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Mordlicht

Mordlicht

Titel: Mordlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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würden.
    »Ich bin allein«, beruhigte Christoph sie. Frau
Schmidt öffnete die Tür ganz und ließ ihn herein. Hinter seinem Rücken hörte
er, wie der Eingang von innen wieder verriegelt wurde.
    Nachdem er im Wohnzimmer Platz genommen hatte, sah er
die Frau an. In ihrem schmalen, blassen Gesicht hatten sich tiefe Furchen
gegraben. Die Augen lagen, umgeben von dunklen Schatten, tief in den Höhlen. So
sahen Menschen aus, die krank sind. Oder sich außerordentlich fürchten.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, begann Christoph.
    Anneliese Schmidt sah ihn lange an, bevor sie
antwortete. »Wundert es Sie? Schließlich ist Frank tot.«
    »Das ist bestimmt ein schwerer Schock für Sie gewesen.
Das verstehe ich. Aber deshalb verbarrikadiert man sich nicht. Vor wem fürchten
Sie sich?«
    Ihre Augen flackerten. Sie wich seinem Blick aus,
dabei massierte sie unablässig ihre Finger.
    »Ich möchte mit meiner Trauer allein sein. Das ist
alles.«
    Christoph schüttelte leicht den Kopf. »Ich gehe davon
aus, dass Sie aber an der Beisetzung teilnehmen möchten.«
    Ihre Antwort kam schnell. Zu schnell. »Das weiß ich
noch nicht.«
    »Wann werden Sie wieder zur Arbeit gehen?«
    Sie sah ihn überrascht an, als hätte er sie an etwas
erinnert, an das sie selbst überhaupt nicht gedacht hatte.
    »Das ist noch offen.«
    Die Frau bedrückte etwas, aber sie wollte nicht
darüber reden. Er musste es auf anderem Wege versuchen. Sie hatte sich in ihrer
Wohnung eingegraben und mied jeden Kontakt zu anderen Menschen.
    »Hätten Sie vielleicht ein Glas Wasser für mich?«, bat
er in der Hoffnung, die Antwort zu erhalten, die ihn weiterbrachte.
    »Selbstverständlich. Sie sprang von ihrem Platz auf,
ließ sich aber gleich wieder fallen. »Verzeihung, aber ich habe keines mehr im
Hause.«
    Das hatte Christoph hören wollen.
    »Sie wagen sich nicht vor die Tür. Ihre Vorräte an
Lebensmitteln erschöpfen sich. Frau Schmidt, wovor fürchten Sie sich? Ich
versichere Ihnen, wir können Ihnen helfen. Vertrauen Sie uns und den dänischen
Kollegen. Wir wissen inzwischen eine ganze Menge.«
    Dann berichtete er in Kurzform davon, dass sie die
Identität des Toten aus Reiches Wohnung ermittelt hätten und auch Spuren
nachgingen, die auf eine osteuropäische kriminelle Vereinigung hinwiesen.
    Anneliese Schmidt atmete hörbar auf. Sie holte tief
Luft, konnte ihm aber nicht antworten, da sie ein heftiger Schluckauf befallen
hatte.
    »Ich hole Ihnen ein Glas Wasser«, sagte Christoph und
suchte die Küche. Im dritten Schrank fand er ein leeres Glas und befüllte es
mit Leitungswasser. Dann kehrte er ins Wohnzimmer zurück. Frau Schmidt hatte
sich nicht vom Platz gerührt. Wenn sie das nächste ruckartige Zusammenziehen
des Zwerchfells plagte, hielt sie beide Hände vor dem Mund und sah Christoph
mit großen Augen an.
    Es verging eine Weile, bis sie sich so weit beruhigt
hatte, dass sie wieder sprechen konnte.
    »Es ist so furchtbar«, stammelte sie. »Frank ist da in
etwas hineingeraten, ohne zu ahnen, auf was er sich eingelassen hat.«
Vorsichtig nippte sie an ihrem Wasserglas. »Für mich ist es eine fremde Welt.
Ich verstehe nichts von diesen Geschäften. Aber für Frank lief es nicht
besonders gut in der letzten Zeit. In seiner Verzweiflung ließ er sich mit
einem Kreditvermittler ein, der ihm zu Wucherzinsen Geld gab. Obwohl Frank
wusste, dass es gegen alle Vernunft war, vertraute er zwei großen Kunden, die
ihm Aufträge für das beginnende Weihnachtsgeschäft versprachen, dann aber
wieder zurückzogen. So konnte er weder den Kredit noch die Zinsen
zurückzahlen.«
    Ähnliches hatten sie schon vermutet. Viele der an
diesem Fall beteiligten Personen waren in eine kritische wirtschaftliche Lage
geraten.
    »Dann hat man ihn unter Druck gesetzt?«, fragte
Christoph, weil Frau Schmidt schwieg.
    Sie nippte erneut an ihrem Glas. »Ja. Man hat ihm
einen neuen Termin gesetzt. Danach kamen die Drohungen.«
    »Welcher Art waren diese?«
    Sie ließ ihren Blick stumm im Raum umherschweifen.
    »Man drohte, seine Existenz zu vernichten. Ich war
zufällig bei einem solchen Telefonat anwesend. ›Die ist schon zerstört‹, hatte
Frank sarkastisch geantwortet. Das hätte er nicht tun sollen. Damit provozierte
er nur die weitere Eskalation.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Dann wurden sie brutal. Es sei seine Sache, wie er
das Geld auftreiben würde. Irgendetwas würde ihm schon einfallen.«
    »Hat man Frank Reiche gegenüber angedeutet, dass er
sich durch Beteiligung an

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