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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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schon, dass die Tür so rasch zufiel. Als hätte man Gespenster im Haus. Na egal. Sie interessierte sich ja nicht für die ehemaligen Bewohner.
    Die Wendeltreppe knarrte unter ihren Schritten. Oben angelangt, schaute Lindsey sich um. Der Flur war schmal und dunkel. Die zweite Tür links, hatte Pamela gesagt. Doch heute wollte sie es einmal machen wie ihre Großmutter. Heute würde einer ihrer »vergesslichen« Tage sein. Die Türen waren alle so schlicht wie die unten an der Treppe. Ob sie auch alle mit einem ebenso starken Schließmechanismus versehen waren? Welche sollte sie einmal ausprobieren? Vorhin hatte Mary Jane verkündet, man müsse stets auf Zeichen achten, ehe man im Leben irgendetwas tat. Das hatte sie allerdings gesagt, als sie gerade über eine rote Ampel fuhr. Und einen Igel hatte sie dabei auch noch überfahren.
    »Halte nach Zeichen Ausschau. Du wirst sie erkennen, wenn du sie siehst.«
    Lindsey holte tief Luft und dachte voller Mitleid an den armen |207| kleinen Igel, dem man wohl nicht den gleichen guten Ratschlag gegeben hatte.
    Gut! Also, nach Zeichen suchen!
    An den Wänden hingen alte Gemälde. Die meisten waren Landschaften aus spätviktorianischer Zeit, die jemand wahrscheinlich ziemlich günstig bei Auktionen erworben hatte. Es gab nur ein Porträt, das zudem ein größeres Format hatte als die anderen Bilder. Der Dargestellte war nicht gerade ein Adonis. Er hatte einen Schnurrbart und blickte starr. Kein sehr angenehmer Auftraggeber, aber er hatte ziemlich viel Gemälde für sein Geld bekommen.
    Das Bild hing neben einer Tür, wirkte wie ein symbolisches »Zutritt verboten«. Die Augen sagten alles. Aber diesem Starren konnte man leicht aus dem Weg gehen. Einfach nicht mehr hinsehen! Das musste doch das ideale Zimmer für ein wenig Schnüffelei sein? Vor dieser Tür hing ja praktisch ein Warnhinweis in Gemäldeform.
    Der Raum war ein Schlafzimmer, dessen niedrige Decke schräg bis beinahe zum Boden hinunter verlief. Ein kleines quadratisches Fenster mit einer breiten Fensterbank ließ ein wenig Licht hinein. Die Wände waren in einem blassen Rosaton gestrichen, und auf den Vorhängen prangten winzige Rosenknospen. Am einen Ende befand sich ein Bett mit einem rüschengesäumten Überwurf. Am anderen stand auf einem alten Frisiertisch aus Kiefernholz ein Computer. Das rote Standby-Licht zwinkerte Lindsey aufmunternd zu.
    Sie ließ die Finger spielen und trommelte wie zur Übung eine kleine unsichtbare Klaviermelodie auf die Tischplatte.
    Sie bewegte die Maus. Ein Bildschirm leuchtete auf.
The Noble Present. Auch Sie können ein echter Lord sein, eine Lady mit Titel und Stil …
    Lindsey schnitt eine Grimasse. »Oho!«
    Alte Titel beeindruckten sie nicht. Denn genau das waren sie. Alt. Verbraucht. Abgelegt. Ein Hauch von Vergangenheit.
    »Ziemlich einträglicher Lebensunterhalt«, murmelte sie. Sie rückte näher zum Bildschirm. Der blaue Schein erhellte ihr |208| Gesicht. Sie blätterte weiter. Schaute sich Seite eins an. Dann Seite zwei.
    Günstige Preise! Ab 3000 Dollar.
    Günstig? Wie die Sache aussah, waren diese Preise nur für einen günstig, nämlich den Verkäufer. Warum sollte man für seinen Lebensunterhalt arbeiten, wenn man solche Geschäfte tätigen konnte, ohne sich auch nur von der Tastatur zu entfernen? Auf der dritten Seite prangten Lobeshymnen von zufriedenen Kunden. Auf passbildgroßen Fotos lächelten fröhliche Gesichter mittleren Alters. Einen der Namen erkannte sie: Lady Templeton-Jones, die genauso breit lächelte wie die anderen Kunden. Aber in einem Aspekt unterschied sich dieses Bild vom Rest. Unter den anderen Fotos standen nur Initialen, keine Namen. In Wandas Fall war der Name voll ausgeschrieben, und zudem wurde noch ihre Adresse angegeben. Sie hatte ihren Titel auf dieser Website gekauft, wenn auch nicht bei Hamilton George. Lindsey erkannte den Namen des Mittelsmannes, weil ihre Mutter ihn kürzlich erwähnt hatte. Es war Simon Taylor, ein Franchise-Nehmer in Bath.
    Lindsey war höchst zufrieden, dass sie so weit gekommen war. Mit einem stummen »Jawohl!« reckte sie triumphierend die Faust in die Höhe. Doch jetzt musste sie wieder nach unten. Vorher allerdings war noch die Toilettenspülung zu betätigen. Das würde man unten hören, und ihre Tarnung würde nicht auffliegen.
    In einer letzten Bemühung, so viele Fakten wie möglich zu sammeln, wühlte sie noch die Papiere auf dem Tisch durch. Die meisten waren Online-Quittungen für erbrachte

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