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Mordloch

Mordloch

Titel: Mordloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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bringen, als sich der Fremde einmischte und – eher an die umstehenden Zuhörer gewandt – mit lauter Stimme tönte: »Aber hier oben, so scheint es mir, kümmert man sich lieber um andere Dinge. Leider.« Die Dampflok ließ Überdruck ab, als wolle sie diese Feststellung untermauern.
    »Was meinen Sie damit?« fragte Häge.
    »Ich sag’ nur eines«, antwortete der Fremde, dem jetzt dicke Schweißperlen auf der Stirn standen, »Schweinestall.« Und er wiederholte, um zu bekräftigen: »Ich sag’ nur: Schweinestall.«
     
    Drüben am Horizont stiegen Dampfschwaden auf. Sarah Flemming sah durchs Fenster ihres kleinen Büros den Museumszug. Er näherte sich aus der Senke und erklomm hier in Waldhausen die Europäische Wasserscheide, die den Zufluss zwischen Rhein einerseits und zur Donau andererseits topografisch trennt – oder kontinental gesehen: Zwischen Nordsee und dem Schwarzen Meer.
    Daran freilich verschwendete die Blondine an diesem Sommervormittag keinen einzigen Gedanken. Seit Stunden zermarterte sie sich das Gehirn, was mit ihrem Ehemann geschehen sein könnte. Dass er sich mit den Ortschaftsräten Mayer und Hellbeiner gestern Abend in der ›Oberen Roggenmühle‹ aufgehalten hatte, war nur ein schwacher Trost. Denn, wo steckte er jetzt? Es war wohl zwecklos Mayer und Hellbeiner heute anzurufen. Sie würden kaum zu Hause, sondern mit dem Dampfzug unterwegs sein. Sie versuchte es trotzdem, doch es meldete sich wie erwartet niemand. Stattdessen drang der schrille Pfiff der Lok zu ihr herüber.
    Wenn die Museumsbahn fuhr, standen die Orte an der 20 Kilometer langen Strecke meist Kopf. Touristen bevölkerten dann zuhauf jedes dieser idyllischen Albdörfer. Dampfzüge hatten nichts von ihrer Anziehungskraft eingebüßt.
    Sarah drückte eine weitere Nummer und musste lange warten, bis sie eine vertraute Männerstimme hörte. »Özgül.«
    »Hi«, sagte die Frau und lächelte, »ich bin’s, Sarah.«
    Der Mann am anderen Ende der Leitung erwiderte etwas auf Türkisch, entschied sich dann aber doch für Deutsch, das er nahezu akzentfrei beherrschte: »Wenn du am Sonntag um diese Zeit anrufst, brauchst du Hilfe, hab’ ich richtig getippt?«
    Sie zögerte einen Moment und starrte auf die bunten Kringel, die der Bildschirmschoner zu malen begann. »Markus ist weg«, antwortete sie knapp.
    Sie hörte nur das Atmen ihres Gesprächspartners, der schließlich genauso kurz nachhakte: »Was heißt das?«
    »Er war gestern Abend bei einer Veranstaltung in der ›Oberen Roggenmühle‹ und ist bis jetzt nicht heimgekommen.«
    Ihr Gesprächspartner blieb stumm.
    »Ismet, mir gefällt das nicht, er ist nie einfach so weggeblieben. Ich bin sicher, ihm ist etwas zugestoßen.« Sie sah, wie die Dampfschwaden sich auflösten.
    »Ich versteh nicht, was du meinst?« Auch Ismet Özgüls Stimme wurde kühl.
    Sarah atmete schwer. »Du weißt selbst am besten, welche Alleingänge er unternimmt. Immer mehr, immer mehr ...« Sie spürte, wie ihr Blutdruck stieg. »Immer mehr ... diese Raffgier. Ismet, da kennt der keine Grenzen.«
    »Hm«, der Türke versuchte, seine Gesprächspartnerin zu beruhigen. »Du solltest jetzt in Ruhe darüber nachdenken, was zu tun ist.«
    »In Ruhe«, äffte sie jetzt ziemlich aufgebracht nach, »ist dir eigentlich klar, was es bedeutet, wenn sie Markus beseitigt haben? Ist dir das klar?« Der Türke schwieg. »Die Polizei wird hier auftauchen und das Haus auf den Kopf stellen, will wissen, mit wem er Kontakte hatte, welcher Art seine Geschäfte waren. Und, dass ich ihn jetzt irgendwann als vermisst melden muss, um mich nicht tausend Fragen ausgesetzt zu sehen? Um nicht selbst verdächtigt zu werden.« Ihre Stimme wurde lauter.
    »Sarah«, hörte sie die sonore Stimme des Mannes, »wir stehen zusammen.« Er schien zu überlegen. »Du musst ihn natürlich als vermisst melden. Aber lass’ uns noch ein paar Stunden warten.« Ismet machte eine kurze Pause. »Ich komm’ zu dir rauf«, entschied er dann, »wir müssen ein paar Dinge besprechen.«
    Sarah fühlte so etwas wie Erleichterung. »Und wir müssen Spuren beseitigen«, fügte sie hinzu.
    Der Dampfzug hatte Waldhausen in Richtung Gussenstadt verlassen.
     
    »Sie sind der Herr Wühler?« Der Fremde, der in Waldhausen aus dem Dampfzug gestiegen war, hatte sich nach dem Ortsvorsteher durchgefragt. Karl Wühler saß an einem der Biertische, an denen es kaum noch freie Plätze gab. Diese Bahnhofsfeste erfreuten sich großer Beliebtheit. Die Musikkapelle aus

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