MordLust
meinen Sie, Lucy? Wir können es auch abblasen und versuchen, sie am Telefon zum Reden zu bringen.«
Coombs schüttelte den Kopf und rieb sich die Augen mit dem Handrücken. »Ich bin ein großer Feigling. Wenn sie mich auch nur schief ansieht, lauf ich weg.«
Jane Widdler kam um zwölf Uhr zum Park, eine Stunde zu früh. Sie hatte in der Tiefgarage der Galtier Plaza geparkt, war mit dem Aufzug auf die Skyway-Ebene gefahren und hatte zunächst die Skyways und dann die Zugänge zum Park erkundet, gefolgt von drei Polizistinnen, die von St. Paul ausgeliehen worden waren. Schließlich ging sie alle vier Seiten des Parks ab und betrat jedes Gebäude.
»Sie sieht sich an, wo sie hinlaufen kann«, sagte Flowers. Sie standen auf der ersten Etage der Parkside Lofts und blickten aus dem Fenster.
Lucas nickte. »Ja. Wir haben sie bisher immer nur auf hohen Absätzen gesehen. Jetzt trägt sie Turnschuhe.«
Nachdem sie ihre Erkundungen beendet hatte, ging Widdler über die Straße in die Galtier Plaza, holte sich in dem Subway-Laden im Imbissbereich ein Sandwich mit gebratenem Hühnchen und setzte sich an ein Fenster mit Blick auf den Park.
Jenkins saß am anderen Ende des Imbissbereichs mit drei Stücken Pizza und einer Diet Coke. »Die ist ganz schön cool«, erklärte er Lucas über Handy, während er Widdler aus den Augenwinkeln beobachtete.
Um zwei Minuten vor eins rief Lucas Del an. »Schicken Sie sie los«, sagte er.
Shrake hatte sich in der Eingangshalle eines Wohnhauses versteckt. Nun schlenderte er zur Ecke, wartete, bis die Straße frei war, ging dann bei Rot zu seinem Auto hinüber, stieg ein und blickte in den Rückspiegel. Als er Coombs um die Ecke kommen sah, fuhr er aus der Parklücke heraus und verschwand um die nächste Ecke.
Coombs sah ihn heraussetzen, fuhr zu der Parklücke und brauchte drei Minuten, bis ihr Auto gerade stand. Sie warf die erforderliche Menge Münzen in den Parkautomaten, dann begann sie um den Park herumzugehen, wobei sie immer mal wieder einen Blick hineinwarf.
»Sie kommt«, meldete Jenkins über Handy.
Lucas und Flowers standen nun hinter den Glastüren des Gebäudes gegenüber der Parkbank. Coombs ging langsam den Bürgersteig entlang und blickte ab und zu in den Park. Sie trug immer noch das blaue Hawaiikleid und hielt eine Einkaufstüte von Macy’s in der Hand. Sie wirkte dick und behäbig.
Widdler trat aus der Galtier Plaza hinaus ins Sonnenlicht und setzte eine Sonnenbrille auf. Sie hatte eine überdimensionale Tasche aus schwarzem Leder von Coach dabei, in die durchaus achtzigtausend Dollar hineinpassten. Sie überquerte lässig die Straße, war dann vierzig Meter hinter Lucy und kam immer näher.
»Lucy sieht sie nicht«, sagte Flowers.
»Das klappt schon«, sagte Lucas.
Ein Mann, der auf der Parkbank ein Sandwich gegessen
hatte, warf die braune Tüte in einen Mülleimer und ging telefonierend über die Straße, ohne sich noch einmal umzuschauen. Es war ein Cop vom Sittendezernat von St. Paul. »Ich komme«, rief Del.
»Wir sind da«, sagte Shrake. Er und Jenkins gingen an der Ostseite des Parks entlang, wo sie Widdler den Weg abschneiden konnten, falls sie zu fliehen versuchte.
Aus Lucas Sicht schien nun alles wie in Zeitlupe abzulaufen.
Coombs trottete auf die Bank zu und setzte sich ganz langsam hin. Sie wirkte müde. Die Macy’s-Tüte flatterte auf der Bank im Wind.
Widdler näherte sich von hinten. Noch zwanzig Meter, zehn, fünf. Ihre Hand griff in ihre Handtasche und kam wieder hervor.
Lucas: »Scheiße. Sie hat eine Waffe.«
Er und Flowers rannten gleichzeitig durch die Tür. Flowers brüllte: »Lucy, Lucy, Vorsicht Waffe …«
Widdler sah und hörte nichts von ihnen. Ihre Welt hatte sich auf das Ziel auf der Bank verengt, auf die fette Hippiefrau mit der wilden Mähne und der Macy’s-Tüte. Es war niemand in der Nähe, und sie war schnell, und vielleicht würde die Frau sie überhaupt nicht sehen.
Widdler hatte die Pistole in der Hand, eine zehn Zentimeter große doppelläufige Derringer mit zwei Abzugshähnen, die Leslie ihr fürs Auto gegeben hatte. »Die ist nur bis auf einen guten halben Meter genau, also musst du sie ziemlich direkt auf den Kerl richten«, hatte er gesagt. Er hatte von einem möglichen Vergewaltiger gesprochen, aber es gab keinen Grund, weshalb es bei Coombs anders sein sollte.
Während sie die Waffe hob, nahm sie irgendwo im Hinterkopf einen Aufruhr wahr, doch sie war völlig auf ihr Ziel fixiert. In diesem
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