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Mordlast

Mordlast

Titel: Mordlast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Guzewicz
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dritten Reihe. Er stand direkt neben einem Lehrer in einer braunen Uniform. Er konnte sogar den Schriftzug des Parteiabzeichens auf dem Bild lesen: ›National-Sozialistische D.A.P.‹. Der Gesichtsausdruck des Jungen war wie bei den anderen – ängstlich. Man sah ihm die Demütigungen an, die er erlitten haben musste.
    Von einer Hölle in eine andere, dachte er wieder.
    »Was ist mit dem Jungen geschehen?«
    Birgit Busse sah in den Unterlagen nach. »Er wurde nach dem Krieg zu Pflegeeltern gegeben. Hier in Berlin.«
    »Gibt es einen Namen?« Engbers hörte die Aufregung in seiner Stimme, aber es war ihm jetzt gleichgültig, ob die hübsche Blondine das mitbekam oder nicht.
    »Die Pflegeeltern sind wohl Franzosen gewesen. Hier steht, dass sie für die Französischen Alliierten gearbeitet haben. Der Vater war wohl Soldat.«
    »Und der Name?«
    »Guillaume Colbert.« Sie sah in völlig versteinerte Gesichter.
    »Was?«
    »Ja.« Sie zog die kurze Antwort in die Länge, als würde sie das bekräftigen. »Der Junge hieß dann wohl Erik Colbert, wenn die Pflegeeltern ihn adoptiert haben und er bei ihnen geblieben ist. Aber er hatte ja auch schon zuvor einen französischen Namen, also kann das doch hinkommen.«
    »Ja. Erich Colbert. Wir kennen ihn.«
     

20
     
    E rich Colbert saß ihnen in dem engen Besprechungsraum gegenüber. Er hatte gefasst reagiert, als Davídsson und Engbers ihn in seiner Wohnung in Charlottenburg aufgesucht hatten, um ihn dort von seiner Frau und einem vierzehnjährigen Sohn vom Essenstisch mit zu einem Verhör zu nehmen.
    Auch jetzt wirkte er ruhig und beinahe erleichtert. Davídsson kannte dieses Phänomen. Einen Menschen zu töten war nur für einen wirklichen Profi eine leichte Aufgabe. Alle anderen hatten emotionale Gründe für das Töten. Und bei jedem Einzelnen stellte sich hinterher heraus, dass der Grund nicht gereicht hatte.
    Dass ihre Tat eine noch größere Last bedeutete als das Motiv.
    Engbers hatte Kaffee kochen lassen. Die junge Frau, die ihnen jetzt den Kaffee brachte, wirkte mürrisch. Sie sah demonstrativ auf ihre Armbanduhr. Engbers wusste, dass es spät geworden war, aber er wollte das Verhör so angenehm wie möglich für Erich Colbert gestalten.
    Der Mann hatte bisher genug gelitten.
    Engbers besprach das Diktiergerät auf dem Tisch mit den üblichen Informationen und schaltete es anschließend wieder aus.
    Davídsson hatte sich an die Stelle gesetzt, an der normalerweise der Verdächtige saß. Engbers hatte gegenüber Platz genommen und Colbert saß am Kopfende des Tisches.
    Ein Fremder würde es für eine ganz normale Besprechung mit einem Kollegen halten, dachte Davídsson. Engbers schaltete das Gerät auf dem Tisch wieder ein und sah Erich Colbert lange an.
    »Herr Colbert, Sie wissen, warum wir Sie hierher geholt haben?« Engbers vermied es, das Wort Verhör auszusprechen.
    »Ja, das weiß ich.«
    »Wollen Sie uns Ihre Geschichte erzählen oder soll ich Ihnen Fragen stellen?«
    Colbert hatte den Kaffee bisher nicht angerührt. Jetzt nahm er den Löffel und rührte die schwarze Flüssigkeit ein paarmal um.
    »Ich heiße in Wirklichkeit Eric Moïra. Mein Nachname stammt aus dem Bretonischen. Meine Eltern sind Bretonen. Wir haben früher in Saint-Malo direkt am Atlantik gelebt. Dann kam der Krieg und mein ganzes Leben änderte sich.« Er sah von seiner Tasse auf, ohne die beiden anderen dabei anzusehen.
    »Ich war damals noch ein Kind. Ich kann mich kaum noch daran erinnern, wie es davor war. Sie haben uns weggeholt und nach Berlin gebracht. Meine Mutter und mein Vater mussten hart arbeiten. Der Schwerbelastungskörper konnte schließlich nicht von den Übermenschen gebaut werden. Das wäre zu viel für sie gewesen.« Seine Worte klangen hart, aber seine Stimme war ruhig und weich.
    »Ich musste damals bei Pflegeeltern wohnen, während mein Vater zusehen musste, wie meine Mutter starb.«
    »Colombat hatte die Wahrheit geschrieben.«
    »Mein Vater wollte sie retten, aber diesem ... diesem Schwein hatte es mehr Freude bereitet, ihr beim Sterben zuzusehen.«
    »Ja.«
    »Ich bin von meinen sogenannten Pflegeeltern ausgerissen. Fünfmal, zehnmal. Ich weiß es nicht mehr. Sie haben mich drangsaliert und gequält, aber das war nichts gegen das, was mein Vater durchmachen musste. Ich habe sein Gesicht gesehen, an dem Tag, an dem meine Mutter ... gestorben ist.« Er sah Davídsson an, als könnte er in seinem Gesicht lesen, was sein Vater damals empfunden haben musste.
    »Dieser

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