Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)
kurze Zeit später Sebastian, der in die Knie ging und Mutter streichelte. Sofort warf sie sich auf den Rücken und streckte alle viere von sich.
Sebastian lächelte zu Gabriel auf. »Vermutlich dasselbe wie Sie. Ich schaue mir den Tatort an.«
»Ob das der Tatort ist, wissen wir ja noch gar nicht.« Sandra lächelte ebenfalls.
»Dann eben der Fundort. Meine Kollegen scheint der Fall nicht so sehr zu interessieren. Mich schon. Ich habe nämlich nicht vor, den Rest meiner Laufbahn in diesem Kaff zu bleiben.«
»Ehrgeizig?«, fragte Gabriel.
»Na klar.« Sebastian schaute ihn offen an. »Das ist ja nichts Schlimmes.«
»Ganz im Gegenteil. Das ist doch sehr lobenswert.« Der junge Polizist gefiel Gabriel. Er mochte es, wenn jemand geradeheraus war und nicht lange um den heißen Brei herumredete. Und außerdem durfte er nicht außer Acht lassen – Sebastian wohnte in Tutzelwang und kannte die Leute, auch wenn er eine Zeit lang fort gewesen war.
Nebeneinander spazierten sie durch den Wald dorthin, wo die Techniker gerade das Band zusammenrollten. »Grüß euch«, sagte Sebastian zu den Männern. »Na, Elmar, was schreibst du denn am Wochenende in deiner Kolumne? Wohl hoffentlich nichts über die beiden Toten?« Er grinste den Spusi-Mitarbeiter an, dem die Kamera gehörte.
Elmar wurde rot. »Natürlich nicht. Das darf ich ja gar nicht. Ich arbeite für das Tutzelwanger Wochenblatt«, erklärte er dann Gabriel und Sandra ungefragt. »Nebenher. Ich wollte nämlich eigentlich Journalist werden.«
»Ach«, sagte Gabriel. »Und warum sind Sie’s nicht geworden?«
»So gut war ich dann wohl auch nicht«, sagte Elmar. »Aber für die Kolumne im Wochenblatt reicht’s, und manchmal schreib ich auch über andere Dinge. Wenn unser Kaninchenzuchtverein einen Preis gewonnen hat oder über die Landfrauentagung oder den Osterbasar.« Er zuckte mit den Schultern. »Ist nix Besondres, aber macht Spaß und ist was anderes.«
Das war in der Tat wahr.
»So, jetzt müssen wir aber. Mach’s gut, Sebastian, bis bald. Auf Wiedersehen«, sagte Elmar zu Wolf und Sandra.
»Tja, hier war wohl nichts zu finden«, sagte Gabriel zu Sebastian. »Trotzdem wollen wir uns mal ein bisschen umsehen. Kann man in das Kloster rein?«
Sebastian schüttelte den Kopf. »Nein, das ist zu. Da wohnt schon lange niemand mehr, bestimmt an die fünfzig Jahre. Man kann höchstens um das Gebäude herumgehen, da gibt es im Innern einen Kräutergarten. Kommen Sie mit, ich zeig Ihnen, wo’s reingeht. Das ist die einzige Stelle, die offen ist.«
Kurze Zeit später befanden sie sich in einem verwilderten Garten, der von den Klostermauern umgeben war. Wilde Rosen, Efeu und Clematis wucherten an den Mauern.
»Sieht ein bisschen aus wie das Dornröschenschloss«, flüsterte Sandra.
»Warum flüsterst du denn?«, fragte Gabriel.
»Ich weiß nicht, irgendwie hat das alles so eine heilige Ausstrahlung.« Sandra zuckte mit den Schultern.
»Seit wann bist du denn religiös?«, fragte Gabriel ungläubig, während Mutter mal wieder wie verrückt an der Leine zerrte.
»Bin ich gar nicht, aber es ist so schön ruhig hier. Seid doch mal ganz still und lauscht einfach nur«, sagte Sandra.
Gabriel schüttelte den Kopf, sagte aber nichts mehr, und auch Sebastian schwieg kurz. Mutter, die sich offenbar erschrocken hatte, weil plötzlich niemand mehr etwas von sich gab, ließ sich ratlos auf ihr Hinterteil sinken.
Sandra hatte recht. Man konnte die Stille förmlich hören. Lediglich ein einsamer Vogel tschilpte leise vor sich hin, und ganz in der Ferne tuckerte ein Traktor über ein Feld. Aber ansonsten war hier nichts. Absolute Ruhe.
»Ich hab schon mal überlegt, für eine Woche oder so in ein Kloster zu gehen«, sagte Sandra leise, und Gabriel wartete nur noch auf das Geständnis, dass sie auch mal vorgehabt habe, Nonne zu werden. »Eine Freundin von mir macht das regelmäßig. Sie geht in ein Schweigekloster und hat dort sieben Tage lang ihren Frieden.«
»Interessant«, sagte Gabriel, der sich wirklich jede Urlaubsform vorstellen konnte, bloß kein Kloster. Die Vorstellung, sieben Tage lang nichts sagen zu dürfen, fand er unerträglich. Nicht dass er vor Mitteilungsbedürfnis platzen würde, aber er wollte schon selbst bestimmen, was er tat und was nicht.
»Mutter, herrje!«, schnauzte er dann den Hund an, der wieder unruhig wurde.
»Jetzt lassen Sie ihn doch mal laufen«, sagte Sebastian.
»Es ist wegen der Schonzeit. Da sind ja überall Schilder«, klagte
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