Mordrausch
ist – das mache ich sowieso die meiste Zeit.«
»Wir hätten kein Problem damit«, versicherte ihr Jenkins. »Aber zuerst müssen wir ihn zurückholen.«
Sie tauschten ihre Handynummern aus, dann folgte sie ihnen in ihrem Truck in die Stadt. Auf halbem Weg rief sie an und sagte: »Ich möchte jetzt doch im Cherries vorbeischauen.«
»Sicher?«
»Ich will sein Gesicht sehen«, erklärte sie.
In der Kneipe wimmelte es von Polizei und Spurensicherungsleuten; Marcy und Shrake waren bereits weg. Lucas fragte einen Beamten: »Könnten wir einen Plastiksack oder so was Ähnliches kriegen, für den Unterkörper? Seine Freundin soll ihn identifizieren.«
Sobald der schwarze Plastiksack an Ort und Stelle war, führte Lucas Honey Bee zu der Leiche. Er stützte sie, als sie Lyle betrachtete. Sie nickte, schürzte die Lippen, wandte sich ab und zog Lucas von der Leiche weg. Dann stellte sie einen Barhocker auf den Boden, setzte sich und starrte die Theke an.
»Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Lucas.
»Nein.«
»Fahren Sie mit einem von meinen Leuten in die Stadt, machen Sie eine Aussage und lassen Sie sich von uns in ein Motel bringen.«
»Okay. Verdammt, das tut weh. Wenn’s Ihnen nichts ausmacht: Ich müsste mal aufs Klo.«
»Klar.«
Sie verschwand in Richtung Damentoiletten. Lucas schaute ihr nach, bis sie durch die Tür war, und gesellte sich zu Jenkins. »Sie soll mir vertrauen und nicht das Gefühl haben, dass ich sie beobachte. Ich gehe jetzt auf die andere Seite rüber. Behalt die Damentoilette im Auge, bis sie rauskommt. Sie darf uns nicht auch noch entwischen.«
In der Toilette holte Honey Bee einen Schlüsselring mit zwei Schlüsseln, einen Schlage und einen Yale, aus der Tasche, stellte sich ans Waschbecken, als wollte sie sich im Spiegel betrachten oder die Hände waschen, und lauschte. Nach ein paar Sekunden ging sie zu dem Notausgang gegenüber von den beiden Toilettenkabinen, öffnete ihn mit dem Schlage, lauschte noch einmal und trat an einen Sicherungskasten mit Vorhängeschloss, den sie mit dem Yale öffnete. Darin befanden sich zwei kleine braune Papiertüten. Sie nahm sie heraus, verschloss den Kasten wieder, wischte alles mit einem Kleenex ab, drückte die Tür mit dem Ellbogen zu, versperrte sie und schlüpfte in eine Toilettenkabine.
Dort zog sie Jeans und Slip aus, setzte sich auf die Klobrille und holte die Tüten aus der Handtasche. Zwei ordentliche Bündel Scheine – hauptsächlich Zwanziger, stellte sie zu ihrem Bedauern fest. Trotzdem kam sie auf rund achtzehntausend Dollar. Das war das Geld für heiße Ware, die nach Mitternacht hereinkam.
Sie steckte die Scheine ganz unten in die Tasche, stand auf, spülte, wusch sich die Hände, überprüfte ihr Aussehen im Spiegel, wusch sich kurz das Gesicht, trocknete es mit einem Papierhandtuch ab und kehrte zurück in den Hauptraum. Davenport winkte ihr vom anderen Ende zu, gesellte sich zu ihr und führte sie zu Jenkins, der sie für ihre Aussage in die SKA-Zentrale bringen sollte.
Als sie die Kneipe verließen, sagte Lucas zu Jenkins: »Bleib bei ihr, bis ich zurück bin. Es dauert nicht lange.«
Dann rief Sheriff Stephaniak an. »Ich habe schlechte Nachrichten für Sie«, sagte er.
»Schlechte Nachrichten sind genau das, was ich brauche. Bis jetzt ist alles zu gut gelaufen«, erwiderte Lucas.
»Dann besorgen Sie sich mal stählerne Unterwäsche«, riet ihm Stephaniak. »Ich habe Ihnen doch von den Waffen und den anderen Sachen bei Ike erzählt, oder?«
»Ja.«
»Ein Mann von der Spurensicherung ist in den Klärbehälter geklettert und hat eine leere Box des Militärs gefunden. Daneben lag eine leere Handgranatenkiste. Gut möglich, dass die Typen eine ganze Box mit M67-HE-Granaten haben.«
Lucas kratzte sich am Kopf. Ihm fehlten die Worte.
»Hallo? Sind Sie noch dran?«, erkundigte sich der Sheriff.
FÜNFZEHN
L ucas fuhr den Highway 61 nach Süden, überquerte den Mississippi nach Hastings, wechselte auf den Highway 55 zum Polizeirevier, meldete sich beim Büro des Sheriffs und wurde zur gerichtsmedizinischen Abteilung gebracht. Eine große, dunkelhaarige Frau streckte ihm an der Tür die Hand hin. »Lucas? Nancy Knott. Kommen Sie mit. Wie kann ich Ihnen helfen?«
Lucas folgte ihr in ein winziges Büro und setzte sich auf den Besucherstuhl, während sie hinter ihrem Schreibtisch Platz nahm. »Sie haben doch den Tatort der Haines-Chapman-Morde untersucht, oder?«, fragte Lucas.
»Eigentlich war es Lonny Johnson, aber ich
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