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MORDMETHODEN

MORDMETHODEN

Titel: MORDMETHODEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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erstens war Mary Boths Aussage und Personenbeschreibung sehr detailliert, und zweitens rannte just mit Auslaufen des Gutscheins Pauls Freundin Jennifer der Polizei in die Arme. Genauer gesagt, Kommissar Kevin McNiff sammelte die völlig aufgelöste Jennifer in einem McDonald’s auf, weil er ihr Schluchzen nicht mehr ertrug.
    Was ihm Bernardos Freundin dort und kurz darauf in der Amtsstube weinend erzählte, hörte sich schlimmer an als der vermutete Beziehungskrach zu Weihnachten – viel schlimmer sogar. Paul hatte Jennifer wieder einmal fast vergewaltigt und umgebracht. Auch dieses Mal war sie nur haarscharf mit dem Leben davongekommen, weil sie ihm in unwegsamem Gelände entkommen konnte. Als Jennifer zerschunden zu Hause eintraf, war sie über und über beschmutzt und kaum noch Herrin ihrer Sinne (sie sagte, die Heilige Jungfrau sei ihr auf dem Weg erschienen und hätte ihr die Kraft zum Weiterlaufen gegeben). Dennoch riefen ihre Eltern nicht die Polizei. Die Misshandelte schlief vor Erschöpfung sofort ein, und ihre Eltern waren immerhin besorgt. Jennifers Vater bequemte sich außerdem, Paul Bernardo ein für alle Mal das Haus zu verbieten, als dieser einige Tage später unschuldig an die Tür klopfte. Er wollte sich mit Jennifer verloben und hatte einen Diamantring mitgebracht.
    Als Kommissar McNiff das hörte, zog er wie selbstverständlich seinen polizeilichen Protokollblock heraus und wollte die ungeheuerlichen Vorgänge aufnehmen. Doch Jennifer lehnte ab. Sie wollte bloß das Geld zurück, das Paul sich von ihr geliehen hatte. McNiff tat wohl oder übel, wie ihm geheißen, verfasste aber trotzdem eine interne Notiz. Diese gab er den Beamten, die an der Vergewaltigungsserie arbeiteten. Damit hatten seine Kollegen einen Namen, eine Adresse, mehrere indirekte Zeugen einer vielfachen, schweren Misshandlung einer jungen Frau und obendrein die bereits vorliegende Beschreibung des Täters von den überlebenden Vergewaltigungsopfern.
    Tatsächlich staunten die Kollegen McNiffs nicht schlecht, als sie den Bericht lasen. Die dort genannte Jennifer hatte schon zweimal offiziell Anzeige gegen Bernardo erstattet. Doch trotz dieser eindeutigen Hinweise ging nur McNiff das entscheidende Licht auf. Jennifers Freund Paul fuhr, ebenso wie der Vergewaltiger am Tag vor Weihnachten, einen weißenCapri. Das war die alles entscheidende Ermittlungsbrücke zu Bernardo; er saß in der Falle.
    Am 5. Januar 1988 schrieb McNiff daher einen fünfseitigen Bericht, in dem er seine kriminalistische Kombination korrekt darlegte. Aus Versehen datierte er sein Formular aber mit dem 5. Januar 1987 (statt 1988). Der Teufel selbst hätte es sich nicht besser ausdenken können. McNiffs Bericht landete im Ordner des vergangenen Jahres – und wurde vergessen.
Die Serie geht weiter
    Auch das nächste Vergewaltigungsopfer konnte sowohl den Angreifer wie auch dessen Kleidung gut beschreiben. Da es Ende der Achtzigerjahre bereits möglich war, gute Phantombilder zu erstellen, machte sich die Polizei von Scarborough erfolgreich daran, das Gesicht des Täters auf Papier zu bringen – mit verblüffendem Ergebnis: Auf dem Phantombild war das Antlitz des leibhaftigen Paul Bernardo zu sehen. Zu dumm, dass dieser bislang noch nicht in Verdacht geraten war, zumindest nicht in der richtigen Abteilung der Behörde.
    Nach einigen Ermittlungen fand die Polizei stattdessen, dass ein Mann, der von Beruf Kurier war, dem Bild besonders ähnlich sehe. Der Bote konnte seine Unschuld aber schnell beweisen.
    Zwar hatte der Täter im jüngsten Fall wieder vom Opfer gefordert, bestimmte Sätze und Lobhudeleien aufzusagen. Doch die Vergewaltigung hatte sich weit draußen, auf halbem Weg nach St. Catherines, abgespielt. Anderer Ort, anderer Täter, fanden die Ermittler. Paul Bernardo blieb unbehelligt, und die Serie setzte sich fort.
    In der Nacht zum 15. August 1989 wurde Cathy Thompson in Scarborough an einer Bushaltestelle überfallen und vergewaltigt. Der Täter folgte dem bekannten Verhaltensmuster, wurde aber, wie alle Serientäter, zunehmend grausamer. Alser Cathy gehen ließ, gab er ihr nicht nur die übliche Drohung mit auf den Weg, sondern teilte ihr auch noch mit, was sie am Abend zuvor getan hatte und wie sie gekleidet war, als sie im Bett las. Sogar den Titel des Buches hatte er zu Cathys Grauen ausgespäht.
    Dieses Mal wurde Paul Bernardo jedoch am Tatort beobachtet. Eine Arbeitskollegin bei Price Waterhouse war gegen Mitternacht an der fraglichen

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