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Morddeutung: Roman (German Edition)

Morddeutung: Roman (German Edition)

Titel: Morddeutung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jed Rubenfeld
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Hause genommen.«
    »Na, dann wissen wir ja Bescheid«, warf Brill ein. »Der Mistkerl.«
    Littlemore hatte noch eine Frage. »Was ist das für eine Charaka-Geschichte?«
    »Das ist ihr Club«, erklärte Jelliffe. »Einer der exklusivsten in der ganzen Stadt. Es ist sehr schwer, reinzukommen. Die Mitglieder tragen einen Siegelring mit einem Gesicht darauf – genau dieses Gesicht da auf der Seite.«
    »Eine Verschwörung«, ereiferte sich Brill. »Eine Geheimgesellschaft.«
    »Aber sie sind Wissenschaftler«, protestierte Ferenczi. »Sie können nicht Manuskript verbrennen und Asche schmeißen in Brills Wohnung.«
    »Wahrscheinlich verbrennen sie auch Weihrauch und opfern Jungfrauen«, knurrte Brill.
    »Die Frage ist, ob sie für den Artikel über Jung in der New York Times verantwortlich sind«, bemerkte Younger. »Das müssen wir rausfinden.«
    Littlemore blickte Jelliffe an. »Und, sind sie dafür verantwortlich?«
    »Also … äh … ich glaube mich zu erinnern, dass sie mal was in dieser Richtung geäußert haben. Und sie haben auch Jungs Vorlesungen an der Fordham University arrangiert.«
    »Natürlich«, zischte Brill. »Sie führen Jung ein, um Freud zu Fall zu bringen. Und Hall fällt darauf rein. Aber was sollen wir jetzt machen? Wir können uns doch nicht mit Charles Dana anlegen.«
    »Das werden wir erst noch sehen.« Littlemore wandte sich wieder an Jelliffe. »Sie haben gestern Nacht einen Dana erwähnt. Ist das derselbe, von dem wir hier reden?«
    Jelliffe nickte.

     
    Der Diener in der Tür des kleinen, eleganten Hauses an der Fifty-third Street bei der Fifth Avenue ließ uns wissen, dass Dr. Dana leider nicht zu Hause sei. »Richten Sie ihm aus, ein Detective möchte ihm ein paar Fragen über Harry Thaw stellen«, antwortete Littlemore. »Ach, und erwähnen Sie bitte auch, dass ich gerade von Dr. Smith Jelliffe komme. Wenn er das hört, ist er vielleicht doch da.«
    Auf den Rat des Detectives hin waren nur er und ich zu Charles Dana gefahren. Brill und Ferenczi kehrten ins Hotel zurück. Eine Minute später wurden wir hineingebeten.
    Danas Haus hatte nichts von der überladenen Prachtentfaltung, wie man sie in Jelliffes Wohnung oder in anderen vor Kurzem an der Fifth Avenue errichteten Häusern erleben konnte – unter anderem auch bei bestimmten Verwandten von mir. Danas Haus war ein Backsteinbau. Die Möbel waren von schlichter Eleganz. Als Littlemore und ich vom Foyer aus eintraten, sahen wir Dana aus einer dunklen, reich bestückten Bibliothek kommen. Er schloss die Türen hinter sich und begrüßte uns. Mein Erscheinen überraschte ihn wohl, aber er reagierte mit vollkommener Gelassenheit. Er erkundigte sich nach Aunt Mamie und ich mich nach seinen Kusinen. Er fragte nicht, weshalb ich in Littlemores Begleitung war. Die Haltung des Mannes war wirklich beeindruckend. Sein Alter war ihm anzusehen – sechzig, nach meiner Schätzung -, aber es stand ihm gut. Er führte uns in einen anderen Raum, in dem er wohl seinen Geschäften nachging und Patienten empfing.
    Unsere Unterhaltung mit Dana war kurz. Littlemores Verhalten änderte sich. Bei Jelliffe hatte er einen einschüchternden Ton angeschlagen. Er hatte Beschuldigungen erhoben, um zu sehen, wie er darauf reagieren würde. Bei Dana ging er viel behutsamer vor, allerdings nicht ohne durchblicken zu lassen, dass wir einige für Dana recht unangenehme Dinge über ihn wussten.
    Dana kroch nicht zu Kreuze wie Jelliffe. Er räumte ein, dass Thaw im Zusammenhang mit dem Prozess seine Dienste in Anspruch genommen hatte, wies aber darauf hin, dass er im Gegensatz zu Jelliffe nur eine beratende Tätigkeit ausgeübt hatte. Zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit oder Gegenwart hatte er eine Sachverständigenmeinung zu Thaws Geisteszustand abgegeben.
    »Haben Sie dann vielleicht eine Meinung dazu geäußert, dass Thaw letztes Wochenende nach New York kommen wollte?«, fragte Littlemore.
    »War denn Mr. Thaw letztes Wochenende in New York?«
    »Jelliffe sagt, dass Sie das entschieden haben.«
    »Ich bin nicht Mr. Thaws Arzt, Detective. Jelliffe ist sein Arzt. Ich habe meine berufliche Verbindung zu Mr. Thaw letztes Jahr gelöst, das können Sie den offiziellen Dokumenten entnehmen. Dr. Jelliffe hat mich gelegentlich um meinen Rat gebeten, und ich habe ihm weitergeholfen, soweit es in meinen Kräften stand. Welche ärztlichen Entscheidungen Jelliffe letztlich getroffen hat, weiß ich nicht. Jedenfalls kann nicht davon die Rede sein, dass ich diese

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