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Mords-Bescherung

Mords-Bescherung

Titel: Mords-Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Weidinger
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Bauch. Der hatte genug mit seinem eigenen
Revier zu tun. In Wirklichkeit war er froh, nicht auch noch die Arbeit des
jungen, dynamischen Christkindes übernehmen zu müssen. Und nur weil man seine
Weihnachtsmannmütze am Tatort gefunden hatte und er dummerweise für die Tatzeit
kein Alibi hatte, musste man ihn doch nicht gleich verhaften. So, so, Sie sind
der Meinung, dass ich zu emotional reagiere und als sein oberstes Rentier
obendrein befangen sei? Nun, ich gebe zu, Sie haben recht. Eigentlich hätte ich
den Fall an einen Kollegen abgeben sollen. Aber Sie haben ja keine Ahnung, was
für Stümper im Weihnachtsdezernat herumlaufen. Und außerdem hatte ich jetzt
meine Spur. Sie wissen bestimmt, worauf ich hinauswill. Fragen Sie sich doch
einmal, wer davon profitiert, wenn sowohl das Christkind als auch der
Weihnachtsmann aus dem Verkehr gezogen werden und Weihnachten somit ausfällt.
Nein, es sind nicht die Zeugen Jehovas. Es ist dieser plüschige Kerl, der
einmal im Jahr sämtliche Hühnerställe plündert, den unschuldigen Hennen ihre
Eier klaut und sie dann bunt bemalt an den unmöglichsten Orten versteckt. Und
er hatte seine Spuren hier am Tatort hinterlassen. Denn das waren eindeutig
Hasenspuren, die vom Tatort wegführten und sich im Wald verloren. Hatte ich
also den Osterhasen erst einmal gefunden, so hätte ich auch das Christkind
gefunden. Der Fall war so gut wie gelöst.
    Meine Laune hatte sich beträchtlich verbessert, als ich mich in die
Luft erhob, um mich auf die Suche nach dem Tatverdächtigen zu machen. Ich
wusste auch genau, wo ich ihn finden konnte. Zu dieser Jahreszeit hielt er sich
gern in wärmeren Gefilden auf. Also nahm ich Kurs auf die Osterinsel. Sollten
Sie jemals zu Weihnachten in ein Flugzeug gestiegen sein, wissen Sie bestimmt,
dass das kein Honiglecken ist. In der Luft ging es zu wie auf einem
Rummelplatz. Gott und die Welt schienen in diesen Tagen irgendwo hinzuwollen.
Ich frage mich bis heute, wieso man es die stille Zeit nennt. Aber gut, nachdem ich einer Kollision mit einer Boeing 747 nur
durch ein waghalsiges Ausweichmanöver entgangen war und auch den frechen
Möwenschwarm hinter mir gelassen hatte, landete ich schließlich doch halbwegs
sicher auf der Osterinsel. Ich wollte die Sache einfach nur schnell zu Ende
bringen. Notfalls würde ich den Verdächtigen an seinen langen Ohren ziehen und
so lange durchschütteln, bis er gestand.
    Ich musste nicht lange nach ihm suchen. Er saß in aller Ruhe an
einen dieser Moai gelehnt, Sie wissen schon, diese steinernen Figuren mit den
finsteren Gesichtern, und genoss die Aussicht. Ich baute mich vor ihm auf und
sah ihn mit durchdringendem Blick an. Er schien ehrlich überrascht, mich zu
sehen.
    »Du bist doch Rudolf das Rentier?«, erkundigte er sich mit
Unschuldsmiene.
    »Für dich Inspektor Rudi Rednose«, sagte ich und verlieh meiner
Stimme den nötigen autoritären Klang.
    »Auch gut.« Er zuckte mit den Schultern. »Was führt dich auf die
Osterinsel, Inspektor Rednose? Solltest du nicht am Nordpol sein und den
Schlitten des Weihnachtsmannes ziehen?«
    Ha … das war doch … Als ob er nicht wüsste, dass der Weihnachtsmann
zurzeit … na sagen wir mal: verhindert war.
    Am liebsten hätte ich ihn angebrüllt, er solle sofort das Christkind
wieder herausrücken. Aber so einfach war das nicht. Ich musste ihm eine Falle
stellen.
    »Dafür, dass du hier so gemütlich in der Sonne brätst, ist dein Fell
aber noch reichlich blass. Du bist wohl noch nicht lange hier?«
    »Nein, ich bin gestern erst angekommen«, sagte der Osterhase und
strich sich dabei in aller Ruhe das Fell seiner Ohren glatt.
    »Aha, und von wo bist du gekommen, wenn ich fragen darf?«
    »Aus den Alpen.«
    »Aus den Alpen«, wiederholte ich die Worte des Osterhasen auf eine
überaus provozierende Art. »Und was, bitte schön, hattest du in den Alpen zu
suchen?«
    »Ich habe meine Tante Adelheid abgeholt. Sie ist schon eine alte
Hasendame und hat es mit den Hinterläufen. Da hab ich mir gedacht, so ein
Ausflug in die Wärme tut ihr sicher gut.«
    Tante Adelheid, Hinterläufe. Die Geschichte wurde immer
tolldreister. Entweder war er tatsächlich das Unschuldslamm, als das er sich
hier verkaufte, oder der falscheste Hase, der mir je begegnet war. Das galt es
herauszufinden. Und so beschloss ich, nicht mehr länger um den heißen Brei
herumzureden, und stellte eine direkte Frage.
    »Und als du da so durch die Alpen gehoppelt bist, da bist du nicht
zufällig dem Christkind

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