Mordgier
Die Babys waren fast groß genug, um die Kügelchen schlucken zu können, und knabberten an den auf und ab tanzenden Sphären herum, bis sie sich auflösten. Die Erwachsenen ließen sie gewähren und schafften es, sich keinen Jonas einzuverleiben.
Robin kam heraus und stellte sich zu uns, führte mit Essstäbchen Reste zum Mund und verzichtete auf ihr Glas Wein, weil sie daran dachte, noch ein bisschen zu arbeiten.
Stiller als normal.
»Hat Mr. Dot-com noch mal angerufen?«, fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf. »Irgendwo am Griffbrett der Mandoline gibt’s einen schnarrenden Ton. Wenn ich den nicht wegkriege, kann ich nicht einschlafen.«
»Meine Seelenfreundin.« Ich küsste sie, brachte sie zu ihrem Studio und trug eine mittlerweile schlafende Blanche zurück ins Haus.
Meine E-Mails waren der übliche Quatsch und eine Nachricht, die mich interessierte, abgeschickt vor ein paar Minuten.
dr. delaware: habe den namen von leonora brights bruder im nachruf für ihren vater gefunden. bisher hat er keine vorstrafen, und es war zu spät für einen zugriff auf das grundbuch in s. f., um nachzusehen, ob ihm dort ein haus gehört. vielleicht komme ich morgen dazu. george cardenas
Ich bedankte mich per E-Mail und lud den Anhang herunter.
Ein Nachruf aus dem San Francisco Chronicle . Jemand, der so bedeutend war, dass er eine namentlich gezeichnete Würdigung erhielt.
Der verstorbene Dr. Whittaker Bright, ein gebürtiger New Yorker, der an der Cornell und der Columbia studiert hatte, war Professor für Ingenieurwesen an der UC Berkeley mit dem Spezialgebiet Transformatoren und einem Patent für einen inzwischen überholten Schaltmechanismus gewesen, das ihm für mehr als ein Jahrzehnt Patentgebühren eingebracht hatte. Der Tod war einer langwierigen Krankheit gefolgt. Der verwitwete und zum zweiten Mal verheiratete »Whit« Bright hinterließ seine zweite Frau Bonnie, eine in Ojo Negro lebende Tochter, Leonora, und einen in San Francisco lebenden Sohn, Ansell. Anstelle von Blumen wurde um Spenden für die American Heart Society gebeten.
Was mir ins Auge fiel, war das Datum des Todes. Vierzehn Tage vor dem Doppelmord in Ojo Negro. Mavis Wembleys Geschichte sah immer besser aus.
Genau in dem Moment, als ich eine Internetsuche nach Ansell Bright durchführen wollte, klingelte mein Telefon.
»Doktor, hier ist Amber von Ihrem Telefonservice. Gerade hat ein Mr. Bragen aus Alaska angerufen. Er wollte nicht dranbleiben und meinte, Sie könnten ihn anrufen, wenn Sie wollten. Hörte sich so an, als sei es ihm egal, ob Sie es tun oder nicht.«
Bragens Nummer hatte eine 805er Vorwahl. Er angelte im Norden, benutzte aber ein Handy mit dem Vorwahlbereich Ventura-Santa Barbara.
Eine mürrische Stimme sagte: »Yeah?«
»Sergeant Bragen? Alex Delaware.«
»Der Psychologe«, sagte er, als fände er die Berufsbezeichnung amüsant. »Ein früherer Flug hat sich angeboten. Das Wetter schlägt hier oben rasch um, und dann werden die Anschlussflüge unsicher. Ich habe zu viele Tage im Flughafen mit Warten darauf verbracht, dass Gewitter vorüberziehen.«
»Klingt vernünftig.«
»Sie sind an Bright und Tranh interessiert. Da gibt’s nicht viel, was Sie von mir erfahren könnten. Der Fall war vom ersten Tag an nicht aufzuklären, und falls es irgendwas gegeben hat, was aus forensischer Sicht etwas gebracht hätte, hat es dieser Trottel vermasselt, den sie als Sheriff eingestellt haben. Wir hatten einen Verdächtigen, aber der war’s nicht.«
»Wer war das?«
»Brights Exmann«, sagte er. »Bombensicheres Alibi, und er hat den Lügendetektor bestanden.«
»Warum hatten Sie ihn in Verdacht?«
»Weil er der Ex war. Aber das können Sie vergessen, er war’s nicht.«
»Könnte ich trotzdem seinen Namen haben, nur der Ordnung halber.«
»José Soundso. Mexikaner, wahrscheinlich illegal, damals durften wir nicht danach fragen. Er arbeitete in dem Futtermittelladen, lud Heu ab und so. Behauptete, er wäre in Guadalajara oder wo auch immer ein großer Küchenchef gewesen, aber das behaupten sie alle.«
»Die Einwanderer.«
»Wenn jeder so viel besser dran war, warum kommen sie dann her? Jedenfalls ist er nicht unser Mann, das wäre schön gewesen. Er und Bright waren sechs Monate lang verheiratet, ließen sich scheiden, dann ist er nach Oxnard umgezogen und hat einen Job als Koch in einem der Hotels angenommen. Dort haben ihn zwanzig Leute während des gesamten Zeitrahmens der Morde gesehen. Wir hatten auch Zeugen für die Zeit
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