Mordgier
sie an dem Abend kennen gelernt hat, als Sie beide mit Katrina in die Disco gegangen sind?«
»Ja.«
»Ich habe gehört, Sie hätten auch einen Mann kennen gelernt«, sagte Milo.
Rianna Ijanovics schwarze Augen verengten sich. »Wer hat Ihnen das erzählt?«
»Katrinas Mutter. Beth hat es ihr erzählt.«
»Beth plapper plapper plapper.« Sie bildete mit der Hand eine Entensilhouette und schlug mit dem Daumen gegen den Zeigefinger.
»Falls Katrina ihrer Mutter etwas verheimlicht«, sagte Milo, »interessiert uns das überhaupt nicht. Wenn wir das von Anfang an wüssten, würde uns das eine Menge Theater ersparen.«
»Ich weiß nichts von Geheimnissen.«
»Was meinten Sie gerade damit, dass Beth zu viel redet?«
»Ich bin ein zurückhaltender Mensch«, sagte Rianna. »Beth ist sehr amerikanisch - nichts für ungut. Mit allen über alles reden.«
»Gibt es einen Grund dafür, dass Beth Katrinas Mutter gegenüber nicht offen hätte sein sollen?«
»Vielleicht«, sagte sie und schaute an uns vorbei.
»Und der wäre?«
»Katrina hasst ihre Mutter.«
»Hat Katrina das gesagt?«
»Viele Male.«
»Rianna, haben Sie eine Ahnung, wo Katrina ist?«
»Nein, tut mir leid.«
»Und wann haben Sie Katrina zum letzten Mal gesehen?«
»An dem Abend.«
»Im Light My Fire.«
»Ja.«
»Erzählen Sie uns von jenem Abend.«
»Wir sind zu der Diskothek gefahren, ich war am Steuer und sollte nicht trinken. Beth lernte Sean kennen. Seans Bruder ist Matt. Beth wollte mit Sean zusammen sein, also musste ich mit Matt zusammen sein.«
»Sie mussten.«
»Beth ist eine Freundin.«
»Wo kommen Sean und Matt her?«
»Aus Torrance«, antwortete sie. »Sie sind Brüder. Sie sagen, ihnen gehört ein Surfboard-Geschäft. Was ihnen gehört, ist gar nichts. Sean macht Surfboards in einer Fabrik. Matt will Schauspieler werden.« Sie zeigte mit dem Daumen auf das Kaufhaus. »Jeder hier will ein Filmstar oder Model werden.«
»Sie auch?«
»Nein, nein, nein. Ich will arbeiten .«
»Was haben Sie in Kroatien gemacht?«
»Architektur studiert.«
»Also sind Sie und Beth mit Sean und Matt gegangen. Wohin?«
»Nach Torrance.« Noch mal kam die Zunge zum Vorschein. »Ich hab ein Taxi gerufen, um nach Hause zu kommen, das hat so viel Geld gekostet.«
»Um wie viel Uhr war das?«
»Vier Uhr früh.«
»Und Beth?«
»Sie ist dortgeblieben«, sagte Rianna. »Sie ist jetzt die meiste Zeit dort.«
»Mit Sean.«
»Ja.«
»Wahre Liebe«, sagte Milo.
»Amerikanische Liebe.«
»Was hat Katrina von der Änderung des Plans gehalten?«
»Sie hat nicht geschrien.«
»Aber sie war nicht glücklich.«
»Ich war auch unglücklich. Sie war unglücklicher.«
»Wie hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie unglücklich war?«
»Wie bitte?«
»Was hat sie gesagt, Rianna?«
»Nichts. Sie hat sich umgedreht und ist weggegangen.«
»Wo ist sie hingegangen?«
»Dahin, wo was los war.«
»Auf die Tanzfläche.«
»Ja.«
»Ist Ihnen aufgefallen, ob sie mit jemand Besonderem getanzt hat?«
»Hab ich nicht gesehen.«
»Hat sie sich irgendwann an diesem Abend auf einen bestimmten Mann konzentriert?«
»Hab ich nicht gesehen, nein.«
»Niemand, den ganzen Abend?«
»Jede Menge Leute«, sagte Rianna. »Ich war beschäftigt.«
»Mit Matt.«
»Mit Matt hier und hier und hier und hier.« Sie verzog das Gesicht und schlug sich auf den Hals, die Schulter, die Brust und den Hintern.
»Lästiger Bursche, dieser Matt«, sagte Milo.
»Lästig, das war er. Der Surfer-Typ.«
»Um wie viel Uhr haben Sie und Beth Katrina gesagt, dass Sie mit Sean und Matt weggehen würden?«
»Ehrliche Antwort? Ich weiß es nicht.«
»Ungefähr.«
»Vielleicht um halb zwei, zwei. Sie wollten da rausgehen.«
»Beth und Sean.«
»Amerikanische Liebe«, sagte sie.
»Was können Sie uns über Katrina erzählen - was für ein Mensch ist sie?«
»Kat, wir nennen sie Kat. Nach der großen Verwüstung nie mehr Katrina.«
»Sie möchte nicht mit einem Hurrikan in Verbindung gebracht werden.«
»Nach all der Verwüstung?«, sagte Rianna Ijanovic. »Das ist so, als wäre es … ein schlimmer Name von einem wilden Tier.«
»Katrina ist kein wildes Mädchen?«
»Ein Tier? Nein.«
»Ist sie in anderer Hinsicht wild?«
»Was meinen Sie damit?«
»Macht sie gern einen drauf?«
»Sehr gern.«
»Was mag sie sonst noch gern?«
»Kleider.«
»Das klingt so, als hätte sie den perfekten Job gefunden.«
»Wie bitte?«
»Die Boutique La Femme.«
»Zu teuer«, sagte
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