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Mordsdeal

Mordsdeal

Titel: Mordsdeal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Schmitz
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reif. Die Spur wird direkt zu dir führen, da kannst du sicher sein. Denk mal scharf nach, was dir fehlt, und du weißt, warum sie dich finden werden.«
    *
    Romeo war spät abends nach Hause gekommen. Er hatte nach dem Streit mit seinem Vater einen über den Durst getrunken und noch einmal in Ruhe darüber nachgedacht, ob er ein geeigneter Nachfolger für das Vertretergeschäft wäre, womit auch immer er jetzt handeln mochte. Es widerstrebte ihm, den Leuten falsche Komplimente zu machen, ihre wunderbare, aber in Wirklichkeit fürchterliche Einrichtung zu loben, nur damit sie etwas von ihm bestellten. Das war Schleimen hoch drei und unehrlich. Er hasste unehrliche Leute bis auf den Tod.
    Wenn Romeo tief in sich hineinhorchte, musste er die Frage seines Vaters, ob er sein Nachfolger werden wollte, mit einem klaren: »Nein, ich will nicht!«, beantworten. Auch weil er tagtäglich sah, wie sehr sein Vater sich deswegen aufrieb. Romeo wollte nicht mit 60 oder womöglich früher einen Herzinfarkt bekommen oder in eine Nervenklinik eingewiesen werden. Wenn sein Vater so weitermachte, war er bald am Ziel, aber an einem anderen, als ihm lieb war.
    Romeo wollte sein Studium, das der Germanistik und Philosophie, nicht aufgeben. Ihn interessierte alles, was mit Literatur zu tun hatte, er schöpfte seine Lebensenergie aus dem geschriebenen Wort, sog die Weisheiten alter und junger Poeten und Schriftsteller auf wie das Baby die Muttermilch. Er war schon allein deshalb zu dem Entschluss gekommen, sich so schnell wie möglich eine eigene Wohnung zu suchen, damit er endlich in Frieden leben und lesen und seine umfangreiche Bibliothek standesgemäß unterbringen konnte. Das Wohnen bei Tante Hilla stellte nur eine Notlösung dar. Romeo wusste noch nicht einmal, ob er es fertigbrachte, mit ihr unter einem Dach zu leben. Immerhin hatte sie ein Verhältnis mit seinem Vater gehabt. Oder hatte es noch? Vielleicht war es aber auch eine Gelegenheit, mit ihr darüber zu reden, denn er mochte seine Tante sehr, liebte ihre Tollpatschigkeit, die sie so menschlich machte. Wie auch immer es ausging, gleich morgen wollte er sich eine Zeitung kaufen und nach einem Aushilfsjob suchen.
    Romeo schloss die Tür auf und sah durch die geriffelte Glasscheibe in der Wohnzimmertür Licht brennen. Da er seinen Vater schon etwas länger kannte, rechnete er stark mit einem Sinneswandel von ihm. Er würde Romeos Verfehlung, ihm eine Ohrfeige gegeben zu haben, so richtig spüren lassen, wenn er nur » Guten Abend« sagte. Deshalb ging er lieber direkt hoch in sein Zimmer.
    Vor der Tür stand sein dunkelblauer Stoffkoffer. Romeo hob ihn an: leer – und ließ ihn stehen. Er kickte die Schuhe in eine Ecke, drückte auf den CD-Knopf seiner Anlage und warf sich aufs Bett. Die Rockmusik dröhnte. Seine Art der Entspannung. Da sah er die frischen Äpfel und die Tüte Erdnüsse, mit denen seine Mutter ihn immer verwöhnte. Das würde er in seiner eigenen Wohnung vermissen, das regelmäßige Essen und die kleinen Aufmerksamkeiten. Es wurde Zeit für eine Freundin. Die Letzte war ihm vor drei Monaten fremdgegangen, nur weil der Neue ein Sixpack hatte und sie nicht mochte, dass Romeo seine Nase nur in die Bücher steckte. Ein Sixpack Lemonbier hatte er besorgt – das schmeckte ihr nicht. Ab da hatte er noch mehr Zeit zum Lesen.
    Romeo zückte das Bowiemesser aus der Jeans und schnitt den dicksten Apfel in acht Teile. Sorgfältig legte er das Messer auf das Papiertaschentuch neben die herausgeschnittenen Kerngehäuse und genoss ein Stück nach dem anderen.
    Die Tür sprang auf. Heiner warf den Koffer auf das Bett, haarscharf an seinem Kopf vorbei.
    »Du Verräter! Ich hätte dich windelweich schlagen sollen. Tust erst so, als würdest du es bedauern, was du gemacht hast, und dann verbündest du dich mit dem Miststück Hilla und deiner hysterischen Mutter gegen mich. Du hast nichts verstanden! Mach, dass du wegkommst. Ich will dich hier nicht mehr sehen. Aber untersteh dich, bei Hilla zu wohnen.« Heiner schlug die Tür zu. Der Putz rieselte. Ein Knall hallte nach. Er blieb wie erstarrt stehen und versuchte sich zu beruhigen. Nein, Romeo hatte sich nicht erschossen, das war kein Schuss, das war? Ja, was war es? Er riss die Tür auf und schaute zu Romeo, der bäuchlings auf dem Bett lag. Erst jetzt sah er die Kopfhörer. Sein Puls raste immer noch, das Herz schlug wild und unregelmäßig. Er wollte zu ihm, noch etwas loswerden. Da stieß er mit dem Fuß an einen Gegenstand.

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