Mordrausch
»Verdammt, versuchen Sie nicht, uns an der Nase herumzuführen. Die Sache gerät allmählich außer Kontrolle. Ist Ihnen eigentlich klar, wie viele Menschen tot sind? Jemand hat schon sechs Personen umgebracht.«
»Ich war das nicht …«
»Aber irgendwie haben Sie damit zu tun«, sagte Lucas und begann, mit dem Zeigefinger auf den Tisch zu trommeln. »Unsere Beweise genügen, um die Geschworenen zu überzeugen: Sie hatten eine Beziehung mit Lyle Mack und waren befreundet mit Joe, Ike, Haines und Chapman. Wir haben das Stroh von Ihrem Hof. Aber sind Sie bereit, uns zu helfen? Nein. Sie mauern. Von Ihnen erfahren wir null.«
Sie sah Jenkins an. »Ich habe getan, was ich konnte …«
»Sie haben sich freundlich mit mir unterhalten, das stimmt«, sagte Jenkins. »Aber ohne mir etwas Wichtiges zu verraten, Honey Bee. Nicht einmal ganz einfache Sachen wie zum Beispiel, wer der Doc ist.«
»Das weiß ich nicht. Ich glaube, er ist süchtig. Joe hat mal erzählt, dass der schlimmste Süchtige, den er kennt, Arzt ist, und ich glaube, er meinte ihn. So haben sie ihn wohl kennengelernt. Er wollte Stoff von ihnen kaufen.«
»Hat Joe denn Stoff verkauft?«
Sie wandte kurz den Blick ab. »Früher vielleicht. Ich weiß es nicht so genau.«
»Herrgott«, sagte Lucas. »Hat er nun welchen verkauft?«
Langes Schweigen, dann: »Ja. Weniger verkauft als getauscht. Gegen anderes Zeug.«
»Was für Zeug?«, erkundigte sich Jenkins.
»Bürogeräte.«
»Bürogeräte.« Lucas und Jenkins sahen einander an.
»Sie haben früher ziemlich viel Büroausstattung übers Internet verscherbelt«, sagte sie. »Und Kameras und andere Sachen.«
»Mit anderen Worten: Hehlerware«, stellte Lucas fest. »Aus Einbrüchen.«
»Wahrscheinlich.«
»Und wo haben sie das Zeug deponiert?«, fragte Lucas. »In der Kneipe und bei ihnen zu Hause war nichts.«
Honey Bee begann zu weinen. Nach einer Minute hörte sie auf, um zu überprüfen, welche Wirkung das auf Lucas und Jenkins hatte. Als sie ihre versteinerten Mienen sah, rief sie: » Was? «
»Wo haben sie es deponiert?«, wiederholte Lucas.
Wieder langes Schweigen. Dann: »Sie haben ein Lager draußen in Lake Elmo.«
»Wissen Sie, wo das genau ist?«
»Ja.«
»Haben sie die Medikamente von dem Krankenhausüberfall da rausgebracht?«
» Über den Krankenhausüberfall weiß ich nichts. «
Sie versuchten noch eine Weile, sie in die Enge zu treiben, dann sagte Lucas zu Jenkins: »Ich glaube, wir bringen sie nach Ramsey County.«
»Was bedeutet das?«, fragte Honey Bee.
»Eine Weile im Gefängnis«, antwortete Lucas.
Sie dachte an das Geld in ihrer Handtasche. »Nein. Sie haben mir versprochen, dass wir zu einem Hotel fahren.«
»Das Risiko, dass Sie abhauen, ist mir zu hoch«, erklärte Lucas. »Sie stecken bis zum Hals in der Sache drin.«
»Wenn Sie mich in den Knast stecken, besorge ich mir einen Anwalt und sage kein Wort mehr. Ich versuche ja, Ihnen zu helfen. Vielleicht wird es leichter, wenn Sie andere Fragen stellen.«
»Ich bin mir nicht so sicher, ob Sie uns überhaupt noch helfen können«, sagte Lucas. »Obwohl Sie mit einer Anklage wegen Mordes rechnen müssen, mauern Sie.«
»Ich helfe Ihnen mit Joe«, versprach sie. »Wer sonst soll ihn zum Reden bringen? Wem sonst vertraut er? Ohne mich sind Sie aufgeschmissen«, sagte sie.
Lucas sah Jenkins an. »Was meinst du?«
Bevor Jenkins antworten konnte, fuhr Honey Bee fort: »Ich habe meinen Truck, meine Pferde und meine Farm. Ich kann mich nicht absetzen. Ich bin dreiundvierzig Jahre alt und besitze sonst nichts.«
»Steht in Ihrem Führerschein nicht sieben- oder achtunddreißig?«, fragte Jenkins.
»Vielleicht hab ich ja ein paar Jahre unterschlagen.«
Lucas rief Marcy an, erzählte ihr von dem Stroh, dem Lager und Honey Bees Bereitschaft, mit Joe zu reden.
»Er geht nicht ran, obwohl sein Telefon klingelt, immer noch irgendwo in Kansas«, sagte Marcy. »Ich habe ein schlechtes Gefühl. Wahrscheinlich haben sie es weggeworfen.«
Lucas und Jenkins fuhren mit Honey Bee nach Lake Elmo zu dem Lager und baten den Verwalter, die Einheit zu öffnen. Der Boden war mit Holzpaletten bedeckt, auf denen sich Fernseher, Monitore und Computer, darunter auch ein halbes Dutzend Apple-Laptops, ein Sortiment Wüsthof-Messer, Papierschredder, Drucker, Lautsprecher, Receiver, Blu-ray- und DVD-Player, ein Dutzend GPS-Geräte, sechs ziemlich neu wirkende 25-PS-Yamaha-Außenbordmotoren und ein Snowmobile stapelten.
Keine Arzneien, denn
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