MORDMETHODEN
schwierig es ist, richtig und falsch zu trennen, wenn ein Mensch unter größtmöglicher Belastung steht, zeigte sich erneut in der folgenden Nacht. Deneen wurde einer Reihe von Männern gegenübergestellt, unter denen sie den Täter herausfinden sollte. Sie zeigte auf einen Mann namens Sylvester, der unschuldig war. Paul Bernardo war nicht unter den von den Ermittlern ausgewählten Männern. Warum auch? Noch immer hatte ihn niemand in Verdacht.
Die Presse und einige Zeugen ahnen etwas
Im Januar 1990 wohnte der Serienvergewaltiger Paul Bernardo noch immer daheim. Er verprasste sein reichliches Geld, brach aber einige Jobs bei Buchhalterfirmen gleich wieder ab, obwohl ihm dort immer bessere Gehälter angeboten wurden. Um seine geplante Nobelhochzeit zu finanzieren, hätte aber nicht einmal ein Jahresgehalt ausgereicht. Der Zigarettenschmuggel war einträglicher.
Genetische Fingerabdrücke
Wenn aus der Erbsubstanz einer biologischen Spur ein anonymes, aber einmaliges Strichmuster erstellt wird, ist das eine gute Voraussetzung, einen Täter zu überführen. Seit etwa 1993 gelingt es sogar, aus kleinsten und recht alten Spuren noch genügend DNA zu gewinnen.
Ein altes kriminalistisches Problem kann aber auch die DNA-Methode nicht lösen. Erstens müssen in einem Computer alle im laufenden Fall eine Rolle spielenden genetischen Fingerabdrücke vorliegen. Zweitens benötigt man eine gute Vergleichsprobe des Täters, und darin liegt das Problem. Es können natürlich nur genetische Fingerabdrücke verglichen werden, die erstens erfasst sind und zweitens einer Person zugehören.
Die frühesten Erfolge durch Datenlisten, in denen anonyme genetische Fingerabdrücke von zahlreichen Tatorten gespeichert wurden, ergaben daher Zuordnungen von Tatort zu Tatort. Besonders in den USA wurden an vielen Tatorten dieselben genetischen Fingerabdrücke gefunden. Es handelte sich um Spuren von Tätern, die von Bundesstaat zu Bundesstaat reisten. So entgingen sie zum einen der Verfolgung durch die örtliche Polizei. Und zum anderen wurden sie auch von möglichen Augenzeugen nicht mehr erkannt, wenn sie nach Jahren in den Ausgangsstaat zurückkehrten.
Natürlich dauerte es mitunter lange, bis die Spurenleger gefunden und ebenfalls in die Datenlisten eingetragen wurden. War das aber geschehen, konnten dem Täter alle Verbrechen vorgehalten werden, und nicht nur jenes, bei dem er geschnappt worden war.
Seine nächste Vergewaltigung beging Bernardo im Mai. Dabei erzählte er der Überfallenen, er komme gerade von einer Party (der zu Karlas 20. Geburtstag). Dieses Mal fesselte er das Opfer und kehrte wenige Minuten nach der Tat zum Ort des Geschehens zurück. Beides waren neue Verhaltenselemente. Wieder am Tatort angekommen, biss er der gefesselten Frau erst in die Brust, um ihr dann zu erklären, dass er »etwas brauche, das mich an dich erinnert«. Zwar hatte Bernardo schon früher Ausweise und Geldbörsen mitgenommen, aber nun wollte er etwas Persönlicheres. Er riss dem Opfer ein Büschel Schamhaare aus und nahm ihr Schminkset mit.
Der Polizei von Scarborough wurde es langsam ungemütlich. Einerseits musste endlich eine Öffentlichkeitsfahndung eingeleitet werden; andererseits hatte man nur sechs der mindestens 15 Vergewaltigungen der Presse gemeldet. Um dem drohenden Sturm der Entrüstung zu entgehen, griff man zu einer faustdicken Lüge. Der Täter, so behaupteten die Ermittler, hätte sich immer hinter dem Opfer aufgehalten. Nur bei der letzten Vergewaltigung sei er unvorsichtig geworden. Daher gebe es nur ein einziges Phantombild, das von der letzten Vergewaltigung stamme. Es sei erst jetzt klar geworden, dass es sich um eine Tatserie handele.
Dass Paul Bernardo in seinem weißen Capri regelmäßig über die bewachte Grenze fuhr und wegen tätlicher Angriffe und sexueller Nötigung schon mehrfach angezeigt worden war, blieb unerwähnt. Seine Akte schlummerte noch immer in den Tiefen der Schubladen.
Als nun das angeblich erste Phantombild des Täters veröffentlicht wurde, erkannten Paul Bernardos ehemalige Arbeitskollegen bei Price Waterhouse ihren Mitarbeiter sofort wieder. Doch niemand meldete sich bei der Polizei. Nur ein Bankangestellter tat, was längst hätte geschehen können. Sein Kunde Paul Bernardo, wohnhaft Sir Raymond Drive 21, geboren am27. August 1964, sei der gesuchte Mann, meldete er der Wache in Scarborough.
Doch der Hinweis ging unter, und die Hölle brach los.
Rollenspiele
Paul Bernardo war vom Wochenendsohn
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