Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)
Universität, die da unten auf Schatzsuche sind.«
Sandra durchquerte einige Räume und stellte beruhigt fest, dass immer wieder Schilder den Weg zum Ausgang wiesen. Sie zog ihr Handy heraus, doch es gab keinen Empfang.
»Toll«, sagte sie.
»Die Reise zum Mittelpunkt der Erde«, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihr. Sandra zuckte zusammen und fuhr herum.
12.
»Geben Sie dem Mann Tabletten, die ihn glücklich machen«, sagte Wolf Gabriel am Telefon.
»Ich verstehe nicht«, antwortete der Gefängnisdirektor.
»Schießen Sie ihn ab, machen Sie ihn high. Irgendwelche Pillen, wir brauchen einfach noch ein wenig Zeit. Auf keinen Fall darf ihm etwas passieren.«
Ja, das fehlte noch, dass er einen Bayern auf dem Gewissen hatte. Gut, er hatte ein paar Tage gebraucht, aber langsam konnte er dem hiesigen Menschenschlag tatsächlich etwas abgewinnen. Da wurde nicht herumgeeiert und gelabert, sondern Klartext geredet. Und genau genommen hatte selbst Maximilian Veitlinger ihm völlig freie Hand gelassen.
In seiner Wut, Hamburg für ein paar Wochen verlassen zu müssen, hatte er nicht nur das Essen in Grund und Boden verdammt, sondern war fest davon ausgegangen, dass man ihn ständig mit Trachtenkapellen belästigen würde. Ja, er hatte sich das geradezu herbeigewünscht, um seine Vorurteile bestätigt zu sehen.
Aber nein, man ließ ihn in Ruhe, und bei Licht betrachtet war selbst seine etwas seltsame Pensionswirtin eine Seele von Mensch. Gabriel überlegte, ob er die Frau um eine Kopfschmerztablette bitten sollte, verwarf den Gedanken aber sofort.
Mutter schnupperte an den Hälsen der drei auf dem Boden stehenden Rotweinflaschen.
»Gut, dass du mich erinnerst«, sagte Gabriel und verstaute die Flaschen in einer Plastiktüte. Fehlte noch, dass die Wirtin ihn für einen Säufer hielt.
Eine halbe Stunde später betrat er das Büro von Max Veitlinger, der ihn mit einem munteren »Und wo steckt Ihr Hund?« begrüßte.
»Frisst sich wahrscheinlich gerade bei meiner Pensionswirtin die Wampe voll«, sagte Gabriel und setzte sich an den Schreibtisch.
»Tut mir leid, aber unser Start war wohl etwas holprig«, sagte er und war erleichtert, als Veitlinger lediglich freundlich nickte, ohne in ein ellenlanges Problemgespräch einzusteigen.
Gabriels Recherchen mithilfe von Sandras Tablet-Compu ter hatten keine brauchbaren Ergebnisse gebracht. Berkens tauchte lediglich mit ein paar Einträgen auf, die sich hauptsächlich auf sein Studium bezogen. Außerdem war er wohl eine Zeit lang in einem Lebensmittelkonzern angestellt gewesen, aber anscheinend nicht mehr als ein paar Monate. Den Rest des Abends hatte Gabriel damit verbracht, über eine Webcam den Hamburger Hafen zu betrachten.
»Dieser Ludwig Eberl hat sich erkundigt, ob es Fortschritte im Fall des zerstückelten Berkens gibt«, sagte Veitlinger.
»Der Beamte vom Liegenschaftsamt? Was geht den das an?«
»Wahrscheinlich will er herausfinden, wann das TÜV -Gelände wieder für eine Zwischenvermietung zur Verfügung steht. Beamte halt.«
Plötzlich gab der Tablet-Computer einen Ton von sich, und auf dem Schirm erschien das Bild des Kieler Rechtsmediziners Henning von Steeken.
Gabriel fand den grünen Button, mit dem er das Gespräch annahm. »Woher hast du …«
Von Steeken runzelte die Stirn.
»Du hast versucht, mich zu erreichen, so um halb zwei Uhr nachts, kann das sein?«
»Entschuldige«, sagte Gabriel und sah kurz zu Veitlinger hinüber. Als er überzeugt war, dass dieser die erstaunte Nachfrage von Steekens nicht mitbekommen hatte, verließ er mit dem Computer das Büro.
»Schaffst du es nicht allein?«, fragte von Steeken und grinste. Gabriel hatte den Rechtsmediziner bei seinen Er mittlungen auf den Nordseeinseln kennengelernt, und seitdem verband sie so etwas wie eine Fernfreundschaft. Zwei-, dreimal im Monat telefonierten sie miteinander. Von Steeken befand sich gerade an seinem Arbeitsplatz in der Kieler Rechtsmedizin, denn neben seinem Kopf entdeckte Gabriel einen sehr blassen Fuß, an dessen Zeh tatsächlich ein kleiner Zettel baumelte.
»Wie ist es da unten in Bayern?«, fragte von Steeken. »Ge nießt du die Landschaft, die Wirtshäuser, Theater und Museen?«
»Kommt noch«, sagte Gabriel, der sich inzwischen durchaus vorstellen konnte, Münchens Reize noch besser kennenzulernen. Zumindest die, die nichts mit Dirndln und lederbehosten Männern zu tun hatten.
»Und in Kiel?«
»Regen von oben und unten. Du kannst mir glauben, ich beneide dich.
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