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Mordloch

Mordloch

Titel: Mordloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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nur danach trachten, ohne ehrliche Arbeit Geld zu verdienen«, stellte er fest.
    »Der Eindruck drängt sich mir schon seit Jahrzehnten auf«, erwiderte der Kommissar. »Und glauben Sie mir, junger Kollege, bis Sie in meinem Alter sind, werden sich die Verhältnisse dramatisch geändert haben. Sie werden an meine Worte denken!«
    Linkohr nickte. »Da hab’ ich keinerlei Zweifel, bei allem, wie es sich entwickelt.«
    »Dieses ›Hartz vier‹ wird dieses Land verändern – und zwar nicht zum Guten«, prophezeite Häberle. »Die ewigen Faulenzer und Stadtschlamper wollten sie treffen – doch in Wirklichkeit strafen sie alle, die gewillt sind, einer ehrlichen Arbeit nachzugehen. Wer ein Leben lang geschuftet und gespart hat und plötzlich seinen Job verliert, weil die Firma pleite macht, fällt nach einem Jahr in bittere Armut. Ihm wird alles genommen, was er sich mit seiner Hände Arbeit erworben hat. Sein bisschen Vermögen wird abgeschmolzen – erst dann hat er Anspruch auf staatliche Unterstützung. Ich frage Sie, junger Kollege – ist das sozial?«
    Linkohr warf seinem sichtlich erregten Chefermittler einen Seitenblick zu. »Und ausgerechnet die rotgrüne Regierung hat’s angezettelt«, bekräftigte er.
    »Um ehrlich zu sein, da dreh’ ich die Hand nicht rum«, versuchte Häberle eine einseitige Schuldzuweisung zu verhindern. »Aber überlegen Sie mal: Ein Vierzig- oder Fünfzigjähriger verliert seinen Job, will wieder arbeiten, schreibt sich mit zig Bewerbungen die Finger wund, erhält aber Absagen am laufenden Band, fadenscheinige – weil er in Wirklichkeit den jungen dynamischen Bürschchen in den Chefetagen zu alt ist, dann fällt er nach einem Jahr durch alle sozialen Netze. Darf man solch einen rechtschaffenen Menschen in den gleichen Topf werfen, wie unsere ewigen Faulenzer?« Häberle war jetzt richtig aufgebracht. »So etwas kann nur in kranken Gehirnen ausgebrütet worden sein.«
    »Ganz zu schweigen von dem sozialen Sprengstoff, den keiner der Politiker überblickt hat«, ergänzte der Kollege auf dem Fahrersitz.
    »Eben«, erwiderte Häberle, »wenn die einen immer reicher werden, die Bonzen und die Abzocker, die Herren Manager, von denen die meisten nur Taugenichtse sind, und die machtbesessenen Politiker – und wenn andererseits ehrbare Bürger in die Armut getrieben werden und Arme immer ärmer werden, was glauben Sie, was dann abgeht? Es wird geklaut und eingebrochen, was das Zeug hält. Jede Großstadt kriegt ihre Bronx.«
    Linkohr hatte Mühe, in der Nähe des Bahnhofs einen Parkplatz zu finden. Er stoppte den Wagen in einer Gasse und rangierte ihn rückwärts in eine Lücke. Das Festzelt war hell erleuchtet, volkstümliche Musik drang heraus. Noch immer regnete es in Strömen. Die Gullys konnten die Wassermengen kaum schlucken.
    »Und was lernen wir aus all dem nun für unseren Fall?« suchte Linkohr nach einem Resümee, als er den Zündschlüssel abzog.
    »Dass die Zahl derer, die nichts im Sinn haben, als andere Leute aufs Kreuz zu legen, minütlich steigt.« Häberle lächelte verschmitzt. »Und manche gehen dabei über Leichen.« Er öffnete die Tür. »Hat ja auch was Gutes. Wenigstens werden wir nicht arbeitslos.«
     
     

12
    Der Betriebshof der großen Spedition in Heidenheim hatte sich im Laufe des frühen Abends mit Leben gefüllt. Die Fernfahrer waren zur Arbeit gekommen, hatten ihre Autos entlang eines Wiesengrundstücks abgestellt. Zwar würde das sonntägliche Lkw-Fahrverbot erst um 22 Uhr aufgehoben sein, doch so genau nahm man’s nie. Eine Viertelstunde vorher schon, das war so üblich, ging’s los.
    Annähernd 20 Lastzüge und Sattelschlepper röhrten auf der großen asphaltierten Fläche vor den mehrstöckigen Lagergebäuden. Die Diesel-Motoren mussten den pneumatischen Bremsdruck auf den vorgeschriebenen Wert bringen. Abgase hingen in der Luft, das Regenwasser sammelte sich in gepflasterten Rinnen und strebte den Schächten zu.
    Fahrer kletterten in ihre Kabinen, andere hantierten missmutig an der Außenseite ihres Sattelauflegers und waren innerhalb weniger Sekunden triefend nass.
    Die Begrüßung der Kollegen beschränkte sich auf ein paar wenige Worte. An Sonntagabenden, wie diesem, war die Stimmung gedrückt. Abschied von den Familien, dazu ein widerliches Wetter, das die nächtliche Fahrt alles andere als angenehm machen würde. Tagelang waren sie jetzt wieder unterwegs. Frankreich, Spanien, Portugal, einige mussten weit in den Osten, in die Slowakei und sogar

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