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MORDMETHODEN

MORDMETHODEN

Titel: MORDMETHODEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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dass eine andere Frau in deren Ehebett schlief.
    Ein Kollege von Frau Geyer-Iwand (sie arbeitete auch als Lehrerin) berichtete, dass die Pastorengattin von den außerehelichen Eskapaden ihres Mannes sehr mitgenommen und verletzt war: »Sie zeigte [in Gesprächen mit mir], wie viel ihr an der Beziehung zu ihrem Mann gelegen war, wie viel Gemeinsames sie trug.« Frau Geyer-Iwand, die von ihrem Mann vor Gericht als »die Frau, die ich nur in Turnschuhen und Hosen kenne«, beschrieben wurde, fragte ihren Kollegen eines Abends auf einer Klassenfahrt, »was Männer denn brauchen, um sich wohl zu fühlen«, und ob es in diesem Zusammenhang wichtig wäre, sich zu schminken. »Sie fand es verletzend, dass Frauen mit femininer Ausstrahlung besonders attraktiv für Männer sein sollen.«
    Ein Freund des Pastors berichtete hingegen, dass die Ehe der Geyers wohl streitbar, aber deshalb noch lange nicht zerstritten war. »Vielleicht hat es ja in der Familie Geyer Seitensprünge gegeben, aber das stabilisiert doch so ’ne Ehe«, sagte er bei Prozessbeginn der Berliner tageszeitung . Überhaupt würden scheinbare Beziehungsprobleme den gesamten Fall in ein falsches Licht rücken. Damit sah der Zeuge schon voraus, was den Pastor bei der Urteilsverlesung so ärgerte. »Wenn Klaus Geyer jetzt so was zu seiner Verteidigung vorbringen muss, um die Struktur der Ehe richtig darzustellen«, sagte sein Freund, »das ist doch fürchterlich peinlich, vor so einem kleinbürgerlichen Publikum.« Kleinbürger gab es in Braunschweig genug, und da die Geyers echte 68er waren, prallten hier Welten aufeinander.
    Die lockere Lebensvereinbarung des Ehepaars ist im Grunde vorstellbar. Ob sie psychisch gesund war, ist eine andere Frage. Nichts davon geht das Publikum etwas an. PastorGeyer gestand offen ein: »In unserer Ehe habe ich – und nicht nur ich, auch meine Frau – mich öfter verliebt. Wir haben es gewusst und auch wieder nicht gewusst. Wir haben es uns gesagt, wenn es besonders intensiv war und wenn wir verliebt waren. Wir haben Halt gemacht voreinander. Wenn es eine längere Beziehung gab, wenn es geschah, dann haben wir uns verklausuliert Signale gegeben.« Ob jedoch eine solche »offene« Partnerschaft in dörflicher Umgebung und in einem Priesterhaushalt mit vier Kindern und angeschlossenem Altenheim ohne Havarie durchführbar ist, bleibt fraglich.
    Wie auch immer, an besagtem Freitag hatten sich die Geyers nach der morgendlichen Katastrophe für den Nachmittag in der Stadt verabredet. Veronika Geyer-Iwand fährt gegen Mittag nach Königslutter und dann nach Braunschweig in ein Reisebüro. Dort holt sie die Flugscheine für eine gemeinsame USA-Reise ab. Die Tour soll bei Bekannten in Salt Lake City beginnen und mit einer kleinen Rundreise durchs Land enden.
    Für die Gastgeber in den USA will Frau Geyer-Iwand offenbar einige Mitbringsel einkaufen, jedenfalls sucht sie noch eine Boutique und ein Haushaltswarengeschäft auf. Nach 14 Uhr wird sie nicht mehr gesehen.
    Klaus Geyer behauptet, er sei um halb vier Uhr nachmittags mit seiner Frau verabredet gewesen. Doch zwischen zwei und halb vier Uhr wurden weder er noch seine Frau gesehen. Wo war Frau Geyer in dieser Zeit? Und wo der Pastor?
    Seine Frau sei nicht zum vereinbarten Treffpunkt gekommen, versicherte Geyer; die erste Unpünktlichkeit in 30 Ehejahren. Bis halb fünf, also eine geschlagene Stunde, will er vor einem Restaurant auf sie gewartet haben. Aber auch dort wurde Geyer nicht gesehen. »Sie hätte nie so lange auf mich gewartet!«, ergänzte der Pastor vor Gericht zur allgemeinen Verwunderung.
Ein Telefonat am Nachmittag
    Als Klaus Geyer das Warten zu bunt wird, ruft er, angeblich vom vereinbarten Treffpunkt in der Stadt aus, daheim an. Doch niemand weiß, wo seine Frau steckt. »Bis 18 Uhr bin ich in Braunschweig herumgelaufen, ziellos, aufgeregt, ängstlich. Wie Falschgeld bin ich herumgelaufen. Weil, wissen Sie, das gab’s bei meiner Frau nicht. Sie konnte sich zwar verquatschen, aber ich konnte ins Bett gehen und wusste: Die kommt wieder.«
    Schon in dieser kleinen Beschreibung steckt mindestens eine handfeste Lüge. Denn das Telefonat nach Hause führte Geyer keineswegs von Braunschweig aus. Vielmehr rief er von einem Telefonhäuschen aus an, das auf dem Weg zwischen Braunschweig und Beienrode liegt, sehr nahe am späteren Leichenfundort. Die Verbindungsnachweise der Telekom belegen das.
    Im Lauf des Freitagabends meldet sich Geyer suchend beim Bruder seiner Frau, einem

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