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MORDMETHODEN

MORDMETHODEN

Titel: MORDMETHODEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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hat die polizeiliche Bearbeitung eines Falls aber großen Einfluss darauf, welche Strafe für einen Täter vor Gericht beantragt wird.)
    Hier war sie nun, die »Abmachung mit dem Teufel«. Denn der Anwalt wusste, dass Karla nicht nur bei den Morden anwesend war und geholfen hatte, die Leichen wegzuschaffen, sondern dass auch juristische Winkelzüge wenig nutzen würden: Es gab Videobänder als Beweismaterial. Also willigte er unter der Bedingung ein, dass Karla für die Morde nicht zur Rechenschaft gezogen werde. Was sein Anwaltsgewissen in diesem Moment bewegte, weiß niemand. Vielleicht glaubte Walker tatsächlich, dass Karla nur daneben stand, wenn Paul,der sexuelle Sadist, zuschlug. Die Beamten sagten Walker in derselben Nacht auch, dass Paul im Verdacht stünde, auch der »Scarborough Rapist« zu sein. Der Anwalt zuckte mit den Schultern. Davon hatte Karla nichts erzählt, und das Sperma konnte sowieso nicht von ihr stammen. Es ging ihn also nichts an. Und so waren alle zufrieden. Die Polizei beschloss, Bernardo festzunehmen, sobald der Deal mit Karla unterzeichnet war.
    Am 17. Februar war es so weit. George Walker hatte Karla erklärt, dass sie so oder so ins Gefängnis müsse, die Frage sei nur, für wie lange. Karla stimmte dem geheimen Deal also zu. Doch sie hatte noch nicht unterschrieben, da wurde die Presse unruhig. Irgendwo gab es eine undichte Stelle, und deshalb musste Bernardo noch vor den Abendnachrichten festgesetzt werden. Zwar waren die Einsatzvorbereitungen noch nicht abgeschlossen, aber es musste etwas geschehen, bevor die Presse bei Bernardo eintraf.
    Um 16 Uhr klingelten zwei Polizisten bei Paul und führten ihn in Handschellen ab. Er hatte ein schwarzes T-Shirt an und gab sich gewohnt cool. Obwohl es außer Karlas Aussage keinen Beweis gab, dass Bernardo die Jugendlichen getötet hatte, teilten ihm die Polizisten noch vor der Fahrt mit, dass er sowohl wegen der Vergewaltigungen von Scarborough als auch wegen der Morde verhaftet sei. Die einzigen sicheren Beweise waren in diesem Moment aber die genetischen Fingerabdrücke von den Vergewaltigungen.
    Im Befragungsraum wartete eine Überraschung auf Bernardo: Um ihn psychologisch zu verunsichern, hatten die Beamten eine kleine Filmkulisse aufgebaut. Da klebte der Abstammungsbaum der Familien Homolka und Bernardo an der Wand, daneben eine Landkarte von Scarborough, hier standen Kisten, auf die jemand in übergroßen Buchstaben »forensische Objekte« geschrieben hatte, dort gab es eine vergrößerte Liste mit den Namen aller Opfer und der genetischen Fingerabdrücke sowie, als unfreiwillig komische Pointe, eine Anzahl Fotosvon Bernardos Auto. »Bernardos Fahrzeug – 1989 Nissan 660 HFH« stand in großen Lettern darüber.
    »Erinnern Sie sich noch an mich, Paul?«, eröffnete Detective Irwin, der Bernardo einst besucht hatte, die erste Befragung.
    »Nein«, sagte Paul.
    Wischt sich ein Stäubchen von der Hose , schrieb Irwins Partner ins Protokoll.
    Ab sofort war aus Paul außer »no comment« nicht mehr viel herauszubringen.
     
    Mit dieser symbolischen Szene soll der Bericht über eine fünfeinhalbjährige Verbrechensserie enden, die in ihrer Bösartigkeit viele Taten der neueren Zeit in den Schatten stellt. Paul Bernardo und Karla Homolka hatten zuerst eine Stadt und dann eine ganze Gegend in Kanada paranoid gemacht. Vor allem aber raubten sie vielen Kanadiern das Vertrauen in ihre Polizei und bewirkten neben unsäglichen Ermittlungsverwirrungen die schon erwähnte Internet-Seite, auf der Wetten abgeschlossen werden, wie lange Karla Homolka noch leben wird.
    Der Hass der Bevölkerung ist bis heute (Sommer 2002) unvermindert groß. Denn Karlas »Abmachung mit dem Teufel« bewirkte, dass sie im Juli 1993 anstatt zu lebenslanger nur zu zwölfjähriger Haft ohne anschließende Sicherheitsverwahrung verurteilt wurde.
    Die fürchterlichste Pointe setzte aber Bernardos Anwalt Ken Murray. Im April 2000 wurde er von der Staatsanwaltschaft gewaltig in die Zange genommen, nachdem herausgekommen war, dass Murray die ganze Zeit wusste, wo sich die verschwundenen sechs Videobänder befanden, auf denen die Vergewaltigungen der getöteten Mädchen (darunter der 14-jährigen Leslie Mahaffy und der 15-jährigen Kristen French) zu sehen sind. Hätte Murray die Bänder, anstatt sie zugunsten seines Mandanten zurückzuhalten, sofort den Ermittlern übergeben,wäre Karla Homolkas Deal geplatzt. Denn die Filme beweisen eindeutig, dass Karla mit Elan und Freude an

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