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Mordsdeal

Mordsdeal

Titel: Mordsdeal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Schmitz
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ihn, sich um die Formalitäten für die private Obduktion zu kümmern. Er ging an die Handtasche seiner Mutter und holte ihren Personalausweis heraus, den würde sie so schnell nicht vermissen, dann setzte er eine Vollmacht für das Klinikum auf, die er gleich Montag früh persönlich abgeben wollte. Es musste sein. Hinterher würde seine Mutter ihm dankbar sein, wenn er bewiesen hatte, dass der Tod seines Vaters herbeigeführt worden war, und sie den Mörder stellen konnten.

13
    Mia war an diesem wolkenverhangenen Tag beschwingt. Sie liebte es, wenn der Regen an die Fenster prasselte und der Wind um die Ecken pfiff. So durfte sie ruhigen Gewissens in der Wohnung bleiben, musste keine Fenster putzen oder in den Garten gehen, wobei sie Letzteres sehr gerne tat, nur nicht bei Regen. Es beflügelte sie beim Faulsein, auch wenn das jetzt widersprüchlich klang. Sie machte es sich dann so richtig gemütlich und zog sich in die Fantasiewelt eines guten Buches zurück. Natürlich nur, wenn sie keinen Skulpturenauftrag hatte und nicht in Zeitnot war oder nicht darüber nachdachte, wie sie Romeo am besten helfen konnte.
    An diesem Sonntagnachmittag ging sie ausnahmsweise gerne vor die Tür. Sameja hatte Mia in ihre Studentenbude eingeladen. Mehr noch, sie hatte auf dem Besuch bestanden. In Mönchengladbach war Mia schon lange nicht mehr gewesen, aber ihr Navigationsgerät anscheinend wohl. Es hatte Samejas Straße angenommen und leitete sie nun dorthin. Mia kannte nur den Bahnhof und die Kaiser-Friedrich-Halle und natürlich die Hindenburgstraße. Die Einkaufsstraße, die einer Besteigung des Mount Everest glich, wenn man, vom Bahnhof kommend, sich langsam durch die Geschäfte hochgearbeitet hatte und mit Tüten schwer bepackt oben angekommen war. Oben, am Alter Markt, gab es dann ein Restaurant neben dem anderen. Tagsüber ein harmloser Ort, abends fand hier das Nachtleben statt. In den Achtzigern hatte Mia im Graf Balderich mal einen tollen Typen kennen gelernt, der, wie sich nach den ersten heißen Küssen und gewagtem Gefummel herausstellte, verheiratet war und vier Kinder hatte. Bis zum Bahnhof war er ihr gefolgt und hatte ihr weismachen wollen, das herausgefallene Bild aus seinem Portemonnaie zeige seine Geschwister.

    Hier, dieser Altbau musste es sein. Mia klingelte an der obersten Schelle und warf sich gegen die schwere Tür, als der Summer erklang. Dann sah sie in den düsteren Hausflur, in dem man eine Horrorfilmszene hätte drehen können. Mia stiefelte nach oben und sah sich dabei ständig um. Sameja wartete bereits in der Tür auf sie. Sie fielen sich in die Arme.
    Im Wohnflur stolperte Mia beinahe über die Kartons und Wäschekörbe, die hoch mit Anziehsachen gefüllt waren.
    »Das ist nicht meine Auffassung von Ordnung«, sagte Sameja schnell. »Ich suche zurzeit eine Wohnung. Als Motivation habe ich schon mal angefangen zu packen, damit ich das Vorhaben nicht so schnell aufgebe, weißt du, ich muss hier raus. Hier gruselts mich.«
    Mia und Sameja amüsierten sich wie immer prächtig. Trotz der Umzugskartons hatte Sameja die Wohnung immer noch voller Trödelsachen stehen, die sie irgendwann einmal zu Geld machen wollte, um ihr Studium zu finanzieren. Meistens waren es afrikanische Kunstgegenstände. Für Mia ein Anlass, über Samejas Vater zu sprechen. Sie sah den sehnsüchtigen Blick in ihren Augen, als Mia fragte: »Hast du schon etwas vom Entwicklungshelfer gehört?«
    Sameja schüttelte den Kopf. »Der ist zu seiner Frau nach Schweden geflogen, sie erwartet ein Baby.«
    Mia ließ den Mut nicht sinken, weil Sameja es nicht tun sollte. »Vielleicht kann Elke bei der deutschen Botschaft in Cotonou etwas erreichen. Es gibt dort zwar kein Einwohnermeldeamt, wie wir es hier kennen, aber ein bisschen Glück gehört ja auch dazu. Sobald ich wieder zu Hause bin, werde ich mit ihr telefonieren und sie auch fragen, wann sie wieder dorthin fliegt. Es vor Ort zu klären ist immer besser.«
    Sameja seufzte bei dem Gedanken daran, ihren Vater irgendwann in die Arme schließen zu können, und sah zum groß kopierten Bild an der Wand, das sie im Copyshop hatten anfertigen lassen. In ihr kam eine Angst auf, ob er sie überhaupt als Tochter anerkennen und akzeptieren würde. Sie schob die Befürchtungen beiseite: »Ich glaube, ich brauche noch einige Trödeltage, bis ich das Geld für Flug und Unterkunft beisammen habe. Mutter ist wie immer on tour mit ihrem Neuen und selbst wenn sie im Land ist, habe ich nichts von ihr zu

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