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Mordgier

Mordgier

Titel: Mordgier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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war.«
    »Klingt nach einem einsamen Mädchen.«
    Er gähnte. »Jedenfalls hab ich die Bluse bekommen.«
    Wir beobachteten wieder die Hunde. Der Labrador umkreiste das Grundstück mit der Verve eines Sprinters, der für das große Rennen trainiert. Er blieb stehen. Zog weiter seine Kreise. Der Border-Collie hatte das Interesse verloren, und sein Hundeführer brachte ihn in den K-9-Wagen zurück.
    »Ein Hundeleben«, sagte Milo. »Wenn nicht bald was passiert, mache ich mich auf den Weg zu der Boutique, in der Kat gearbeitet hat. Irgendjemand muss etwas über ihr Privatleben wissen.«
    »Ich habe über den Doppelmord in Ojo Negro nachgedacht«, sagte ich. »Leonora Bright wurde nur vierzehn Tage nach dem Tod ihres Vaters ermordet. Ihre Stiefmutter war unheilbar krank, womit die Geschwister eher früher als später in den Genuss des Erbes kommen würden. Ein Standardtestament würde alles fifty-fifty aufteilen, wobei im Todesfall des einen Erben sein Anteil auf den überlebenden zurückfallen würde. Leonora war in den Dreißigern, also ist die Wahrscheinlichkeit nicht sehr groß, dass sie ein eigenes Testament gemacht hat.«
    »Der beängstigende Bruder schafft sie sich vom Hals, um dafür zu sorgen, dass sie keinen Anwalt aufsucht?«
    »Es ist ein Motiv. Und gar nicht so verschieden von dem, das wir für Tony Mancusi ins Auge gefasst haben: Bring Mom um, bevor sie ihr Testament ändert.«
    »Es läuft ein Auftragskiller draußen rum, der darauf spezialisiert ist, Erbschaftsprobleme zu regeln, und sowohl Ansell als auch Tony finden ihn ganz zufällig?«
    »Ich weiß, es klingt abwegig«, sagte ich, »aber denk mal an gestohlene schwarze Luxusautos und Kostümierungen.«
    »Ein reisender Auftragskiller mit Theaterambitionen … kann ich nicht ausschließen, aber bevor ich historisch werde, muss ich mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Falls ich eine Art Verbindung zwischen Tony und Ansell finde, fange ich vielleicht an, schneller zu atmen.«
    »Donald Bragen nahm an, Ansell sei zu einer solchen Gewaltausübung nicht fähig, weil er sich am Telefon feminin anhörte.«
    »Und Tony spielt den Vamp. Okay, ein theatralisch-schwuler Auftragskiller, der sich spezialisiert hat. Hat Bragen sich Ansell über seine stimmlichen Fähigkeiten hinaus angesehen?«
    »Er kannte nicht mal Ansells richtigen Namen, weil Ansell sich Dale nannte. Und das Alibi für die Mordzeit hat er sich selbst gegeben - er war arbeiten. Bragen hat es akzeptiert.«
    »Herr im Himmel.«
    »Sheriff Cardenas sagte, er würde sich Ansells Vorgeschichte ansehen. Ich habe seinen Namen in eine Suchmaschine eingegeben und keine Treffer mit ihm erzielt. Die Dale Brights, die ich gefunden habe, waren ein vierzehnjähriges Mädchen, das an einer Privatschule in Florida Hockey spielt, eine sechzigjährige Versicherungsvertreterin in Ohio und ein Geistlicher und Farmer aus Nebraska, der ein Buch über Weizen geschrieben hat und 1876 gestorben ist.«
    »Ich würde auf das Mädchen tippen … Okay, stellen wir sicher, dass wir alles unter Dach und Fach -« Er brach mitten im Satz ab.
    Der Retriever setzte sich.
    Blieb sitzen.
    *
    Der Kopf kam als Erstes zum Vorschein.
    Kat Shonsky war knapp einen Meter tief begraben worden, ihrer Kleidung beraubt, ausgestreckt auf dem Rücken liegend, die Beine leicht gespreizt. Ihre Haut war grünlich grau, marmoriert und löste sich allmählich vom Knochengerüst. Weißblonde Haare dienten als Nest für Würmer. Wo die Verwesung noch nicht eingesetzt hatte, waren schwarze Striche zu sehen.
    Vermutlich Stichwunden. Ich hörte bei dreiundzwanzig auf zu zählen.
    In dem Grab befand sich ein Schultertuch aus purpurroter Seide, das diagonal über den Unterleib und die Oberschenkel platziert war. Als es entfernt wurde, war Katrina Shonskys Führerschein zu erkennen. Zwischen ihre Schamlippen gesteckt.
    »Da haben wir eine Stellungnahme für Sie«, sagte Diana Ponce, die Ermittlerin des Coroners, die über der Leiche kniete.
    Milo sagte: »Seht, was ich getan habe.«
    »Und ich möchte, dass alle Welt es weiß.«
    Ponce steckte den Führerschein in eine Tüte und bat laut um einen großen Umschlag für das Schultertuch. Während sie darauf wartete, untersuchte sie Katrina Shonskys Hals. Keine Strangulierungsspuren, aber es war nicht viel Hals übrig, und das letzte Wort würde der Coroner haben.
    Sie legte das Schultertuch wieder auf die Leiche und nahm die Reste des Schädels sanft in eine Hand, während sie mit der anderen tastete.

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