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MORDMETHODEN

MORDMETHODEN

Titel: MORDMETHODEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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verschwunden.
    Wenig später rückte die Presse an. Lindbergh begrüßte jeden Journalisten persönlich an der Tür, ließ Brote machen und führte die Herren in sein Wohnzimmer. Als Letzter traf Norman Schwarzkopf, der Leiter der Staatspolizei von New Jersey, ein.
    Wie viele Polizeiführer war er aus politischen Gründen berufen worden und daher auf ein gutes Verhältnis zum Colonel bedacht. Er war sofort einverstanden, als Lindbergh vorschlug, den Briefumschlag aus dem Kinderzimmer erst zu öffnen, nachdem er auf Fingerabdrücke untersucht worden war. Erstaunlicherweise war auf dem Umschlag aber kein einziger zu finden, ebenso wenig auf dem Brief selbst oder irgendwo sonst im Kinderzimmer. Und als wäre das nicht seltsam genug, las sich der äußerst krakelig geschriebene und mit Fehlern gespickte Erpresserbrief so:
    »Geehrter Herr! Halden Sie 50 000 bereit 25 000 in 20-Scheinen 15 000 in 10-Scheinen und 10 000 in 5-Scheinen. Nach zwei bis vier Tagen werden wir Ihnen mitteilen wo das Gelt abzuliefern ist. Wir warnen Sie irgentetwas zu veröffentlichen oder die Polizei zu benachrichtigen das Kind ist in gut Obhut. Echtheitshinweis für alle Briefe sind Uneterschrift und drei Löcher.«
    Die im Brief erwähnte Unterschrift bestand aus zwei ineinander geschlungenen, gemalten Ringen. Innen waren die Teilkreise ausgemalt, die beiden äußeren blau, der innere rot. In jedes der drei Farbfelder war mittig ein Loch ins Papier gedrückt.
    Um es vorwegzunehmen, die Ermittlungen ergaben zunächst rein gar nichts, obwohl sie mit gewaltigem Aufwand betrieben wurden. Alle Spuren in der näheren Umgebung des Hauses waren niedergetrampelt, das Erpresserschreiben wirkte zumindest merkwürdig, und irgendjemand hatte sich offenbar Mühe gegeben, die Fingerspuren auf den glatten Flächen des Kinderzimmers abzuwischen. Wann genau sollte die Entführung geschehen sein? Und wie konnte sie in einem Haus gelingen, das nicht nur zahlreiche Menschen beherbergte, sondern auch einen aufmerksamen Hund mit guter Nase und guten Ohren?
    Die Liste der Fragen wurde noch länger. Wer würde ein krankes, also für ihn lästiges Kind entführen, noch dazu ohne Auto (es fehlten Reifenspuren) und bei schlechtem Wetter? Und wie konnte der Täter ahnen, dass sich die Lindberghs an diesem Dienstag – ungeplant – in ihrem alten Haus aufhielten? Hatte jemand das Haus ausgespäht? Reiste er den Lindberghs hinterher? Wenn ja, wie lange schon? Und von wo aus?
    Doch selbst wenn der Täter all dies gewusst und eingeplant hätte – vielleicht mithilfe eines Mittelsmannes aus dem Haus? –, wie konnte er sicher sein, dass niemand ins Zimmer kam, während er das Kind entführte? Selbst ein Mittelsmann hätte kaum garantieren können, dass nicht der Colonel oder die Mutter, einem elterlichen Impuls folgend, plötzlich ihr schlafendes Kind sehen wollten. Die Sache wäre natürlich weniger riskant gewesen, hätte der Täter gewusst, dass Lindbergh befohlen hatte, das Kind bis zehn Uhr nicht zu stören. Doch welcher der Hausangestellten konnte diese Information unauffällig nach draußen weitergeben? Die meisten von ihnen waren abends nicht im Haus, sondern daheim.
    Ein hohes Restrisiko bestand aber auch bei perfekter Informationslage, denn das kranke Kind hätte jederzeit zu schreien beginnen können. Apropos, warum hatte das 20 Monate alte Kind bei seiner Entführung nicht geschrien?
    Auch die Konstruktion der Leiter warf manche Frage auf.Nicht nur, dass jemand fähig war, bei schlechtesten Bedingungen auf einem solchen Wackelgestell hochzuklettern, derjenige wusste offenbar auch, welcher der Fensterläden einen verbogenen Verschluss hatte. Ein hellsehender Artist?
    Die gruseligste aller Annahmen traute sich jedoch niemand auszusprechen. Der Täter musste insgesamt zweimal in dieser fürchterlichen Nacht am Kinderfenster gewesen sein. Denn als die Frauen das Haus zum ersten Mal durchsuchten, hatten sie den Erpresserbrief nirgendwo gesehen. Erst als Lindbergh und der Butler von der ersten Suchfahrt mit geladenem Gewehr und Taschenlampe zurückkehrten, lag das Schriftstück trocken und unversehrt an seinem Fundplatz am Fenster. Der Täter musste just in der Zeitspanne, in der die Männer den Weg absuchten, den Brief über die Leiter hinaufgebracht haben. Entweder war der Entführer vertrottelt oder unglaublich kaltblütig. Schlimmes stand zu befürchten.
    Am 12. Mai, das heißt zwei Monate und elf Tage nach der Entführung, wurden die zersetzten Überreste von

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