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Morddeutung: Roman (German Edition)

Morddeutung: Roman (German Edition)

Titel: Morddeutung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jed Rubenfeld
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Kilo schweren Batterie auch recht unbeweglich; manchmal mussten die Fahrgäste sogar aussteigen und schieben, wenn eine der seltenen steilen Steigungen kam. Im Jahr 1907 führte die New York Taxicab Company die erste Flotte mit Benzinwagen ein, die mit Taxametern ausgestattet waren, an denen die Passagiere jederzeit den Fahrpreis ablesen konnten. Diese Taxis wurden sofort zum Schlager – bei den besseren Schichten, versteht sich, die sich als Einzige den Tarif von fünfzig Cent pro Meile leisten konnten – und waren in der Stadt bald zahlreicher als die elektrischen Wagen und die Pferdedroschken zusammen. Ein New Yorker Benzintaxi war leicht an seiner typischen roten und grünen Farbe zu erkennen.
    Im Moment parkten gerade mehrere dieser Fahrzeuge am Taxistand des Hotel Manhattan. Die Fahrer verwiesen Littlemore auf die Allen-Garage an der Fifty-seventh Street, zwischen der Eleventh und der Twelfth Avenue, wo die New York Taxicab Company ihre Zentrale hatte. Dort konnte er problemlos herausfinden, wer am Sonntag die Nachtschicht gefahren hatte. Der Detective hatte Glück. Schon zwei Stunden später war er schlauer. Ein Fahrer namens Luria hatte vergangenen Sonntag nach Mitternacht vor dem Hotel Manhattan einen schwarzhaarigen Mann mitgenommen. Luria erinnerte sich noch genau, weil der Mann nicht aus dem Hotel gekommen war, sondern aus einer Droschke. Littlemore erfuhr auch, wohin der Schwarzhaarige gefahren war, und machte sich nun selbst auf den Weg dorthin. Doch hier endete seine Glückssträhne.
    Das Haus war an der Fortieth Street, gleich beim Broadway. Es war ein einstöckiger Bau mit einem protzigen Türklopfer und dicken roten Vorhängen an den Fenstern. Littlemore musste fünf- oder sechsmal klopfen, ehe ihm eine attraktive junge Frau öffnete. Für die Tageszeit hatte das Mädchen entschieden zu wenig an. Als Littlemore erklärte, dass er von der Polizei war, verdrehte sie die Augen und forderte ihn auf zu warten.
    Er wurde in einen Salon geführt. Auf dem Boden lagen dicke Teppiche, an den Wänden prangten blitzende Spiegel, und die Möbel erstickten unter einer Fülle von violettem Velours. An den Falten der Vorhänge haftete der Geruch von Tabak und Alkohol. Oben schrie ein Baby. Fünf Minuten später kam eine andere Frau, älter und ziemlich dick, die mit Teppich bedeckte Treppe herab. Sie trug eine weinrote Stola und hatte einen Hut von riesigen Dimensionen auf dem Kopf.
    »Sie haben vielleicht Nerven«, bemerkte die Frau, die sich als Susan Merrill vorstellte: Mrs. Susan Merrill. Aus einem Wandsafe hinter einem Spiegel nahm sie eine verzierte Eisenkassette und sperrte sie mit einem Schlüssel auf. Sie zählte fünfzig Dollar ab. »Hier. Und jetzt verschwinden Sie. Ich bin schon spät dran.«
    »Ich will Ihr Geld nicht, Ma’am«, entgegnete Littlemore.
    »Ach, was Sie nicht sagen. Euer Haufen macht mich noch ganz krank. Greta, kommst du noch mal?« Gähnend schlurfte das spärlich bekleidete Mädchen herein. Obwohl es schon Viertel nach drei war, hatte Littlemore sie mit seinem Klopfen aus dem Schlaf gerissen. »Greta, der Detective will unser Geld nicht. Bring ihn in den grünen Salon. Aber beeilen Sie sich, Mister.«
    »Deswegen bin ich auch nicht gekommen«, erklärte Littlemore. »Ich möchte Ihnen nur eine Frage stellen. Letzten Sonntag war ein Typ hier, den ich suche.«
    Misstrauisch beäugte Mrs. Merrill den Detective. »Ach, jetzt habt ihr es also auf meine Kunden abgesehen. Wollt ihr die vielleicht auch ausnehmen?«
    »Sie kennen anscheinend ziemlich miese Leute bei der Polizei.«
    »Gibt es auch andere?«
    »Letzten Sonntag wurde eine Frau umgebracht. Der Täter hat sie ausgepeitscht. Hat sie gefesselt und ziemlich brutal an ihr herumgeschnitten. Dann hat er sie erwürgt. Und jetzt will ich ihn finden. Das ist alles.«
    Die Frau raffte ihre weinrote Stola um die Schultern zusammen. Sie legte das Geld zurück in die Kassette und verschloss sie. »War sie eine Prostituierte?«
    »Nein. Reiches Mädchen. Sehr reich. Hat in so einem Luxusschuppen im Norden gewohnt.«
    »Ach, das ist aber schade. Und was hat das mit mir zu tun?«
    »Der Typ, der hier aufgekreuzt ist«, antwortete Littlemore. »Wir glauben, dass er der Mörder sein könnte.«
    »Haben Sie eine Ahnung, Detective, wie viele Männer hier an einem Sonntagabend antanzen?«
    »Dieser Mann war allein. Groß, schwarzes Haar, Rechtshänder, hatte einen Koffer oder eine Tasche dabei, schwarz.«
    »Greta, erinnerst du dich an so

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