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Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)

Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)

Titel: Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin , Philip Tamm , Regula Venske , Steffi von Wolff
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entlang. Hochgewachsene Tannen mit dichten Kronen spendeten Schatten. Die Luft war kühl und würzig. Das Plätschern des Baches verbreitete eine behagliche, träge Stimmung, die nur gelegentlich vom Schrei eines Bussards oder dem Gesang einer Amsel unterbrochen wurde.
    Die Natur der bayerischen Alpen oberhalb von Garmisch zeigte sich an diesem spätsommerlichen Tag in ihrer ganzen prächtigen Schönheit. Man hätte glatt vergessen können, dass es überhaupt eine Menschheit gab. Ganz zu schweigen von Problemen wie Verkehrsstaus, Umweltverschmutzung oder gar Verbrechen.
    Plötzlich aber war in der Ferne ein Geräusch zu hören, das so gar nicht in die harmonische Landschaft passen wollte.
    Es war ein seltsames Rascheln, mal lauter, mal leiser, mal schneller, mal langsamer. Vielleicht ein Igel, der im Unterholz nach einem nahrhaften Wurm suchte? Das Geräusch wurde lauter und war nun eindeutig als menschlich zu erkennen. Es war eine Stimme, die allerdings nicht redete, auch nicht sang, sondern unentwegt vor sich hin salbaderte und ganz offensichtlich Ausdruck einer zutiefst schlechten Laune war. Eine halbe Minute später war sie so nahe gekommen, dass man einzelne Worte verstehen konnte. »Verdammt und zugenäht! Himmel, Arsch und Zwirn! Herrgottsakra – oder wie immer das hierzulande heißt! Was habe ich eigentlich verbrochen, dass ich so bestraft werde? Ich hätte glattweg ablehnen sollen! Einfach Nein sagen! Aber das verstehen die ja nicht! Nicht diese Bayern!«
    Kurz darauf tauchte der Besitzer der Stimme hinter einer Gruppe Fichten auf. Es war natürlich niemand anderes als Kriminalhauptkommissar Wolf Gabriel, der hier, knapp ober halb der Partnachklamm, über den Kälbersteig stolperte. Für eine Bergtour war er denkbar unpraktisch gekleidet, mit seiner am Oberschenkel klebenden Bundfaltenhose, dem verbeulten, fadenscheinigen Cordsakko und den ausgetretenen, lehmverschmierten Lederhalbschuhen. Seine Augen funkelten zornig, und immer wieder rieb er sich mit einem Taschentuch über das verschwitzte Gesicht. »Nie wieder! Jetzt ist endgültig Schluss. Dieses eine Mal noch, aber dann ist es vorbei! Dann mache ich etwas, wofür sie mich hundertprozentig suspendieren müssen! Oder wenigstens wieder zurück in mein gemütliches Archiv schicken! Was zu viel ist, ist zu viel!«
    Der eigentlich zutiefst ungläubige Kommissar war inzwi schen zu dem Schluss gekommen, dass an der buddhistischen Lehre vom Karma doch etwas dran sein musste. Anders war es einfach nicht zu erklären, warum das Leben so ungerecht mit ihm umsprang! Außerdem schien ihn irgendeine höhere Macht in diesem verfluchten Bayern (das ihm, wie er insgeheim zugeben musste, eigentlich ganz gut gefiel) unerbittlich festzuhalten.
    Dabei war er heute am frühen Morgen schon fast auf dem Weg zum Münchner Franz-Josef-Strauß-Flughafen gewesen, um in seine geliebte norddeutsche Tiefebene zurückzukehren. Wenigstens ein paar Tage hatte er Bayern entfliehen wollen, bevor er ein letztes Mal gekommen wäre, um seinen Hund nachzuholen. Aber in letzter Sekunde hatte das Telefon im Hotelzimmer geklingelt. Das war um kurz nach acht gewesen. Der Anrufer hatte sich als Hans-Georg Baumgartner vom Bayerischen Landeskriminalamt vorgestellt und Gabriel gebeten, möglichst umgehend in der Behörde zu erscheinen.
    »Und warum, wenn ich fragen darf?«
    »Dürfen Sie nicht. Und schon gar nicht am Telefon.«
    »Sonst geht’s Ihnen aber gut, Herr Baumgartner?«
    »Kommissar Gabriel, es handelt sich um eine Art Staatsnotstand.«
    Haben Sie es auch eine Nummer kleiner?, hatte Gabriel sich im Stillen gefragt, sich aber dennoch auf den Weg gemacht. Kurz darauf saß er in einem Dienstzimmer im Zentrum Münchens und musste sich von diesem Baumgartner Folgendes anhören: »Mein lieber Gabriel, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass ich Sie noch vor Ihrer Abreise erwischt habe. Ich brauche Ihre Hilfe! Nein, das ist eine Untertreibung, ganz Bayern braucht Ihre Hilfe!«
    »Ach ja? Dann bestellen Sie ganz Bayern doch, dass es leider ohne mich zurechtkommen muss«, knurrte Gabriel. »Ich fliege nämlich gleich nach Hause.«
    Der Kriminalrat erstickte den Satz in einem dröhnenden Lachen. »Jetzt mal Spaß beiseite, Kommissar. Ich muss Sie bitten, noch ein letztes Mal für uns in den Einsatz zu gehen! Sie und Ihre hochverehrte Assistentin Frau Berger, die inzwischen auch auf dem Weg hierher sein dürfte. Glauben Sie mir, ich würde mich nicht an Sie wenden, wenn es

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