Mordrausch
Gott, wer macht so was?«
»Wir hatten gehofft, dass Sie uns helfen könnten«, erklärte Lucas. »Sie scheinen Leute zu eliminieren, die über den Überfall auf das Krankenhaus Bescheid wissen. Vermutlich werden sie versuchen, Joe und die Zeugin im Krankenhaus zu erwischen. Wir müssen sie daran hindern.«
So etwas wie Härte blitzte in ihren Augen auf. »Keine Ahnung, ob sie in die Sache verwickelt waren. Ich weiß nur, dass sie schreckliche Angst vor Ihnen hatten. Sind Sie wirklich sicher, dass Lyle tot ist?«
»Ich habe seine Leiche vor einer halben Stunde mit eigenen Augen gesehen«, antwortete Lucas.
Sie begann, an ihrer Unterlippe zu kauen. »Ich weiß nicht, ob sie mit dieser Krankenhaussache zu tun hatten – für mich klingt das verrückt –, aber ich habe sie ein paar Mal über einen ›Doc‹ reden hören. Keine Ahnung, ob das ein Arzt im Krankenhaus ist oder jemand, der Doc heißt.«
»Kennen Sie denn jemanden dieses Namens?«, erkundigte sich Jenkins.
»Jede Kneipe hat mindestens einen Doc, aber meines Wissens gab’s im Cherries keinen«, antwortete sie. »Wie haben sie es gemacht?«
»Was?«
»Wie haben sie Lyle umgebracht?«
»Er wurde erschossen«, sagte Lucas.
Sie runzelte die Stirn. »Na ja, wenigstens hat er nicht viel gespürt. Es ist schnell gegangen, oder?«
Lucas’ Blick flackerte. Sie sah Jenkins an und dann wieder Lucas. »O nein. Was haben sie mit ihm angestellt?«
Lucas schilderte es ihr in groben Zügen. Sie begann erneut zu weinen. Sie warteten eine Weile, dann gab Jenkins ihr den Kaffee, und sie wärmte sich die Finger an der Tasse.
»Joe ist auf der Flucht«, erklärte Lucas. »In einem Wagen oder Truck auf der I-35. Wissen Sie, woher er das Auto haben könnte? Wir haben gesehen, wie er seinen Van verkauft hat, und können keinen anderen auf seinen Namen zugelassenen Wagen finden. Seine zwei Motorräder sind bei ihm zu Hause …«
»Keine Ahnung«, erwiderte sie. »Er gehört zu den Seed. Bei denen ist es kein Problem, eine Mitfahrt zu organisieren, wenn jemand bereit ist, dafür zu zahlen.«
Lucas nickte. Das klang logisch. »Okay. Wir müssen Sie hier wegbringen. Haben Sie jemanden, der die Pferde füttern kann?«
»Für ein paar Tage schon. Im Ort ist ein Handwerker, der das manchmal macht, aber den müsste ich informieren.«
»Rufen Sie ihn an.«
»Halten Sie das wirklich für nötig? Ich hab kein Geld für solche Sachen.«
»Wenn die Mörder auf die Idee kommen, dass Sie sie verraten könnten, weil Sie etwas von Lyle erfahren haben, werden sie Sie umbringen. Sie haben schon ein paar Leute auf dem Gewissen. Einer mehr macht da keinen Unterschied.«
»Ich weiß nicht, wo ich mich verstecken soll.«
»Im Holiday Inn«, schlug Lucas vor. »Der Staat übernimmt die Kosten, bis der Fall gelöst ist. In einer Woche sollte er abgeschlossen sein … Lange kann das nicht mehr so weitergehen.«
Honey Bee erreichte den Handwerker, der sich bereit erklärte, sich für dreißig Dollar am Tag um die Pferde zu kümmern.
Während sie Kleidung und einige persönliche Sachen packte, fragte Lucas: »Haben Sie Joes Telefonnummer?«
»Nein, ich … Lyle wusste sie. Sie hatten beide einen speziellen Apparat.«
»Wir kennen sie. Haben Sie ein Handy?«
»Klar.«
»Dann werden wir Sie unter Umständen bitten, Joe damit anzurufen und ihm zu sagen, dass Lyle tatsächlich ermordet wurde. Ich bin mir nicht sicher, ob Joe uns das glaubt.«
Sie hielt inne. »Und warum sollte ich Ihnen glauben?« Sie sah Jenkins an. »Sie binden mir doch keinen Bären auf, oder?«
»Honey Bee, Lyle liegt im Cherries. Wenn Sie wollen, können wir dort vorbeifahren.«
Schweigen, dann: »Ich überleg’s mir.«
»Jedenfalls wissen wir, dass Joe die Frau in dem Van nicht umgebracht hat«, fuhr Lucas fort. »Jill MacBride. Das war jemand anders. Wir haben DNS-Proben von Joe und von dem Killer. Joe war’s nicht.«
»Wirklich?«
»Wirklich.«
Sie nickte. »Klingt einleuchtend. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Joe es fertigbrächte, jemanden zu töten.«
»Trotzdem könnte er Jill MacBride entführt haben; ich weiß es nicht. Wenn nicht, hätte er keinen Grund zu fliehen. Natürlich steckt er in Schwierigkeiten, weil er sich abgesetzt hat, aber das ist nichts im Vergleich zu der Mordsache.«
»Er könnte zurückkommen und die Kneipe übernehmen«, sagte Honey Bee.
»Vielleicht muss er eine Weile ins Gefängnis«, bemerkte Lucas.
»Ich könnte das Cherries führen, solange er im Knast
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