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Mordloch

Mordloch

Titel: Mordloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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noch mit einer jungen Passagierin flirtete und Kruschke durch das rechte Fenster seiner Lok nach hinten blickte, war nichts zu befürchten.
    Der Mann, der noch immer am Bahnhofsgebäude lehnte und jetzt sogar dem Lokführer kurz zu winkte, bemerkte die beiden Kriminalisten erst, als sie vor ihm standen.
    »Hallo Herr Seitz, einen wunderschönen guten Tag«, lächelte Häberle, »interessant, wen man hier oben alles trifft.«
    Der Forellenzüchter von der ›Oberen Roggenmühle‹ schien für einen Moment überrascht zu sein. Dann kam er vollends auf Häberle und Linkohr zu. »Einfach toll so eine Dampflok«, erwiderte er, »eine faszinierende Technik – ein krasser Gegensatz zu unserer elektronischen Zeit.«
    Der Kommissar pflichtete ihm bei, wollte aber sofort zur Sache kommen, weil der Schaffner seinen Flirt beendet hatte. »Was treibt Sie um diese Zeit hierher? Heute ist doch sicher in Ihrem Lokal die Hölle los – bei diesem Wetter!«
    Seitz lächelte verlegen. »Eine halbe Stunde kann ich mich schon mal davon stehlen«, erklärte er kleinlaut, »hab’ das Ding hier ...« Er deutete auf die Lok, »... dieses Jahr noch nicht gesehen. Jetzt, wo alle Welt drüber schwätzt, wollte ich mir’s wenigstens mal kurz anschauen.«
    Der Schaffner hob sein Schild und pfiff. Während die beiden Kriminalisten mit einem Kopfnicken das Gespräch beendeten, ergänzte Seitz noch: »Seit so viele Zeitungen drüber berichten, werd’ ich pausenlos drauf angesprochen.«
    Linkohr spurtete zum Waggon zurück und erklomm die Plattform. Häberle sprang auf den bereits fahrenden Zug auf. Für ihn als Sportler kein Problem.
    Die beiden blieben auf der Plattform stehen und winkten Seitz zu, der sich wieder vom Bahnsteig zu entfernen begann.
    »Wieso ausgerechnet in Gussenstadt?« fragte Linkohr.
    »Ja, wieso Gussenstadt?« sinnierte Häberle, »na ja – zumindest einer der kürzesten Wege von seiner Mühle drunten im Tal aus. Er fährt die Steinenkircher Steige hoch – und kann von dort ziemlich direkt Gussenstadt erreichen.« Häberle war mit seiner Erklärung zufrieden. »Das erscheint logisch, ja.« Insgeheim staunte er mal wieder, wie wenig die jungen Kollegen ihre Umgebung kannten. Keinen Bezug zu Land und Leuten, dachte er. Nur Schreibtischtäter. Wenngleich er sich über Linkohr nicht beklagen konnte. Der junge Mann war lernfähig und wusste, dass polizeiliche Arbeit nicht am Computer und in der aufblähenden Verwaltung stattfand, nicht in den Chefetagen der Direktion, wo sie sowieso alles besser wussten – sondern draußen an der Front. Doch mit dieser Erkenntnis, das befürchtete Häberle, würde es Linkohr vermutlich nie zu etwas bringen. Um sich hochzudienen, musste man ein Schwätzer sein. Wer ein halbes Berufsleben lang bei der Polizei die Drecksarbeit erledigte, nachts, im Streifendienst, bei Wind und Wetter, der hatte nur selten die Chance, goldene oder zumindest viele silberne Sternchen auf die Schulterklappen zu kriegen.
    Der Zug hatte bereits die Holzschnitzel-Anlage passiert und dampfte jetzt seinem Endpunkt entgegen. Die beiden Kriminalisten waren inzwischen wieder in das Innere des Waggons gegangen, weil es ihnen trotz des Sonnenscheins und der relativ geringen Geschwindigkeit draußen auf der Plattform zu windig erschien.
    »Da drüben treffen wir unseren Freund«, Häberle deutete nach vorne in Richtung Gerstetten, »unseren Musiker.«
    »Ist mir eigentlich ein Rätsel, wie man unter Mordverdacht Stimmungsmusik machen kann«, meinte Linkohr.
    Der Kommissar zuckte mit den Schultern. »Vielleicht haben wir uns ja wirklich getäuscht...«
    »Langsam halt’ ich in der Sache auch alles für möglich«, gestand der junge Kriminalist seufzend.
     
    »Schau’n Sie sich das an«, hallte plötzlich eine Stimme durch den Gang. Ein paar Meter weiter, auf der linken Seite, hatte einer der SEK-Beamten eine mit zwei Riegeln gesicherte Tür geöffnet.
    Bruhn eilte herbei, während Özgül zurückblieb.
    »Eine Zelle«, stellte der Beamte des Spezialeinsatzkommandos fest. In dem Raum, in dem es offenbar kein elektrisches Licht gab, lagen drei blaue Matratzen in einer Ecke ungeordnet nebeneinander. »Hier ...«, sagte der Mann und deutete auf die Toilette.
    Bruhn hatte mit wenigen Blicken die Lage erkannt. »Herr Özgül«, rief er, »was hat das hier zu bedeuten?«
    Der Geschäftsmann kam zögernd näher und schaute in die Zelle. Er zuckte wieder mit den Schultern. »Da müssen Sie meine Angestellten fragen.«
    Bruhn geriet

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