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Mords-Bescherung

Mords-Bescherung

Titel: Mords-Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Weidinger
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mit Berührungen zu. Erst noch
zaghaft, vorsichtig tastend, dann aber schon selbstsicherer, begehrend,
fordernd. Statt Blicke trafen sich nun Lippen, Gefühle bahnten sich ihren Weg,
der finsteren Vergangenheit erstand leuchtend hell ein neuer Tag.
    VII.
    Damit hätte es sein Bewenden haben können. Doch der Jäger,
noch trunken von der goldenen Nacht, begehrte einen Nachschlag. Und er fand, er
war es auch dem Knaben schuldig, nicht sofort anderen Dingen seine
Aufmerksamkeit zuzuwenden, denn ohne Edward wäre er schwerlich so schnell an
sein Ziel gelangt. Und während er den halben Tag mit dem Jungen durch das
Semmeringgebiet tollte, ließ er sich von diesem überreden, mit Sohn und
Mutter Weihnachten zu feiern. Er ertappte sich schließlich sogar dabei, extra
für die Bescherung Geschenke und einen kleinen Christbaum zu besorgen.
    Der iPod war nicht billig gewesen, beinahe so teuer wie die Ohrringe
für die Mama, doch Edwards grenzenlose Begeisterung schien eine ansprechende
Entschädigung zu sein. Man saß in der Suite von Edwards Mutter um den Baum,
dessen brennende Kerzen den Raum in ein magisches Licht hüllten, sang
Weihnachtslieder und tauschte Geschichten aus. Edward wich den ganzen Abend
nicht von des Jägers Seite, und man mochte den Eindruck haben, dieser sei sein
Vater und nicht der betrügerische Schurke, der das Herz der Mutter so grausam
zerrissen hatte. Und diesmal war Edward wild entschlossen, sich nicht ins Bett
schicken zu lassen. Es war Weihnachten, da mussten einfach andere Regeln
gelten.
    Aber Edward hatte seine eigenen Kräfte überschätzt. Zwar gewann er
das Wortgefecht mit der Mama – dies dank des Jägers eloquenter Fürsprache –,
doch verlor er schließlich den Kampf gegen seine Müdigkeit. Edward unterdrückte
ein Gähnen und war eingeschlafen, noch ehe er den Gedanken, angesichts der
tiefen Freundschaft, die ihn mit dem Jäger verband, könne er großzügig der
Mutter auch ein wenig von dessen Gesellschaft zugestehen, zu Ende gedacht
hatte.
    VIII.
    Er vermochte nicht zu sagen, wovon er mitten in der Nacht
geweckt worden war. Um ihn herum war alles dunkel, sodass seine Augen eine Zeit
brauchten, um sich in der Kammer zurechtzufinden. Endlich wurde er des Umstands
gewahr, dass seine Mutter nicht in ihrem Bett lag. Wo mochte sie nur sein?
    Neugierig geworden, stand der Knabe auf und schritt zur Tür. Aus dem
Wohnsalon der Suite drang matter Schein, was Edward veranlasste, die Pforte zu
öffnen. Wie von einem Peitschenschlag getroffen, taumelte er zurück. Unter dem
Baum lag die Mama. So nackt, wie er sie noch nie zuvor gesehen hatte. Und auf
ihr bewegte sich der Freund rhythmisch auf und ab. Just an jener Stelle, an der
Edward dieses kümmerliche Zipfelchen besaß, mit dem er Wasser ließ, da wuchs
aus dem Freund ein großes Messer, mit dem er immer und immer wieder auf die
Mama einstach. Die Mutter war auch schier verzweifelt, denn sie verdrehte die
Augen, stöhnte und wand sich unter dem verderblichen Tun des Mannes.
    Edward durchflutete nun kein Glücksgefühl mehr. Purer Hass entstand
in ihm. So war das also! Der Mann hatte sich sein Vertrauen erschlichen, um der
Mutter ein Leid anzutun! Wahrscheinlich kam er sogar vom Vater, der ihn
ausgeschickt hatte, die Mutter zu beseitigen, damit er mit seiner Sekretärin
dort weitermachen konnte, wo die Mutter ihn ertappt hatte.
    Edward vermochte nicht zu sagen, welcher Zorn in ihm überwog. Jener,
den er ob des schändlichen Anschlags auf seine Mutter empfand, oder jener,
welcher aus der Enttäuschung gespeist wurde, dass er einem Fremden Vertrauen
geschenkt hatte, der ihn nun so schändlich hinterging.
    Ohne sich mit einer Klärung dieser Frage aufzuhalten, schritt Edward
zur Tat. Er griff sich das am Tisch liegende Benzinfeuerzeug des Fremden und
schleuderte es brennend gegen den Weihnachtsbaum, dessen Zweige Feuer fingen.
Danach schnappte er sich das Kleid der Mutter und warf es hinterher, damit die
Flammen ordentliche Nahrung fanden. Dann erst stürzte er an dem Paar vorbei auf
den Flur, wo er wie besinnungslos die Stiegen abwärtsrannte, ohne sich noch
einmal umzudrehen.
    IX.
    Wiewohl das Hotel gemeinhin einen hervorragenden
Brandschutz aufwies, schlug der Alarm in dieser Nacht nicht an. Ein vorwitziger
Angestellter hatte ihn mit der später gelieferten Begründung abgeschaltet, er
habe verhindern wollen, dass es wegen der zahlreichen Christbäume in den
einzelnen Zimmern zu einer Fülle von Fehlalarmen komme. Durch diese

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