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Mord

Mord

Titel: Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Ludwig Kröber
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wollte ihn gerade am Ohr ziehen, da schlug er ihn mit der Faust aufs Kinn. Daraufhin bekam er 14  Tage Arrest. Er nutzte die nächste Chance zur Flucht und machte ein paar Tage Ferien.
    Als Siegfried 13  Jahre alt war, kam seine Mutter zu Besuch nach Berlin. Es gab ein Zusammentreffen bei der Oma, das nicht schön endete. Die Mutter wollte nicht Rede und Antwort stehen, warum sie ihn weggegeben hatte. Am Abend schluckte Siegfried Tabletten. Man musste ihm im Krankenhaus den Magen auspumpen. Danach wollte die Mutter keinen Kontakt mehr.
    Als die Jugendbehörde Siegfried nach der 7 . Klasse in ein Heim nach Westdeutschland verlegen wollte, holten ihn die Großeltern lieber raus und schickten ihn auf eine ganz normale Schule, auf der er bis zur Mitte der 9 . Klasse blieb. Statt Stress mit den Erziehern hatte er nun Stress mit den Großeltern, die sich auch gerade mal wieder trennten. Schließlich kam er in den Jugendhof Schlachtensee für «schwererziehbare Jugendliche». Ein halbes Jahr blieb er dort, es gefiel ihm absolut nicht.
     
    Zwei Monate vor seinem 16 . Geburtstag beging Siegfried an einem heißen Sommertag seine erste schwere Straftat. Er und ein paar Kumpels trafen sich öfters im Park, hinterm Rathaus Spandau am Anleger, und tranken da Alkohol. Er hatte ein Auge auf eine junge Frau geworfen, die zehn Jahre älter war als er und in Begleitung eines Mannes. Der war über 30 , und es hieß, er wäre bei der Legion gewesen. Siegfried hatte versucht, mit der Frau ins Gespräch zu kommen, ganz harmlos. Aber als sie und einige andere eine Bootspartie machten, durfte er nicht mit, weil nur Platz für sechs war.
    Als die Gruppe zurückkam, war die Frau nicht mehr dabei. Siegfried lief zum Kirmesplatz, traf auf dem Weg dorthin zufällig den Fremdenlegionär wieder und fragte ihn, wo die Kleine geblieben war. Der sagte, sie wäre betrunken gewesen, er hätte sie abgesetzt, weil sie schon mal in seine Wohnung gehen sollte. Dort ginge er jetzt auch hin. Siegfried wollte mitkommen. «Nee, Kleener», sagte der Mann, «geh lieber zu Mutti, lass die Finger von ihr.» Dann drehte er ihm den Rücken zu und ging.
    Siegfried meinte: «Das werden wir ja mal sehen», lief dem Mann hinterher und fasste ihn von hinten am linken Arm. Der drehte sich um den linken Arm herum und schlug Siegfried sofort mit der Faust aufs Kinn, dass er sich rückwärts auf den Hintern setzte. In dem Moment griff Siegfried das Messer an seinem Fuß, schoss hoch und stach sofort zu – eine Bewegung, ohne zu überlegen. Das Tauchermesser am Bein hatte er vom Schwimmen dabei, weil er und seine Freunde öfters an die Schlepper ranschwammen und sich vorn an der Bordwand hochzogen, weit entfernt vom Führerhäuschen. Als Piraten fuhren sie ein Stück mit und sonnten sich an Deck. Manchmal kamen welche von der Besatzung und versuchten, sie mit Schraubenziehern zu verjagen. Da konnte er sich mit so einem Tauchermesser Abstand verschaffen.
    Siegfried war bei der Tat etwas betrunken, und es war halt ein heißer Tag gewesen, sagte er später. Es wäre ein Reflex gewesen – das Tauchermesser ziehen, zustoßen, in die Herzgegend. Dann lief er weg, ging auf den Kirmesplatz, wo er einen Kumpel traf und ihm von dem Zusammenstoß mit dem Legionär erzählte. Auch die Frau, um die es ging, Gabi, traf er dort. Sie sagte, er solle erst mal einen trinken, und nahm ihm das Messer weg.
    Dann trafen sie sich mit mehreren in einer Wohnung. Gabi sagte, sie ginge mal Bier holen, kam aber nicht wieder. Als er nach ihr sehen wollte, hörte Siegfried, dass es im Viertel eine Razzia gegeben und man Gabi mitgenommen hatte. Er lief direkt zur Polizeiwache, um nach der Frau zu fragen. Dort war ausgerechnet der Fremdenlegionär – das war kein Zufall, meinte Siegfried –, und der sagte den Polizisten: «Das ist er.» Das war seine erste Festnahme.
    Der Mann hatte überlebt, das Messer war von einer Rippe abgeprallt.
    Siegfried bekam 30  Monate wegen versuchten Totschlags, Jugendstrafanstalt Plötzensee. Die Strafe wurde voll verbüßt; als er rauskam, war er 18 .
    Während der Jugendhaft beging Siegfried neue Straftaten, Körperverletzung, Betrug, Urkundenfälschung. Das gab noch mal 18  Monate. Er ist also bald wieder eingefahren.
    Einen Monat vor seiner zweiten Entlassung kam die Kripo und warf ihm Wohnungseinbruch vor. Das gab wieder anderthalb Jahre, die wurden aber zur Bewährung ausgesetzt unter der Bedingung, dass er Wohnung und Arbeit nachwies. Der

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