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MORDMETHODEN

MORDMETHODEN

Titel: MORDMETHODEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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eingekauft hat, werden die Beamten hellhörig. Ihnen fällt ein, dass Klaus Geyer vorab in einem Päckchen aus den Einkaufstüten Pralinen vermutet hatte. Es enthielt jedoch Eislöffel. Wie kam der Pastor darauf, dass bestimmte Pralinen in der Tüte sein könnten, die seine Frau offenbar spontan eingekauft hatte? Bewies das nicht, dass er nach den Einkäufen noch mit ihr gesprochen hatte?
    Der Montag bringt endlich Gewissheit über Frau Geyer-Iwands Verbleib. Sie liegt – mit eingeschlagenem Schädel – in einem Waldstück südlich von Braunschweig. Den Jagdpächtern, die die Leiche entdecken, fällt sofort auf, dass das Gesicht der Toten stark verletzt ist. Kriminalisten denken bei derartigen Gesichtsverstümmelungen sofort an Overkill: das von Hass getriebene Auslöschen einer anderen Person bis hin zur Vernichtung ihrer äußerlichen Züge. Doch auch das ist nur eine erste Vermutung. Hinweise auf ein Sexualdelikt oder einen Raubmord liegen nicht vor.
    Interessanter ist eine Blutlache etwa 700 Meter vom Fundort. Sie beweist, dass der Körper von Frau Geyer-Iwand von dieser Stelle (dem zufällig so genannten Pastoren-Kamp) zum Fundort gebracht wurde.
    Die Staatsanwaltschaft folgert daraus, dass der Täter die Frau auf einem Feldweg mit einem Nageleisen bewusstlos geschlagen, sie aber erst am späteren Fundort wirklich getötet hat. Der Kopf der Leiche ist so zugerichtet, dass auch die Rechtsmediziner nicht sicher zu entscheiden vermögen, ob die letzten, tödlichen Verletzungen Tritte oder Schläge waren. Sie sagen nur, dass es mindestens siebenmal zur Gewalteinwirkung gegen den Kopfbereich kam. Ein Nageleisen wird im Auto von Frau Geyer-Iwand gefunden. Es ist zu diesem Zeitpunkt aber frei von Blut oder anderen biologischen Spuren (wie auch sonst nirgendwo anders Blutspuren auftauchen). Auch Pastor Geyer konnte nicht helfen; er hatte das Nageleisen noch nie gesehen und wusste auch nicht, was seine Frau damit wollte.
    Sollte der Pastor der Täter sein: Was trieb die Eheleute Geyer dann zum Pastoren-Kamp? Vor Gericht vermutete Oberstaatsanwalt Hennecke, dass die beiden, innerlich aufgewühlt, sich sofort nach ihrem Treffen (das zur vereinbarten Zeit stattgefunden hatte) an die etwas abgelegene Stelle begeben hätten, um sich auszusprechen. Frau Geyer-Iwand hätte dem Pastor aber statt der angeblich tröstenden Worte damit gedroht, sich endgültig von ihm zu trennen.
    Da der Pastor in die Familie Iwand und auf deren Gut eingeheiratet hatte, soll für ihn durch die drohende Scheidung eine Welt zusammengebrochen sein. »Was hatte er zu verlieren?«, fragte der Staatsanwalt. »Seine Ehrenämter und die Pfarrstelle! Er hätte eine aus seiner Warte geringere Position einnehmen müssen, und er wäre dann auch nicht mehr der Schwiegersohn des berühmten Theologen Hans Joachim Iwand gewesen.«
    Diese ungewöhnliche Begründung hatte sich während der Gerichtsverhandlung mehrmals aufgedrängt, denn Geyer unterstrich gern seine Erfolge. »Also, ich erzähle jetzt meinen Lebenslauf«, hatte er am ersten Verhandlungstag gesagt. »Mein Vater und meine Mutter waren Mathematiker. In der Grundschule habe ich ein Jahr übersprungen. Auf dem Gymnasium war ich dafür ein Jahr lang krank. 1959 habe ich Abitur gemacht. Mein Berufswunsch war schwankend, denn ich habe zwei Begabungen mitbekommen, eine mathematische und eine musikalische. Mein Bruder studierte schon Mathematik. Ich schwankte, ob ich als Pianist ein Musikstudium absolvieren oder Mathematik studieren sollte.«
    Es ging weiter mit Ehrungen, Erfolgen und seinem Engagement in Verbänden. Die elitäre »Studienstiftung des Deutschen Volkes« unterstützte den Studenten Geyer, der sich anfangs für Mathematik, dann aber für Theologie als Studienfach entschieden hatte. Er gründete ein Orchester, lernte alte Sprachen und heiratete schon während des Studiums Veronika Iwand. Mit zunächst zwei Kindern zogen die Geyers auf das Landschloss von Vater Iwand, in dessen Park später auch Treffen der »Aktion Sühnezeichen« stattfanden.
    Ansonsten war der Geistliche für die Betreuung von Beienrode (knapp 600 Einwohner) und der drei kleinen Dörfer Ochsendorf, Uhry und Kleinsteimke zuständig. »Überschaubar«, wie er selbst sagte. »Ich konnte dort internationale ökumenische Versöhnungsarbeit betreiben.«
    In der Untersuchungshaft ging es hingegen weniger friedlichzu. Zusammen mit drei anderen Beschuldigten teilte er sich den kargen Raum und sammelte dort, was ihn geistig aufrecht

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