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MORDMETHODEN

MORDMETHODEN

Titel: MORDMETHODEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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nachdem sie von dem geänderten Wochenplan gehört hatte? Das Kindermädchen wusste angeblich von nichts. Oder war sie doch unschuldig?
    Nach weiteren Vernehmungen, die Anne Lindbergh in einem Brief als grilling (»in einer Befragung ordentlich in die Mangel nehmen«) beschrieb, meinte einer der Staatspolizisten aus New Jersey: »Betty Gow ist eine sehr zarte, moralisch einwandfreie Natur, und sie steht weit über jedem Verdacht, mit den Entführern des Kindes in Verbindung zu stehen.« Damit war diese Ermittlungsrichtung erledigt. Red Johnson konnte die Tat, wenn überhaupt, nur gemeinsam mit Betty begangen haben. Da Betty aber die Unschuld in Person war, führte diese Spur ins Nichts.
    Blieb noch das Ehepaar Whatley. Auch diese beiden lebten erst seit kurzem in den USA; sie waren zwei Jahre zuvor aus England eingereist. Mr Whatley, so stellte sich heraus, hatte bei der Einstellung geflunkert. Eigentlich war er früher nie Hausangestellter gewesen, sondern Juwelier, Mechaniker und einmal sogar Arbeiter in einer Munitionsfabrik. Warum hatte er die Unwahrheit gesagt? Wohl um den guten Job zu ergattern, schloss die Polizei nach vergleichsweise milden Befragungen. Die Whatleys waren unschuldig. Ähnliches galt für die über 20 anderen Hausangestellten. Bei vielen von ihnen traten allerlei Lebensunregelmäßigkeiten und kleine Lügen zutage, doch nichts davon hatte mit der Entführung zu tun.
    Jetzt trafen auch Anrufe von Hellsehern (mit den üblichen unsinnigen Vorhersagen) ein. Erst waren die Ermittlungen zerfranst gewesen, jetzt steckten sie fest. Nichts ging mehr im Fall Lindbergh.
Lösegeld
    Eine weitere Figur, die sich nun auf den Plan drängte, war der Pädagoge Dr. John Condon. Er kam aus der Bronx und bot sich, nachdem die Lindberghs ihre Bitte um Unterhändler öffentlich gemacht hatten, als Vermittler an. Ob Condon einem Missverständnis aufsaß, wird sich wohl nie klären lassen, denn selbstverständlich hatte Lindbergh einen Verhandlungsführer vonseiten der Täter gemeint und keinen freundlichen Mitbürger.
    Vielleicht stimmt auch die Version, die Condon selbst erzählte. Er behauptete, ihm seien Briefe zugegangen, in denen die Täter ihn aufgefordert hätten, als Unterhändler zu fungieren. Das war, wie vieles in diesem Fall, nicht ganz undenkbar, denn Condon schrieb oft kurze Beiträge für die Bronx Home News , eine kleine Zeitung in der Bronx. Es konnte also gut sein, dass die Täter Condon von dorther kannten.
    Einer der Briefe schrieb die Übergabe des Geldes vor. Siebzigtausend Dollar sollten demnach in ein Kistchen vom Format einer Schuhschachtel gesteckt werden; später würden weitere Anweisungen folgen. Als Lindbergh am Telefon hörte, dass die Briefe an Condon mit Kreisen und eingedrückten Löchern unterschrieben waren, erlaubte er dem Pädagogen, nach Hopewell zu kommen, um alles zu besprechen.
    In Hopewell machte Condon sogleich wertvolle Beobachtungen. Er sah sich das Kinderzimmer noch einmal genauer an, und als Erster und Einziger entdeckte er dort eine Fingerspur am Fensterrahmen – also dort, wo ein verschmutzter Täter sie, vielleicht beim zweiten Emporklettern auf der Leiter, hinterlassen haben konnte. »Dort war der deutliche Abdruck eines linken Daumens zu erkennen«, schrieb Condon, »und er stammte sicher von einer muskulösen Person … vielleicht von einem Anstreicher, einem Schreiner oder einem Mechaniker.«
    Dass ein Daumen keine Muskelpakete verbirgt und dass noch nicht einmal ein Romandetektiv aus einem Daumenabdruckden Beruf einer Person ableiten kann, focht Condon nicht an. Er war ohnehin der Einzige, der den Abdruck gesehen hatte, und er verriet seine Beobachtung erst Jahre später.
    Lindbergh entschied, dass Condon bei den Ermittlungen mit im Boot war. Misstrauisch war er aber dennoch. Daher schickte der Colonel seinen Anwalt Breckinridge zusammen mit Condon zurück in die Bronx, wo sie auf weitere Anweisungen der Entführer warten sollten.
    Und tatsächlich liefen dort am 12. März Anrufe ein; einer von einer Person mit italienischem, ein weiterer von einer Person mit deutschem Akzent. Die Stimmen erkundigten sich unter anderem, ob Dr. Condon derjenige »aus der Zeitung« sei, was dieser bestätigte.
    Um halb neun Uhr abends klingelte ein Taxifahrer an der Tür und brachte einen Brief. Der Fahrer war von einem großen Mann mit starkem deutschen Akzent herangewunken und gebeten worden, gegen einen Dollar Bezahlung den Brief zu überbringen.
    Der Umschlag enthielt endlich

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