Mordloch
hatte.
»Gestritten«, wiederholte der Musiker, »was heißt gestritten? Er hat eine Gastspieldirektion gegründet und uns einige Male Auftritte vermittelt. Als Manager sozusagen. Aber die Konditionen waren miserabel. Er hat nur abzocken wollen.«
»Und gestern Abend ist er dann plötzlich auch aufgetaucht«, Häberle wollte nicht lange drumrum reden.
Pohl nickte. »Klar, darf er doch. Aber die Fronten waren längst abgesteckt.«
»Die Fronten?«
Der Musiker neigte den Kopf leicht zur Seite. »Wir waren uns darin einig, dass wir unsere Geschäftsbeziehungen abbrechen. Aus, fertig.« Er machte eine entsprechende Handbewegung. Marcel verfolgte das Gespräch entspannt.
»Aber entschuldigen Sie«, fuhr Pohl fort, »ich glaube nicht, dass dies der richtige Ort für ein Verhör ist. Ich muss mich auf meinen Auftritt konzentrieren.«
Häberle nickte verständnisvoll. »Nur noch eine letzte Frage, Herr Pohl: Nach dem Auftritt in der Roggenmühle sind Sie gleich heimgefahren?«
»Was soll diese Frage?« entrüstete sich der Musiker, »wir sind noch zusammengesessen, mit einigen Gästen, die noch da waren. Bis zwei oder halb drei.«
Der Kommissar lächelte beruhigend, stand auf und klopfte ihm geradezu väterlich auf die Schulter. »Viel Erfolg noch. Wir werden Sie morgen Vormittag, wenn Sie ausgeschlafen haben, mal aufsuchen. Gegen elf? Passt das?«
Pohl wollte nicht widersprechen und gab dem Kommissar seine Adresse in Heiningen, unweit Göppingens.
Der Ermittler war zufrieden und wandte sich, schon im Weggehen begriffen, noch eher beiläufig an Schindling: »Und Sie? Hatten Sie auch mit Flemming zu tun?«
Der zweite Musiker schluckte. Auf diese Frage war er überhaupt nicht gefasst. »Wie kommen Sie denn da drauf?« Es klang hessisch und seine Augen waren groß.
»Nur so«, meinte Häberle, »sagt man doch so – mitgefangen, mitgehangen, oder?«
13
Der Mann am Telefon war aufgeregt und sprach mit flüsternder Stimme, als wolle er vermeiden, dass ihn in seiner Umgebung jemand hören konnte: »Mensch, Sarah, die Sache ist verdammt heiß.«
Sie warf ihre langen blonden Haare nach hinten, lümmelte sich in den Sessel und legte ihre Beine auf den Couchtisch. Sarah fühlte sich schlapp und ausgelaugt, hatte nichts gegessen und nur zwei Gläser Whisky getrunken.
»Die Bullen waren schon da«, berichtete sie. Vergangene Nacht noch hätte sie sich über den Anruf gefreut. Aber jetzt war mit einem Schlag alles anders. Vergessen die heißen E-Mails.
»Die Bullen?« Die Stimme in der Hörmuschel des kleinen tragbaren Telefons nahm ein gefährliches Zischen an. »Weißt du, was das bedeutet?«
»Frag’ lieber, was es für mich bedeutet«, konterte die Frau, »für meinen Job, für mein Geschäft, für alles, was ich mir aufgebaut habe.« Sie war enttäuscht und traurig, schockiert und verängstigt. Ihre Gefühle fuhren Achterbahn.
»Entschuldige, Mäusle«, versuchte sie der Anrufer zu besänftigen, »ich weiß, wie dir zumute ist.« Und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Aber ich bin doch bei dir.«
Sie schwieg und besah sich die Fingernägel der linken Hand.
»Bist du noch da?« hörte sie seine Stimme.
»Ich würde mir in diesem Moment so sehr wünschen, du wärst bei mir«, sagte sie und atmete tief aus, »aber du bist nie da, wenn ich dich am dringendsten brauche.«
»Mäusle, du kennst doch meine Situation ...«
»Deine Situation«, äffte sie enttäuscht nach, »daran wird sich niemals etwas ändern.«
Er kannte diese Vorwürfe inzwischen. Doch auch sie war in all den Monaten, seit sie sich kannten, nicht bereit gewesen, sich von ihrem Mann zu trennen. Sie hatte zwar seitenlange E-Mails geschrieben, doch vor der letzten Konsequenz war sie immer zurück geschreckt. Manchmal hatte ihn das ungute Gefühl beschlichen, sie suche nur ein Abenteuer. Jetzt allerdings war eine neue Situation entstanden. Ihr Weg war frei. Seiner aber nicht.
»Wir werden in Ruhe drüber reden«, versprach er.
»In Ruhe! Heinrich, du darfst mir glauben, dass ich im Moment eine ganze Menge Probleme habe. Und du wirst mir am allerwenigsten helfen können.« Ihre Stimme klang verärgert und trotzig.
»Ich möchte dir aber helfen ...«
Sie atmete tief durch und entschied sich, ihre Gefühle zu unterdrücken. »Danke. Aber ich glaube, ich brauche jetzt erst mal Zeit, um nachzudenken und alles zu ordnen.«
Die Leitung blieb still. Sie hörte nur seinen schweren Atem. Dann sagte er ruhig und sachlich, wie
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