Mordlicht
wir hier gelandet?«,
erwiderte Große Jäger. Er hatte ebenso schnell wie Mommsen seine eigene Waffe
gezogen. Außer dem Entsichern der beiden Waffen war nichts zu hören.
»Woher kam das?«, fragte Mommsen, während Große Jäger
Christoph ansah und seine zwei Reihen gelber Zähne blicken ließ. »Du hast wohl
keine Zimmerflak an Bord?«, meinte er, weil Christoph keine Waffe in der Hand
hielt.
»Die stärkste Waffe des Polizisten ist das Wort«,
erwiderte Christoph.
»Glückwunsch, dann schieß mal mit Halbsätzen zurück«,
griente der Oberkommissar. Ebenso wie Mommsen suchte er die Umgebung ab.
»Siehst du etwas?«, fragte er Mommsen.
»Nein. Nichts. Woher kamen die beiden Schüsse?«
»Ich habe nichts gehört. Vermutlich benutzt der Typ
einen Schalldämpfer. Ich schätze, er sucht dort hinter der Ecke Deckung. Da,
neben dem Anbau.«
Dann schwiegen sie einen Moment. Von ihrem Gegner war
nichts zu hören. Auf der am Hotelgelände vorbeiführenden Straße rauschte ein
Auto vorbei. Sonst war nur das leise Brummen der Abluftanlage der Hotelküche zu
vernehmen.
»Wer hat es da auf Sie abgesehen?«, fragte Christoph
den völlig verwandelten Smitkov, der seine ganze Selbstsicherheit verloren
hatte und immer noch halb unter dem Oberkommissar kauerte. »Ist es Ihr Gast?
Der Passat-Fahrer?«
Smitkov sah Christoph an und öffnete zweimal den Mund,
als würde er antworten wollen.
»Es wäre hilfreich für uns, wenn Sie uns sagen, wer
dort auf uns geschossen hat. Wir könnten uns dann auf unseren Gegner einstellen.
Ist es der russische Killer?«
»Ich kenne keinen russischen Killer«, stammelte
Smitkov. »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden. Ich war hier zu einem
Geschäftsessen verabredet.«
»Mit Schöppe?«
Jetzt schwieg der Mann. Wenn er mehr wusste, so wollte
er es nicht preisgeben.
»Ruf du Verstärkung«, raunte Große Jäger Christoph zu.
»Ich werde ich mir die Sache aus der Nähe ansehen.«
»Ich habe eine andere Idee«, schlug Mommsen vor. »Wenn
er noch auf uns lauert, können wir nicht die freie Fläche des Parkplatzes
überqueren. Gib du mir Feuerschutz. Ich werde den Parkplatz im Schutz des
Unterholzes umrunden. Wenn ich drüben bin, gebe ich dir ein Zeichen. Dann
kannst du folgen.«
»Seid vorsichtig«, gab ihnen Christoph mit auf den
Weg.
»Und was ist mit mir? Wollen Sie mich hier allein
lassen? Das können Sie doch nicht.« Zum ersten Mal klang Smitkovs Stimme nicht
mehr gefasst.
Christoph sah ihn an. »Ich werde Ihnen hier
Gesellschaft leisten.«
»Ja, aber … Sie sind doch gar nicht bewaffnet«,
stammelte Smitkov.
»Das macht nichts«, tröstete Große Jäger. »Einen
Polizistenmord werden Sie nicht miterleben, weil der Gangster zuerst Sie
erschießt, bevor mein Kollege ihn mit Tannenzapfen bewirft.« Dann kroch der
Oberkommissar zu einem nahe gelegenen Baumstamm. Von Mommsen war nichts mehr zu
sehen.
Es war kein weiterer Schuss gefallen. Die
hereinbrechende Dunkelheit hatte den unsichtbaren Gegner verschluckt. Es blieb
nur zu hoffen, dass nicht aus Versehen ein unbeteiligter Hotelgast auftauchte
und die freie Fläche zwischen ihnen und der Hausecke betrat, von der sie
vermuteten, dass es der Standort des Schützen war. Gottlob blieb es ruhig.
Christoph hörte neben sich Smitkovs hastigen Atem. Der
hatte sich ganz flach gemacht. Es sah fast aus, als würde er sich eingraben
wollen. Mit einem unruhigen Flackern in den Augen beobachtete der Geschäftsmann
die andere Parkplatzseite. Immer wieder ließ er, ebenso wie Christoph, seine
Augen über die efeubewachsene Fassade der ehemaligen Remise gleiten. Doch alle
Fenster waren verschlossen. Rechts vom Anbau, durch einen schmalen
Grundstücksstreifen getrennt, stand ein weiteres kleines Gebäude, eine Garage,
deren Obergeschoss ebenfalls zu einem Gästezimmer ausgebaut war. Eine Treppe
führte an der Außenseite hinauf.
Jetzt tauchte vorsichtig ein Schatten hinter der
Garage auf. Ein Kopf schob sich um die Ecke, dann erschien Mommsens Gesicht.
Der junge Kommissar hielt sein Handy in der Hand und schwenkte es kurz.
Christoph sah, wie Große Jäger den Daumen in die Höhe streckte. Dann nahm der
Oberkommissar sein Mobiltelefon ans Ohr. Christoph konnte nicht verstehen, was
die beiden miteinander sprachen. Danach robbte Große Jäger ein Stück zurück.
»Mommsen sagt, auf der Rückseite der Garage bewegt
sich jemand durch das Unterholz. Er will rechts herum, während ich den
Parkplatz überquere und mich von links
Weitere Kostenlose Bücher