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Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)

Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)

Titel: Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin , Philip Tamm , Regula Venske , Steffi von Wolff
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missfiel, dass Sandra mit ihrem Geschrei die Aufmerksamkeit der anderen Gäste auf sich zog. Obwohl, das machte eigentlich auch keinen Unterschied. Denn auch so wurde Sandra längst von den anderen Wanderern angestarrt – vor allem von den männlichen.
    Das lag in erster Linie an ihrem neuen »Look«, wie sie selbst das nannte. Anders als Gabriel hatte Sandra nämlich darauf bestanden, sich für diese Bergtour nach landestypischer Art zu kleiden. Auch wenn die Zeit drängte. Und so trug sie jetzt knielange Lederhosen mit verzierten Hosenträgern, grau gemusterte Wandersocken, eine enge rot-weiß karierte Bluse und dazu einen neckischen Hut aus grauem Filz. Ihren grünen Wanderrucksack hatte sie neben sich auf die Bank gestellt.
    Alles in allem sah Sandra aus, als wäre sie einem Heimatfilm entsprungen!
    Während sich der Kommissar auf die Bank sinken ließ, schien er nicht zu bemerken, dass er selbst noch viel auffälliger war, unter anderem, weil er inzwischen humpelte wie der Glöckner von Notre-Dame und bei jedem Schritt laut aufstöhnte. Als er sich mit einem erleichterten Seufzen die Schuhe abstreifte, erkannte er den Grund für seine Qual: An beiden Füßen hatte er Blasen von der Größe halber Pingpong-Bälle.
    »Himmel, Arsch und Zwirn«, kommentierte Gabriel.
    »Tut es weh?«, fragte Sandra mitfühlend.
    »Nein, ich markiere nur.«
    »Ach, Wolf, jetzt sei doch nicht immer so griesgrämig.«
    Er sah sie mit einem schiefen Lächeln an. »Ich bin nicht griesgrämig, ich bin authentisch. Das wollt ihr jungen Leute doch immer. Also bitte …«
    Sandra lachte. »Na, auf jeden Fall bist du unverbesserlich.«
    »Was soll ich denn machen? Ich habe mich nicht darum gerissen, auf diesen verfluchten Berg zu steigen. Schon gar nicht, ohne zu wissen, was wir hier eigentlich sollen.«
    »Betrachte das Ganze doch einfach mal positiv! Mal ehrlich, haben wir jemals in einer ähnlich schönen Umgebung ermittelt?«
    Sandra machte eine Präsentationsgeste wie die Moderatorin einer Unterhaltungsshow.
    Gabriel hob den Blick und schien erst jetzt das Panorama wahrzunehmen, das vor ihnen lag: die im Nachmittagsdunst schimmernden Gipfel des Wettersteingebirges, das Werdenfelser Land, das Reintal und dahinter der felsige Kamm, der bis hinauf zum Gipfel der Zugspitze reichte.
    »Ja, ja. Ganz schön«, knurrte Gabriel, auch wenn er die Aussicht insgeheim tatsächlich atemberaubend fand.
    Sandra schüttelte ungläubig den Kopf. »Ach, komm schon, Chef. Jetzt trink erst mal was, und dann versorgen wir deine Blasen. Du wirst schon sehen, danach fühlst du dich viel besser. Im Übrigen finde ich, dass du dich wirklich tapfer schlägst.«
    Bei einigen Menschen war Gabriel eben doch empfänglich für Komplimente. Zum Beispiel bei Sandra, so fremd ihm seine fast fünfundzwanzig Jahre jüngere Assistentin oft auch war. Er konnte nicht verhehlen, dass ihn die junge Frau immer wieder beeindruckte. Privat wie beruflich.
    Während Gabriel ein Radler trank – so nannten sie hier das Getränk, das jeder normale Mensch als Alsterwasser kannte –, hielt ihm Sandra das Display ihres iPhones hin. »Sieh mal, Wolf. Wir sind jetzt hier. Und da müssen wir noch hin. Das sind laut Streckenbeschreibung noch gute anderthalb Stunden. Mit Blasen an den Füßen wohl eher zwei.«
    »Woher weiß dein Telefon bitte schön, wo wir sind?«
    » GPS .«
    »Ah ja, verstehe.«
    »Wenn wir vor Einbruch der Dunkelheit ankommen wollen, sollten wir jedenfalls nicht zu lange Rast machen.«
    »Du meinst, ich kann nichts mehr essen?!«
    »Na ja, wenn ich ehrlich bin …«
    »Aber das Schloss sehen wir uns schon noch an, oder? Da vorne steht, dass gleich um 15 Uhr die letzte Führung beginnt.«
    »Na klar. So viel Zeit muss sein.«
    Trotz des Blasenpflasters, das Sandra einer älteren Berg steigerin abgeschwatzt hatte, verzog der Kommissar schmerz lich das Gesicht, als er in seine Schuhe schlüpfte. Mit schweren Schritten stieg er gemeinsam mit Sandra zu dem knapp oberhalb der Hütte gelegenen Schachenschloss hinauf.
    Das Gebäude wirkte bei näherem Hinsehen eher wie eine gewöhnliche Almhütte, wenn auch mit allerlei Schnitzereien und Holzsäulen verziert. Im Innern hielten Sandra und der Kommissar allerdings beeindruckt den Atem an. Die meisten Räume des Schlosses waren zwar ebenfalls schlicht gehalten, nicht aber das sogenannte Türkische Zimmer. Hier standen pompöse Möbel inmitten einer orientalischen Dekoration, wie man sie vielleicht in Istanbul oder Bagdad erwartet

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