Mordloch
Welt.« Sein Lächeln wirkte gequält, sein Gesicht war fahl und müde.
»Das kann man so sagen«, erwiderte der Kommissar, »lauter alte Bekannte ...«
Der Oberbürgermeister schaute die beiden Kriminalisten an und wurde ernst. »Und Sie glauben, hier Ihren Täter zu finden?«
»Wenn Sie mich so fragen – ja.«
Die kurze Stille wurde nur von klickenden Geräuschen der zischenden Dampflok unterbrochen. Mit ihrem hellen Pfiff tat sie kund, dass es gleich weitergehen würde. Sogleich begannen die Menschen auf dem Bahnsteig, in die Waggons zu klettern.
»Nur eine informatorische Frage«, sagte Häberle, während Linkohr bereits zum Zug zurückging, »wie kommt’s, dass Herr Westerhoff von Amstetten hierher gefahren ist?«
Wühler gab sich gleichgültig. »Er ist ein großer Freund des Dampfzugvereins. Seine Frau hat uns dorthin gefahren, weil er noch was mit diesem Lokführer zu besprechen hatte?«
»Mit Kruschke?« staunte der Kommissar.
Wühler nickte. »Die beiden haben wohl mächtig Zoff.«
»Ach?« Häberle zeigte sich interessiert. »Und weshalb?«
Wühler zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich hab’s nur aus der Entfernung so gedeutet, wie sie geschrieen und gestikuliert haben. Danach war Westerhoff ziemlich aufgebracht.«
»Gesagt hat er Ihnen aber dazu nichts?«
»Nein. Ich hab’ auch nicht danach gefragt.«
»Und Westerhoff ist jetzt heimgegangen?« fragte Häberle nach.
»Ja, ich denke schon«, antwortete Wühler.
Die Lok pfiff erneut. Offenbar hatte Kruschke gesehen, dass noch nicht alle Passagiere wieder eingestiegen waren. Gerade, als Häberle weggehen wollte, machte Wühler eine eher beiläufige Bemerkung: »Westerhoff wird wohl noch einen Umweg machen – zu seiner Windkraftanlage. Dort schaut er sonntags um diese Zeit immer vorbei, hat er mir gesagt.«
Häberle hörte Linkohrs aufgeregte Stimme: »Chef, es geht weiter.«
»Und dieser andere?« fragte Häberle noch schnell.
Wühler zuckte mit den Schultern. »Der ist von Schalk-stetten aus zu Fuß weitergegangen. Seine Frau und sein Sohn wollen den Tag in Gerstetten verbringen ... Musik hören ... und das Riffmuseum besuchen.« Häberle hatte sich bereits langsam entfernt und nickte zum Abschied. Dann spurtete er los, weil die Lok bereits heftig Qualm spuckte.
Die Spezialisten des SEK hatten so ziemlich alle technischen Geräte dabei, um überall eindringen zu können. Sie konnten an glatten Wänden hochsteigen oder in tiefste Löcher kriechen. Eine Stahltür zu öffnen, war da vergleichsweise ein Kinderspiel. Mit elektrisch betriebenen Spreizgeräten ließ sich so ein Hindernis leicht beseitigen, vor allem, wenn es keine Rolle spielte, ob dabei Lärm verursacht wurde.
Es dauerte kaum zehn Minuten, bis der Schließzylinder aus dem Rahmen sprang und Metall krachte.
Özgül und sein Anwalt hatten die Szenerie von der Treppe aus verfolgt. Beide schwiegen. Als der Weg frei war, wandte sich Bruhn triumphierend an den Geschäftsmann: »Wollen Sie uns freiwillig zeigen, was Sie hier unten verstecken?« Der Angesprochene schwieg.
Die SEK-Beamten, die bereits einen Schritt durch die verbogene Tür gegangen waren, drückten auf einen Lichtschalter. Vor ihnen zuckte eine lange Reihe von Leuchtstoffröhren auf, die einen breiten Gang erhellten, von dem auf beiden Seiten Türen abzweigten. Die Wände bestanden aus rohem Sichtbeton. Am gegenüberliegenden Ende des etwa 50 Meter langen Ganges schien eine Art Rolltor zu sein.
»Das gehört alles zu Ihrem Geschäft?« staunte Bruhn und drehte sich zu Özgül um, der mit versteinerter Mine nickte.
»Und was ist da drüber?« fragte der Kripochef weiter, »wir sind hier doch bereits hinter dem Ausstellungsraum!«
Özgül schwieg.
»Ich hab’ Sie was gefragt!« herrschte er ihn an.
Der Anwalt griff ein: »Herr Özgül hat auch das Nebengebäude gepachtet – als Lagerhalle für Ex- und Importartikel.«
Die SEKler hatten inzwischen damit begonnen, die Türen nacheinander zu öffnen und in den Räumen Licht anzuknipsen. Viele waren leer, in einigen befanden sich haufenweise alte Kartons; in einem anderen stießen die Beamten auf Metallregale, in denen verstaubte Aktenordner standen. Bruhn folgte mit Özgül, dem Anwalt und Schmidt den vorauseilenden SEKlern. Sie hatten gerade die Hälfte des Ganges hinter sich, da staunte einer der Beamten, als er rechts in einen weiteren Raum blickte: »Endlich mal eine Abwechslung«, meinte er, »ein Waschraum.« Die Männer näherten sich. Bruhn
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