MORDMETHODEN
Jennifer. Paul schlug sie von Anfang an, übergoss sie mit kaltem Wasser, wenn sie fror, und erwürgte sie fast mit einem Seil, als er sie nach der Abschlussfeier ihrer Highschool heimfuhr. Eines Tages machte er entwürdigende Fotos von ihr und drohte, diese in der Kirche aufzuhängen, sollte sie ihn jemals verlassen. Die verängstigte Freundin ließ sich das alles gefallen.
Selbst als Jennifer Fotos einer jungen Filipina unter dem Bett entdeckte und als die Nebenbuhlerin auch noch fürchterlicheEifersuchtsszenen vor der Tür veranstaltete, ließ sich Pauls Freundin von ihm einlullen. Denn wenn er wollte, konnte Paul schlagartig zum freundlichsten Lebenspartner der Welt werden, der Küsschen verteilte und Liebe versprach. Das hielt ihn allerdings nicht davon ab, weiterhin Videos zu drehen, auf denen er mit der Filipina Sex hatte.
Die betriebswirtschaftliche Abteilung der Universität Toronto, an der Bernardo studierte, lag in Scarborough. Dort arbeitete er nebenher in einer Firma, die ihn meist vor Ort einsetzte, manchmal aber auch zu Kunden ins nahe gelegene Niagara Falls schickte. Im September 1986 beendete Bernardo die Universität mit dem Bachelor of Arts, arbeitete aber weiter in der Firma.
Paul kleidete sich trotz seines kargen Einkommens mittlerweile sehr gut und teuer. Nicht nur wegen dieser Marotte war er in seiner Firma bekannt. Zusammen mit einigen anderen Angestellten hatte er auch bald einen Spitznamen weg: Mitglied der MCPs, eine Kurzform für Male Chauvinist Pigs (Chauvinistenschweine).
Alkohol war allerdings nicht der Grund für Bernardos rohes und eitles Benehmen. Er trank kaum mehr als hin und wieder einen Silver-Cloud-Cocktail, den normalerweise Frauen bestellen.
Ein schicksalhaftes Treffen
Am 17. Oktober 1986 lernte Bernardo in einem Restaurant Karla Homolka kennen. Er war mittlerweile 23, arbeitete bei Price Waterhouse, belegte Fortgeschrittenenkurse in Betriebsführung und hatte seine Freundinnen derart betrogen, dass sie ihn allesamt hassten. Karla war 17 und anders als die anderen. Sie lud Paul gleich fürs nächste Wochenende zu sich ein. Im Haus ihrer Eltern im Städtchen St. Catherines hatte sie eine Party geplant.
Karla und Paul trafen sich zwar wie verabredet, gingen aberstatt zur Party ins Kino, um sich John Carpenters neuen Film Die Fürsten der Dunkelheit anzusehen. Als die beiden zurückkamen, war Karlas Party auch ohne die Gastgeberin in Gang gekommen.
Um Ruhe zu haben, schlossen sich die frisch Verliebten in Karlas Zimmer ein. Dort holte sie ein Paar Handschellen aus der Schublade. Das deutete Paul als Beginn einer Seelenverwandtschaft, denn auch er hatte stets Handschellen parat, wenn es um Sex ging. Als er Karla Minuten später in Eisen legte, fragte er herausfordernd, wie sie es fände, wenn er ein Vergewaltiger wäre. Karla antwortete: »Das wäre cool.« Paul war begeistert.
Nach St. Catherines und zurück
Ab sofort fuhr Paul jeden Donnerstagabend nach St. Catherines zu seiner neuen Liebe. Mit dem Auto benötigte er für die Strecke zwei Stunden. Karlas Eltern fanden, dass der nette Junge, der bald auch samstags und sonntags zu ihnen kam, Benzin und Fahrzeit sparen sollte. Er durfte daher – angeblich vor Karlas Tür – auf einem Sofa übernachten.
Karla machte es sich derweil zur Gewohnheit, Paul so oft wie möglich Briefe oder Zettelchen zu schreiben. (Diese täglichen Notizen wurden später als Beweismittel wichtig; da lag die Romanze aber schon in Trümmern.) Im November hatte die frisch verliebte Karla sich sogar im Reimen, genauer gesagt in der liebevollen Verballhornung eines in Nordamerika bekannten Gedichtes, geübt:
Roses are red
violets are blue
there’s nothing more fun
than a pervert like you.
Inzwischen ging es mit Paul Bernardos eigentlicher Beziehung in Scarborough steil bergab. Als er im November seine offizielle Abschlussfeier hatte, beschimpfte er seine Freundin Jennifer zuerst in der Öffentlichkeit als Hure, um ihr auf dem Nachhauseweg im Auto ein Messer an den Hals zu halten. »Du hast mir nichts als ein gottverdammtes Sweatshirt zum Schulabschluss geschenkt«, warf er ihr unter anderem vor. Als das Messer zwischen die Vordersitze rutschte, konnte Jennifer gerade noch entkommen.
Obwohl sich die Liebe von Karla und Paul zur gleichen Zeit weiter vertiefte, lief Pauls Psyche zunehmend aus dem Ruder. Am 16. Dezember 1986 überfiel er um halb elf Uhr nachts mitten in Scarborough eine junge Frau. Sie hieß Libby Ketchum, und er hielt
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