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Mordgier

Mordgier

Titel: Mordgier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Babysitterin.« Seine Aufmerksamkeit wurde von einer nicht brennenden Glühbirne in einem venezianischen Kronleuchter in Anspruch genommen. Er griff hoch, drehte, brachte ein Glitzern zustande. »Haben Sie eine Ahnung, wer es gewesen ist?«
    »Noch nicht. Alles, was Sie uns erzählen können, wäre hilfreich, Sir.«
    Aaron Hochswelder kaute innen an seiner Wange. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich das sagen soll, aber haben Sie ihren Sohn Tony kennen gelernt?«
    »Haben wir.«
    »Was denken Sie?«
    »Worüber?«
    »Über seinen Charakter.«
    »Er scheint eine Pechsträhne zu haben.«
    »Das setzt voraus, dass er jemals Glück gehabt hat.«
    »Ein schweres Leben?«, fragte Milo.
    »Selbst verschuldet.« An Hochswelders knochigen Unterarmen traten die Sehnen hervor. »Ich möchte keine Unruhe stiften, aber …«
    »Irgendwas wegen Tony macht Ihnen zu schaffen?«
    »Es ist nicht leicht, so über ein Mitglied der Familie zu reden, aber Sie sollten ihn vielleicht mal unter die Lupe nehmen.«
    »Als den Mörder?«
    »Es ist ein schmerzlicher Gedanke. Ich will nicht sagen, dass er tatsächlich etwas Derartiges tun würde …«
    »Aber?«, sagte Milo.
    »Ob er vielleicht jemanden kennt , der so was täte? Ich will nicht sagen, dass es so ist . Nun ja … das ist wirklich hart. Ich komme mir vor wie ein Verräter.« Hochswelder atmete durch die Nase ein und durch den Mund aus. »Alles, was ich sagen will, ist, dass Tony der Einzige ist, der mir einfällt. In der Familie.«
    »Tony hat uns gesagt, es gäbe nicht viel Familie.«
    »Weil er es vorzieht, nichts mit irgendjemandem zu tun zu haben.«
    »Wer ist irgendjemand?«
    »Ich und meine Frau und unsere Kinder, mein Bruder Len und seine Frau und ihre Kinder. Mein Bruder ist Zahnarzt, wohnt in Palos Verdes. Keins der Kinder hat Kontakt zu Tony. Was wir, offen gestanden, okay finden.«
    »Schlechter Einfluss?«
    Hochswelder ließ seine Knöchel knacken. »Ich möchte nicht, dass Sie glauben, ich führte eine Art Rachefeldzug gegen Tony. Es ist nur … er rief mich heute Morgen an, um mir von seiner Mutter zu erzählen. So habe ich davon erfahren. Das war das erste Mal seit Jahren, dass ich von ihm höre. Er meinte, er hätte nicht die Kraft, noch jemanden anzurufen, ob ich das nicht tun könnte. Er wälzt die Verantwortung von sich ab. Er gab außerdem zu verstehen, es wäre ihm lieb, wenn ich mich um das Begräbnis kümmern würde. In finanzieller und anderer Hinsicht.«
    »Wie war sein Verhalten, als er anrief?«
    »Er hat nicht geweint oder geschluchzt. Er war eher … abwesend.«
    »Inwiefern abwesend?«
    »Wie auf einem andern Stern.«
    »Hat Tony ein Drogenproblem?«
    »Als Junge hatte er eins«, sagte Hochswelder. » Meinen Jungs zufolge. Außerdem glaube ich - glaubt die Familie -, dass er vielleicht schwul ist, so dass es alle möglichen Probleme gibt.«
    »Warum glaubt die Familie das?«
    »Er war nie mit irgendwelchen Mädchen zusammen, von denen wir erfahren hätten, hat nie geheiratet. Und manchmal - er ist nicht weibisch, aber er kann - ich weiß nicht, wie ich es sagen soll -, ganz plötzlich tut er etwas Tuntiges, verstehen Sie? Wir haben manchmal darüber geredet. Wie Tony in einer Sekunde so etwas tun konnte - die Haare zurückwerfen, mit den Wimpern klimpern -, und dann, schwupps , war er wieder ganz normal.«
    »Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
    »Das muss Thanksgiving vor vier Jahren gewesen sein. Mein Bruder hatte zu einem Familientreffen eingeladen, und Tony tauchte mit Ella auf. Er sah so aus, als würde er seine Sachen nicht regelmäßig waschen. Hatte ziemlich zugenommen. Vielleicht hatte er schon vorher gegessen, weil er an Lens Tisch nicht viel aß. Er stand vor dem Nachtisch auf, ging auf die Toilette, und als er zurückkam, verkündete er, er habe ein Taxi bestellt und würde draußen warten. Ella war es äußerst peinlich. Wir alle taten so, als wäre nichts geschehen, und haben das Essen einfach fortgesetzt.«
    »Gab es irgendeinen Grund, warum er früher gegangen ist?«
    »Das ist es ja gerade, es gab keinen Streit oder so. Bumm , er steht einfach auf und sagt sein Sprüchlein auf. Als ob er über irgendwas wütend gewesen wäre, aber mir fällt beim besten Willen nichts ein, was passiert sein könnte, um ihn wütend zu machen.«
    »Ist Tony cholerisch?«, fragte Milo.
    Hochswelder kratzte sich an der Schläfe. »Eigentlich nicht, kann ich nicht sagen, nein. Ganz im Gegenteil, er war immer ziemlich still. Niemand versteht

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