Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)
allein sein und nachdenken.
Eine voll ausgestattete Folterkammer, die ganz offenbar benutzt wurde. Eine Frau, die behauptete, in dem Gebäude nach dem Rechten zu sehen, und auf seine Fragen ziemlich ungehalten reagiert hatte. Die Frau. Er musste sich diese Frau noch mal vorknöpfen. Er überlegte kurz, dann holte er wieder das Handy hervor und rief in der Tutzelwanger Polizeistation bei Schmerbauch an, der sich unwirsch meldete. Gabriel fragte ihn, wo das Marialob-Kloster sei, und Schmerbauch sagte, das wisse ja wohl jeder.
»Ja, jeder, der hier wohnt. Ich leider nicht. Also, wo ist es?« So langsam hatte er genug von Schmerbauchs Art.
»Warum?«
» HERR SCHMELLBACH! «, brüllte Gabriel, dessen Geduldsfaden nun gerissen war. » ICH WERDE DAS NICHT MIT IHNEN DISKUTIEREN! SIE GEBEN MIR JETZT DIE GEWÜNSCHTE AUSKUNFT, UND ZWAR AUF! DER! STELLE! «
Er konnte sehen, dass Mutter, und hören, dass Schmerbauch zusammenzuckte. Dann nannte er ihm die Adresse, und da fiel Gabriel ein, dass er ja gar kein Auto hatte. »Es wäre nett, wenn Sie mich von hier abholen und dorthin fahren würden«, sagte er. »Oder nein, warten Sie mal. Vielleicht fährt ja gleich der Bus, dann komme ich erst noch mal rein.« Er wollte sich ein wenig frisch machen und sich vielleicht aus der Pension ein neues Hemd holen. Diese Hitze! Und der Bus fuhr jede Stunde, das hatte Sebastian gesagt. Vielleicht hatte er Glück.
»Mit dem Bus wollen Sie herkommen?«, fragte Schmerbauch.
»Ja, mit dem Bus.« Gabriel verdrehte die Augen. Schmerbauch tat so, als wäre es etwas ganz Außergewöhnliches, mit dem Bus zu fahren.
»Der fährt doch heute nicht«, sagte Schmerbauch. »Es gibt zwei Busse, die diese Strecke fahren, und beide sind gleichzeitig kaputtgegangen. Die muss der Erwin in der Werkstatt erst wieder richten.«
Gabriel runzelte die Stirn. Er war sicher, dass Sebastian gesagt hatte, er sei mit dem Bus gekommen.
»Dann holen Sie mich doch bitte hier ab«, sagte Gabriel.
»Mmpf«, machte Schmerbauch und legte auf. Wahrschein lich würde er sich viel Zeit lassen. Gabriel rief Sandra an, während er die Straße in Richtung Tutzelwang entlangging.
»Es gibt ihn noch«, sagte sie sarkastisch.
»Hör mal zu.« Gabriel erzählte ihr von der Frau, berich tete von seinem Fund im Keller und auch von dem Bus, der nicht fuhr.
»Doch, das hat Sebastian gesagt«, bestätigte sie. »Was sollen wir jetzt mit diesen Infos anfangen?«
»Erst mal nichts sagen«, beschloss Gabriel. »Das ist alles sehr komisch hier. Auch das mit der Frau, die den Garten pflegt. Mich würde schon interessieren, mit wem die telefoniert hat.« Mutter jaulte schon wieder wie ein Kojote. Sie machte ihn bald wahnsinnig.
»Was hat Mutter denn?«, fragte Sandra.
»Ich weiß es nicht, wahrscheinlich Durst.«
»Warte mal, Chef«, sagte Sandra schnell. »Wo du telefonieren sagst, und wo ich Mutter jaulen höre ‒ da fällt mir etwas ein. Ich hab doch mit Sebastian im Auto oben auf dich gewartet. Da hat Sebastians Handy geklingelt, und er ist rangegangen und hat ›Hallo, Mama‹ gesagt.
»Ja, und?«
»Das ist ja nichts Besonderes, aber Sebastian hat gefragt: ›Wo bist du denn, was jault denn da für ein Hund? Das hört sich ja an, als würde ein Kojote heulen.‹«
»Ach«, sagte Gabriel, und die Gedanken wirbelten in seinem Kopf herum. »Unser nächster Mann heißt Sebastian. Aber mach das nicht allein, da will ich dabei sein.«
»Du traust mir auch gar nichts zu, Chef«, sagte Sandra beleidigt. »Aber gut, dann spreche ich jetzt erst mal mit den beiden Ehefrauen.«
»Mach das.«
Es wurde alles immer verwirrender.
Gabriel lief die Landstraße entlang und wartete auf Schmerbauch, der auch tatsächlich kurze Zeit später angefahren kam. Gabriel blinzelte. Hatte er womöglich schon einen Sonnenstich und fantasierte? Das durfte ja wohl nicht wahr sein! Schmerbauch saß auf einem Tandem und keuchte wie ein lungenkrankes Nilpferd. Davon abgesehen sah er auch so aus. Und Mutter versuchte schon wieder zu bellen und jaulte röchelnd.
Wohin sollte das noch alles führen?
•
»Es bringt doch nichts, wenn Sie so tun, als würde Sie das alles überhaupt nicht berühren.« Sandra lehnte sich zurück und sah Christa Debus und Susanne Reifenberger abwechselnd an. »Das ist doch Schauspielerei. Gute zwar, aber doch Schauspielerei.«
»Was wollen Sie eigentlich von uns?« Christa Debus, die heute ein dunkelgrünes knielanges Seidenkleid trug, das mit Sicherheit unglaublich teuer
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