windsor schob ihn zur Seite. Ihre Stimme war schneidend scharf. Keine Spur war mehr von dem grauen Mäuschen übrig, das sie neulich gegeben hatte. »Er heißt Simon Taylor und wohnt mit seiner Mutter in der Fair Alice Avenue Nummer siebzehn. Er
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