MORDMETHODEN
sein Betragen in Bezug auf Sittlichkeit gehört und was er selbst eingestanden habe, könne er nicht mehr länger in der Seelsorge bleiben. Falls er in ein Kloster gehe, werde er nicht vor das Diözesangericht gestellt. Als der Untersuchungsrichter Buhr das Schreiben vorhielt, brach der Pfarrer zusammen und bekannte sich zur Tat.
Später nahm er dieses Geständnis teilweise zurück, und er wollte einen Unbekannten zu der Tat angestiftet haben. In der Verhandlung am Schwurgericht verlegte er sich wieder aufs Leugnen und versicherte, er sei zur Zeit des Geständnisses nicht recht bei Sinnen gewesen. Das Geständnis habe ernur abgelegt, um von dem Untersuchungsrichter nicht wieder belästigt zu werden. Ein psychiatrischer Sachverständiger der Kaiser-Wilhelm-Universität konstatierte, dass der Angeklagte, obwohl dessen Mutter wahnsinnig gewesen sei, zurechnungsfähig sei und die angebliche vorübergehende Geistesstörung nur simuliere.
Die Geschworenen sprachen Buhr von dem Versuch der Brandstiftung frei und erklärten ihn nur für schuldig, eine Sachbeschädigung verübt zu haben. Er habe nicht die Absicht gehabt, den Schuppen niederzubrennen, da er, sobald er gesehen habe, dass es brannte, seinen Onkel und seine Tante gerufen habe, um die Löschung des Feuers in die Wege zu leiten. Das Urteil lautete auf ein Jahr Gefängnis.«
Auch die heutigen Medien erfreuen sich der Mischung, die ein Kriminalfall bietet, in dem ein Priester eine Rolle spielt. Wenn dann auch noch Sex und Insekten hinzukommen, ist die Sache perfekt. Ein Beispiel soll das verdeutlichen.
Indizien: der Fall Pastor Geyer
»Ich bitte die Kammer, diesem Spuk ein Ende zu bereiten«, waren die abschließenden Worte des angeklagten Klaus Geyer, als er am 16. April 1998 das Schlusswort vor Gericht sprach. Vielen der 140 Zuschauer hatte seine ähnlich einer Predigt empfundene Verteidigung nicht gepasst. »Amen!«, zischten sie deshalb hämisch.
Seit Anfang Februar arbeitete die Braunschweiger Strafkammer an einem Tötungsdelikt, das eigentlich kaum das Zeug für einen großen Stoff in sich trug. Dennoch war die Presse wochenlang in Aufruhr, und der Fall schaffte es sogar in die Abendnachrichten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.
Das Urteil lautete auf acht Jahre Haft. Auch die Zuschauer hatten geurteilt: Geyer war für sie ein unmoralischer, verbohrter Mensch. Als der Richter die Urteilsbegründung verlas,wurde der Priester angesichts der ins Private gehenden Anmerkungen zornig. »Unverschämtheit!«, murrte er, »das muss ich mir anhören!«
Warten auf Frau Geyer-Iwand
Das Unheil hatte am Freitag, dem 25. Juli 1997, begonnen. An diesem Tag trudelte vormittags ein Brief im Pfarrhaus der Familie Geyer ein. Frau Geyer-Iwand, die auch Bürgermeisterin des kleinen Ortes Beienrode war, erfuhr darin von einer Beziehung ihres Gatten. Der Brief war ausführlich; Absenderin war die Geliebte des Pastors.
An diesem Freitagvormittag sprachen die Eheleute ein ernstes Wort miteinander. Bis heute ist aber nicht klar, was genau geschah. Pastor Geyer schilderte die Szene so, dass seine Frau ihn angesprochen habe, als er weinend in seinem Arbeitszimmer saß. Er habe ihr dann, wohl nach Lektüre des verräterischen Briefes, gestanden, dass er in eine andere Frau verliebt sei. Seine Frau habe dann tröstend die Arme um ihn gelegt.
Obwohl sich das wie ein Rührstück anhört, könnten Teile der Geschichte stimmen. Denn offenbar hatten beide Geyers ihre Affären, und offenbar hatten sie auch darüber gesprochen. Doch im Lauf der Jahre muss sich die Lage zugespitzt haben, wie Zeugen berichteten.
Die Haushälterin sagte beispielsweise aus, dass es schon seit einigen Monaten im Haus gekracht habe. »Die ersten Jahre war es ganz liebevoll und gut. In letzter Zeit ist Frau Geyer aber auch öfter laut geworden«, meinte die Seele des Pfarrhauses. Das bestätigte auch der Pastor. Seine Frau sei »von großzügigster Zuwendung zu anderen Menschen« und habe »gleichzeitig die Fähigkeit, auch sehr schroff zu werden und Leuten etwas auf den Kopf zuzusagen«.
Auf diese Schroffheit kam Geyer noch einmal zu sprechen. Seine Frau sei manchmal auch aggressiv gewesen und hätte »über jedes Maß hinaus« übertrieben. Welches die Gründefür diese erhöhte Aggressivität und Lautstärke im Haus waren, wissen wir nicht. Immerhin wurde die Adoptivtochter der Geyers Zeugin des väterlichen Techtelmechtels. Sie war es, die nach dem Verschwinden der Mutter verstört zur Kenntnis nahm,
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