Mordlicht
allgemeine
wirtschaftliche Lage ausgelöst wurde.«
»Trotzdem sehe ich noch nicht, in welchem Zusammenhang
das mit seinem Tod stehen könnte«, überlegte Christoph. »Gibt es sonst noch
etwas?«
Große Jäger nickte. »Ach ja, falls sich jemand aus der
Bank über mich beschweren sollte. Das ist alles nicht wahr.«
»Hast du deinen persönlichen Freundeskreis jetzt auch bis nach Leck ausgedehnt?«, erwiderte Christoph.
Dann meldete sich Klaus Jürgensen aus Flensburg. »Es
gibt weitere Neuigkeiten. Das Blut auf dem Teppich ist identisch mit dem im
Kofferraum des Audis.«
»Das heißt«, fuhr Christoph fort, »dass Reiche erst
jemanden in seiner Wohnung umgebracht und dann die Leiche mit seinem Auto
abtransportiert hat.«
»So würde ich es auch sehen. Dabei ist ziemlich viel
Blut geflossen. Der Medizinmann geht davon aus, dass das Opfer nicht überlebt
hat. Wir können definitiv von zwei Toten sprechen.«
»Aber wo ist die zweite Leiche?«
»Das kann ich dir nicht sagen. Einfach wird es
bestimmt nicht, einen Toten, von dem man nicht weiß, wer es ist, in unserem
schönen Land zu finden. Hast du schon in deine E-Mails gesehen? Ich habe dir
eine Ablichtung des Zettels mit den Zahlenkombinationen geschickt. Die Notiz
muss dem unbekannten Toten beim Kampf in Reiches Wohnung aus der Tasche
gefallen sein, da wir Reiches Fingerabdrücke nicht darauf gefunden haben. Hier,
bei uns in Flensburg, hat noch keiner eine Idee, was sich hinter den
Zahlenkombinationen verbergen könnte.«
Christoph sah in seinen Computer und druckte sich die
Nachricht aus. Dann stierte er auf die Zahlenreihen, die mit einer flüssig
wirkenden Handschrift niedergeschrieben waren.
6046266987
020653475’
0838618987
1486414898
8512660198
5973912698
6706767509
Was mochten diese
Zahlenkombinationen bedeuten? Und wie wurden sie gelesen? Waagerecht?
Senkrecht? Auffällig war, dass die zweite Zeile nur neun Ziffern hatte und mit
einem Auslassungszeichen endete, während alle anderen zehn Ziffern aufwiesen.
Er übertrug die
Matrix in ein Excel-Spreadsheet und stellte die verschiedensten Berechnungen
an, führte Additionen durch, bildete Quersummen, nahm nur jede zweite Ziffer
und setzte Buchstaben ein.
Er wurde in seinen
Überlegungen durch den Boten eines Expressdienstes unterbrochen, der einen
dicken Umschlag für ihn abgab. Es war die versprochene Akte aus Friedberg in
Hessen.
Christoph überflog
den Inhalt, bevor er sich in die Zusammenfassung vertiefte. Er benötigte fast
eine Stunde, bis er die Papiere beiseite schob und seine beiden Kollegen ansah.
»Das sind wir auf
einen dicken Fisch gestoßen. 1996 ist im Zentrum von Bad Vilbel, das ist eine
Kleinstadt nördlich von Frankfurt, eine Bank überfallen worden. Beteiligt waren
drei Täter. Sie sind nicht nur brutal, sondern auch sorglos vorgegangen. Zwei
von ihnen haben keine Handschuhe getragen. Die Fingerabdrücke eines Bankräubers
sind identisch mit denen auf der zerbrochenen Skulptur in Reiches Wohnung. Wir
nehmen an, dass es die Mordwaffe war. Offenbar hat nicht nur Reiche, sondern
auch sein Opfer die Skulptur angefasst. Das bedeutet, einer der bis heute
unbekannten Bankräuber ist in Reiches Wohnung ermordet worden. Beim Überfall in
Hessen sind die Täter eiskalt vorgegangen. Um ihren Forderungen Nachdruck zu
verleihen, haben sie auf einen unbeteiligten Bankkunden geschossen. Einen
junger Familienvater. Die Kugel verletzte die Wirbelsäule, sodass der Mann
heute querschnittgelähmt ist. Gesprochen wurde während des Überfalls nicht. Die
Täter haben ihre Forderungen durch Handzeichen deutlich gemacht. Vielleicht
können die Gangster kein Deutsch. Am Überfall war ein dritter Täter beteiligt,
der aber Handschuhe trug und sich im Hintergrund hielt. Im Unterschied zu den
beiden ›Haupttätern‹, wenn wir sie einmal so bezeichnen wollen, wirkte der
dritte nach Zeugenaussagen übernervös.«
»Wir suchen also die
verschwundene Leiche eines Bankräubers? Eventuell ein Ausländer?«, fragte
Mommsen.
»Ja.«
»Und wenn wir der
Phantasie freien Raum lassen, müsste man untersuchen, ob Reiche an diesem
Überfall beteiligt war. War er der nervöse Mann im Hintergrund?«
»Dazu müssten wir in
Reiches Vergangenheit abtauchen. Übernimmst du das, Harm?«
Mommsen nickte.
»Ich werde die
Kollegen von der Mordkommission informieren und versuchen, über Flensburg oder
Kiel bei Interpol nachzufragen, ob man dort etwas mit den Fingerabdrücken
anfangen kann.«
Dann setzte
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