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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sich noch an mich?«
    Hamilton George winkte nicht zurück.
    Mary Jane schmollte enttäuscht. Ihre Unterlippe bebte. »Er hat nicht zurückgewinkt.«
    Sanft, aber bestimmt hinderte Lindsey sie daran, hinter Honey her zum Haus zu rennen.
    »Vielleicht hatte das was mit dem Kreuzschlüssel zu tun.«
    Mary Jane schien sie gar nicht zu hören. »Das ist nicht seine Frau, weißt du. Das ist eine Schlampe – durch und durch! Wie konnte er sie nur so gemein behandeln? Und er hat sich nicht mal die Mühe gemacht und zurückgewinkt. Findest du nicht auch, dass das sehr unhöflich ist?«
    »Manche Leute sind eben so.«
    Mary Janes Gesicht wurde ernst, ihre Augen waren nur noch schmale Schlitze. »Das ist die Fremdenführerin.«
    »Ich glaube, meine Mutter weiß das«, erwiderte Lindsey.
    Selbst aus dieser Entfernung konnte Lindsey den Gesichtsausdruck ihrer Mutter erkennen. So schauen Draculas Opfer, wenn sie das Blut von den spitzen Fangzähnen des Grafen triefen sehen.
    Plötzlich zuckte Mary Jane die Achseln. »Vielleicht habe ich vorschnell geurteilt. Vielleicht besteht zwischen den beiden gar keine körperliche Anziehung. Sie interessieren sich beide für Computer, das haben sie gemeinsam. Ich frage mich nur, wo seine Frau ist?«
    Eine verschwundene Gattin, ein Mord und zwei Leute, die plötzlich zusammen waren und nicht zusammen sein durften. Lindsey beschwor Mary Jane, sich nicht vom Fleck zu rühren, |205| und sprintete den Gartenpfad hinauf. Man wusste ja nie, ob Mr. George und der neuen Frau in seinem Leben der Sinn nach Mord stand. Da wollte sie lieber kein Risiko eingehen.
    Schließlich hatte sie nur eine Mutter und keineswegs die Absicht, die so schnell zu verlieren. Na gut, vollkommen war sie nicht. Sie weigerte sich, genau wie Großmutter Cross, standhaft, in Würde zu altern. Und in Größe 40 würde sie auch nie passen, geschweige denn klapperdürr werden.
    Der Pfad zur Tür bestand aus einer Reihe alter, von losem Kies umgebenen Steinplatten. Honey hörte Lindsey knirschend näher kommen und schaute über die Schulter zu ihr zurück. Erleichterung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab.
    »Das ist meine Tochter«, erklärte sie. Dann stellte sie Hamilton George und Pamela Windsor vor.
    Lindsey nickte den beiden kurz zu und rang sich ein steifes Lächeln ab.
    »Mr. George hat kürzlich seine Frau verloren«, erklärte Honey. Wie er und Pamela zusammengefunden hatten, dazu hatte Mr. George keine Einzelheiten verlauten lassen. Das konnte Honey ihrer Tochter also nicht mitteilen.
    Lindsey drückte ihr Beileid aus. Gleichzeitig registrierte sie den Gesichtsausdruck ihrer Mutter: schockiert, vielleicht auch ein wenig enttäuscht. Lindsey überlegte kurz, worin das Problem liegen könnte. Wenn man von Natur aus neugierig war, dann war Detektivarbeit eine feine Sache. Irgendwie musste ihre Mutter ins Haus kommen. Bisher hatte niemand sie hereingebeten. Da musste der uralte Trick herhalten.
    »Entschuldigung, hätten Sie etwas dagegen, dass ich kurz Ihre Toilette benutze?«
    Lindsey konnte wirklich unendlich charmant sein. Nie hatte sie Drogen genommen, sich nie sinnlos betrunken, und sie wechselte nicht alle Naselang den Partner. Manchmal war es mit ihr einfach zu schön, um wahr zu sein. Viele Frauen wünschten sich sehnlichst, ihre kleinen Mädchen würden auch zu solchen Prachtexemplaren heranwachsen.
    Pamela Windsor war da keine Ausnahme. Sie machte eine |206| vage Handbewegung nach oben. »Im ersten Stock. Zweite Tür links.«
    Lindsey hielt Ausschau nach der Treppe, sah aber keine. Das war in diesen alten Häuser manchmal seltsam. Da befanden sich Dinge, die in modernen Gebäuden stets an einer bestimmten Stelle waren, an den merkwürdigsten Orten.
    Lindsey setzte ihr bestes Sonntagslächeln auf. »Äh, haben Sie auch eine Treppe?«
    Pamela grummelte und murmelte etwas in gespielter Verzweiflung, führte Lindsey aber höflich zu einer schlichten Tür, die beinahe unsichtbar in der Holztäfelung der Wand eingelassen war. Dahinter führte eine Wendeltreppe steil nach oben. Lindsey bedankte sich artig.
    Sie war erst auf der dritten Stufe angelangt, als die Tür mit lautem Knall hinter ihr zufiel. Zunächst glaubte sie, Pamelas schlechte Laune wäre mit ihr durchgegangen. Dann sah sie die starke Feder. Wahrscheinlich hatte es vor Zeiten jemand irgendwann einmal satt gehabt, immer wieder darum zu bitten, die Leute sollten die Tür hinter sich zumachen, und er hatte diese Feder angebracht. Ein bisschen gruselig war es

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