Mordsdeal
umgesehen hatte und nichts Besonderes fand außer einem Chaos, in dem sie nicht hätte leben wollen. Leider hatte sie ihren Mund darüber nicht halten können, seitdem schloss er es ab. Sollte er doch.
Gitti war es egal gewesen. Aber heute, nach Heiners Tod, hatte sie nun doch lautes Herzklopfen, als sie sich den Schlüssel holte und aufschloss, und dennoch war ein wenig Genugtuung dabei. Endlich konnte Heiner sich nicht mehr dagegen wehren, dass sie das Zimmer betrat. Nur, was erwartete Gitti jetzt? Sie spürte ein leichtes Zittern in den Knien.
Heiners Arbeitszimmer verschlug ihr den Atem. Es war staubig, roch muffig und auf dem Schreibtisch stapelten sich die Zeitungen und irgendwelche Unterlagen. Gitti ging zum Fenster und lüftete erst einmal. Sie sah sich weiter im Zimmer um. Das war ja klar, dass er es hierhin gebracht hatte. An der Wand hing ihr Dorn im Auge. Das Bild stammte von seinen Großeltern und war am Anfang ihrer Ehe ständiges Streitgespräch gewesen. Ja, beinahe hätte sie sich wieder scheiden lassen deswegen, weil er es unbedingt im Schlafzimmer über dem Bett hängen haben wollte. Es stellte die betende Madonna dar, nicht mehr und nicht weniger. Ein oller Kunstdruck aus den Zwanziger oder Dreißiger Jahren hinter Glas in einem güldenfarbenen Stuckrahmen. Güldenfarben, wenn sie ihn das immer sagen hörte. Er tat so, als sei er der Baron persönlich und als handele es sich um eine kostbare Antiquität – das olle Ding! Kitschig war es, mehr nicht, und es war mit seinen 1,40 x 1,20 in äußerst sperrig. Sperrmüll oder Flohmarkt kamen da nur infrage. Sie entschied sich sehr schnell: Flohmarkt. Sie würde es Mia schenken, damit sie mal auf andere Gedanken kam und sich um ihren Kram kümmerte.
Je länger Gitti in diesem Raum blieb – sie wusste nicht, wo sie mit dem Putzen anfangen sollte, am besten hier links – desto wütender wurde sie. Das hohe Regal auf Rollen war nagelneu, genauso wie der Schreibtisch. Jetzt wusste sie, wo das ganze Geld steckte. Er hatte es unter anderem für Büromöbel vom Feinsten ausgegeben. Wollte wohl einen auf Manager machen. Nur in einem Punkt war er ehrlich gewesen. Den Tablettenhandel hatte er tatsächlich nicht getätigt, zumindest sah Gitti hier nichts, was darauf hindeutete. Sie musste sich zurückpfeifen, wunderte sich, warum sie so aggressiv geworden war. Heiner war tot, und das sollte eher traurige Gefühle bei ihr auslösen.
Gitti holte den Staubsauger und die Polsterdüse, um erst einmal den gröbsten Dreck zu entfernen. Auch hinter dem hohen Rollenregal, in dem Prospekte und Kataloge irgendwelcher Firmen lagen, wollte sie kurz über die Textiltapete saugen, da dort viele Staubflusen hingen. Sie drückte gegen das Regal und schob es mühelos beiseite.
Während sie mit der Düse vorsichtig auf der Wand hin und her fuhr, brach ihr der Schweiß aus. Es war anstrengend, diese Tapete zu säubern. Sie hätte nie gedacht, dass Heiner sich hier überhaupt eine Textiltapete reinklebte. Sie hatte nicht mitbekommen, wann er das Arbeitszimmer komplett renoviert und eingerichtet hatte. Wo war sie denn da gewesen? Sie ließ den Staubsaugerschlauch fallen und griff zum feuchten Leder. An einer Stelle gab es vermehrt dunkle Abdrücke, so, als hätte er immer nur hierhin gegriffen – aber warum?
Sie probierte es mit einem sanften Allesreiniger und drückte fest auf, wobei sie es vermied, zu reiben.
Gitti verlor den Halt und kippte ein Stück nach vorne. Ihr blieb kurz das Herz stehen. Die Wand – nein, eine Tür hatte sich an der Stelle geöffnet und gab ein weiteres Zimmer frei.
Ein Zimmer ohne Fenster, von dem sie nichts wusste, und das in ihrem Haus. Der Raum sah aus wie eine Abstellkammer, nur dass sich darin ein Wohnzimmerschrank, ein Tisch und eine Couch befanden. Es waren ihre alten Möbel, die sie seinerzeit zum Sperrmüll rausgestellt hatte, als sie das neue Wohnzimmer bekamen. Der Raum hatte etwas von einer Zelle oder von einem Tresorraum. Was zum Teufel hatte Heiner hier gemacht?
Sie ging zum Schrank und öffnete ihn.
*
Romeo hatte immer noch nichts geklärt. Weder mit dem Klinikarzt noch mit der Kripo in Viersen, die ja zuständig sein sollte, noch war die Angelegenheit beim Staatsanwalt gelandet. Paradiesische Zustände für den Mörder, der sich nicht einbilden musste, dass Romeo es dabei beruhen ließ. Vorm Staatsanwalt graute ihm am meisten. Hatte er das richtig verstanden? Auch bei einer privaten Obduktion musste der Staatsanwalt vorher
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