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Mordgier

Mordgier

Titel: Mordgier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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sich. Er trat gegen den Karton. Von innen wurden Geräusche hörbar.
    Gedämpfte Schreie.
    »Oh Gott, bitte, bitte, ich flehe Sie an«, sagte die Frau.
    Heubel brachte sie mit einer Drehung des Arms zum Verstummen.
    »Schlechte Idee, Dale«, sagte Milo.
    »Ich bin voller Ideen«, entgegnete Heubel mit einer merkwürdigen, leeren Stimme.
    »Ich habe Unterstützung angefordert, Dale. Das Klügste wäre, die Situation jetzt zu entschärfen.«
    »Dale«, sagte Heubel. »Wer in aller Welt ist das?«
    Die Schreie aus dem Karton wurden lauter.
    Dann: Husten.
    Die Frau sagte: »Er kann nicht atmen!«
    »Das Leben ist vergänglich«, sagte Heubel. »Deswegen schätzen wir so, was wir haben.«
    »Bitte! Er ist erst zwei!«
    Milo ging einen Schritt näher.
    Heubel trat erneut gegen den Karton.
    Milo schob sich näher heran.
    »Wenn Sie noch einen Schritt näher kommen«, sagte Heubel, »mache ich bam-bam mit dem Knirps.«
    » Emilio «, sagte die Frau. »Er hat einen Namen .«
    »Immer mit der Ruhe«, sagte Milo.
    »Gute Idee«, erwiderte Heubel. »Ich bin die Ruhe selbst.«
    Die Frau wimmerte.
    »Sie werden jeden Moment hier sein, Dale«, erklärte Milo.
    »Beleidigen Sie nicht meine Intelligenz«, sagte Heubel. »Ich weiß, dass nur Sie hier sind, und Sie haben kein Funkgerät.«
    »Ich habe angerufen, Dale.«
    Schnelle Armdrehung. Die Frau schnappte nach Luft.
    »Still jetzt«, sagte Heubel. »Ich glaube an Happy Ends, du nicht, Chiquita?«
    »Ja, ja, bitte lassen Sie ihn gehen -«
    »Ich nehme an, meine Definition unterscheidet sich von deiner.«
    Milo sagte: »Das Letzte, was ich will, ist, Ihre Intelligenz zu beleidigen, aber -«
    »Ihre Anwesenheit beleidigt meine Intelligenz.« Er bohrte die Pistole in den Karton.
    »Nettes Outfit«, sagte Milo. »Wer ist Ihr Schneider?«
    Heubel fuhr zusammen. Die Hand mit der Waffe erschlaffte für eine Sekunde.
    Ich sprang hervor und schrie: »Keine Bewegung, lass die Waffe fallen, lass sie fallen!« Oder etwas Ähnliches, wer erinnert sich schon an so was?
    Heubels Kopf wirbelte abrupt zu der Einmischung herum, weshalb sich sein Würgegriff so weit lockerte, dass die Frau ihren Kopf nach unten verdrehen konnte.
    Sie biss ihm in den Arm.
    Er schüttelte sie ab und sagte: »Bye-bye, Emilio.«
    Milo leerte seine Waffe.
    Heubel stand noch einen Augenblick da. Warf die Hände hoch, als wollte er sich ergeben. Fiel.
    Einer seiner Ohrringe flog zur Seite wie ein Hagelkorn.
    Die Frau warf sich auf den Karton, schaffte es, ihn senkrecht zu halten. Riss schreiend den Deckel auf.
    Zog ein schluchzendes, wild mit den Armen um sich schlagendes Kleinkind heraus und presste es an die Brust.
    Heubel machte ein merkwürdiges, quietschendes Geräusch.
    Als das Kind sich beruhigte, trug die Frau es hinüber zu Heubels Leiche. Trat wütend dagegen.

35
    Der Name der Frau war Felicia Torres, und sie war achtundzwanzig. Ihr Mann, ein Landschaftsgestalter, der nachts Biologie studierte, war vor drei Monaten von der National Guard in den Irak geschickt worden. Ohne Stuarts Einkommen schmolzen die Ersparnisse der jungen Familie rasch dahin, und Felicia begann, sich nach vorübergehenden Jobs umzusehen. Da sie keine Erfahrung mit Computern hatte, waren ihre Aussichten für eine Stelle als Bürokraft begrenzt. Sie schraubte ihre Ansprüche herunter.
    Zwei Putzjobs in Büros in Downtown hatten sich nicht gelohnt, weil das Geld für den Babysitter praktisch ihren Stundenlohn aufgefressen hatte.
    Die Craigslist-Annonce für eine Zwei-Tage-Stelle, um ein Haus in Brentwood »auf Vordermann zu bringen«, hatte einen vielversprechenden Eindruck gemacht. Tolle Wohngegend, »großzügige Bezahlung«, und der Mann, der ans Telefon kam, klang freundlich.
    Die großzügige Bezahlung bedeutete zwanzig Dollar die Stunde, was deutlich mehr war, als Felicia zu hoffen gewagt hatte. Als »Nick« bereitwillig zustimmte, dass sie Emilio mitbringen durfte, gab das den Ausschlag.
    Da ihr Hyundai in der Werkstatt war, musste sie den Bus von ihrer Dreizimmerwohnung in Venice nehmen und ein ganzes Stück auf dem Sunset zu Fuß gehen, wobei sie Emilio in seinem Kinderwagen vor sich her schob. Die Straße war nicht leicht zu finden, und es gab keine Bürgersteige, deshalb holperte der Kinderwagen ganz schön.
    Als sie das Haus schließlich gefunden hatte, wusste sie, dass sie das große Los gezogen hatte. Prächtig und riesig, wie etwas aus House & Garden . Vor dem Haus stand ein glänzender weißer Lexus.
    Sie klopfte an die Tür, und

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